Spinraza bei spinaler Muskelatrophie

Mehr Erfolg mit Nusinersen durch Neugeborenen-Screening auf SMA?

Stuttgart - 10.08.2018, 09:15 Uhr

Je früher, desto besser? Eine Studie legt nahe, dass eine frühe Therapie der spinalen Muskelatrophie mit Nusinersen die motorischen Fähigkeiten stärker verbessert als eine spätere. ( r / Foto: Biogen)

Je früher, desto besser? Eine Studie legt nahe, dass eine frühe Therapie der spinalen Muskelatrophie mit Nusinersen die motorischen Fähigkeiten stärker verbessert als eine spätere. ( r / Foto: Biogen)


Früher Nusinersen-Start verbessert motorische Funktion

77 Prozent der Kinder (Durchschnittsalter 21,08 Monate) verbesserten innerhalb der beobachteten sechs Monate ihre motorischen Fähigkeiten, gemessen am CHOP-INTEND-Score unter Nusinersen. Ein Effekt, der laut den Wissenschaftlern bei Kindern ohne Nusinersen und im Rahmen des unbehandelten klinischen Verlaufes  von SMA nicht zu erwarten ist. Die Wissenschaftler beobachteten vor allem ein Resultat: Ältere Kinder verbesserten ihre motorischen Fähigkeiten weniger stark. Auch profitierten Kinder, die bereits vor Nusinersen-Behandlung beatmet wurden oder tracheostomiert waren weniger von einer Behandlung mit Nusinersen. Ihr Fazit, das sie daraus ziehen: Das Ansprechen der Behandlung korreliert stark mit dem Alter zu Beginn der Therapie. Die Durchführung eines Neugeborenenscreenings würde in vielen Fällen eine präsymptomatische Diagnose und eine frühzeitige Einleitung der Therapie ermöglichen.

Prof. Dr. med. Janbernd Kirschner, Studienleiter und kommissarischer Ärztlicher Direktor der Klinik für Neuropädiatrie und Muskelerkrankungen am Universitätsklinikum Freiburg, erklärt:


Wir haben jetzt deutliche Hinweise, dass die Behandlung möglichst früh innerhalb der ersten Lebensmonate beginnen sollte. Die Durchführung eines Neugeborenen­screenings für SMA ist entscheidend für die präsymptomatische Diagnose

Janbernd Kirschner, kommissarischer Ärztlicher Direktor der Klinik für Neuropädiatrie und Muskelerkrankungen am Universitätsklinikum Freiburg


Die Untersuchung lief Open-Label und nicht placebokontrolliert. Diese Einschränkung betonen die Autoren, genauso wie die finanzielle Unterstützung seitens der Pharmaindustrie durch Avexis, Biogen, Ionis Pharmaceuticals, Novartis und Roche.

Höchstbewertung vom G-BA beim Zusatznutzen von Nusinersen

Der G-BA ist in aller Regel sparsam mit der höchsten Bewertung des Zusatznutzens („erheblich“). Nusinersen ist das erste Orphan Drug mit dieser Einschätzung. Insgesamt schafften seit Inkrafttreten des AMNOG 2011 und der Nutzenbewertung von Arzneimitteln gerade einmal drei Medikamente diesen Sprung: Propranolol in Hemangiol® beim infantilen Hämangiom und Afatinib (Giotrif®) bei Patienten mit nichtkleinzelligem Lungenkrebs und aktivierender EGFR-Mutation. Beide im Jahr 2015. Im Februar 2018 folgte sodann Nusinersen in Spinraza®.

Allerdings gilt dieses Ausmaß des Zusatznutzens nur für die akut infantile SMA. Bei der zweitschwersten Form, der TYP-II-SMA, hat laut G-BA Spinraza® nur noch einen „beträchtlichen“ Zusatznutzen.

Rote-Hand-Brief zu Nusinersen

Erst jüngst, Ende Juli dieses Jahres, war Biogen jedoch gezwungen, vor Spinraza® zu warnen. In Abstimmung mit dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) und der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) informierte der Spinraza®-Hersteller in einem Rote-Hand-Brief über das Auftreten eines Hydrozephalus im Zusammenhang mit der Behandlung mit 12 mg Nusinersen.



Celine Müller, Apothekerin, Redakteurin DAZ.online (cel)
redaktion@daz.online


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