Apotheker sauer über Lagerwertverluste

„Janssen findet zeitnahe Patienten-Versorgung überflüssig“

Stuttgart - 28.08.2018, 17:50 Uhr

Janssen lässt die Apotheker auf dem Lagerwertverlust sitzen. (r / Foto: imago)

Janssen lässt die Apotheker auf dem Lagerwertverlust sitzen. (r / Foto: imago)


„Menschenverachtender geht‘s ja wohl nicht!“ 

Dort heißt es, die Antwort der Janssen-Chefin Frau Dr. Zemzoum, man werde AMNOG-bedingte Preisanpassungen nicht erstatten, zeige deutlich, dass die apothekerliche Dienstleistung der Lagerhaltung und die zeitnahe Versorgung der Patienten von Janssen eindeutig als überflüssig eingestuft worden sei. So nehme Frau Dr. Zemzoum mit ihrem Vorschlag der Reduzierung auf null Packungen zum Stichtag Versorgungslücken der Patienten in Kauf. Mögliche Therapielücken inklusive. „Menschenverachtender geht‘s ja wohl nicht“! findet der DAH2KA-Vorstand. Und die Apotheken sollen das alles auffangen und bezahlen. Für die Patienten seien die Apotheken die Schuldigen, da diese die lebensnotwendigen Medikamente nicht vorrätig haben können.

Mehr zum Thema

FDA – Neuzulassung

Das „Einmalzwei“ bei HIV

Was das Ganze in der Augen der DAH2KA noch perfider macht, ist, dass Janssen sich hohe Ziele setzt, die auf der Homepage zu lesen sind. Dort heißt es zum Beispiel: „Wir wollen mehr Menschen an mehr Orten auf der Welt Zugang verschaffen: zu unseren Medikamenten und zu nachhaltigen, effektiven Gesundheitslösungen.“ Aber wenn es um Geld gehe, das in diesem Fall den Apothekern abgepresst werde, sei das alles Makulatur, so die DAH2KA-Vortsände. „Hier geschieht genau das Gegenteil! Ethik, Menschlichkeit und partnerschaftliches Verhalten sehen eindeutig anders aus“, kritisieren sie. 

Apotheker überflüssig?

Weiter zitiert der DAH2KA-Vorstand ein Interview der Janssen-Chefin, das auf der Homepage zu finden ist. Dort sagt sie auf die Frage, warum ihr das Thema Patientenzentrierung wichtig ist: „Ich bin Ärztin. Und aus meiner Erfahrung als Ärztin weiß ich: Wenn wir alle – Gesundheitspolitiker, Krankenkassen, Ärzte, Kliniken und pharmazeutische Unternehmen – die Patienten-Perspektive einnehmen, können wir die medizinische Versorgung in Deutschland entscheidend verbessern. […]“

Deutlicher kann man in den Augen des DAH2KA-Vorstands einem Berufsstand nicht mitteilen, dass man ihn für überflüssig hält. Da sei die Abwälzung des Lagerwertverlustes von 1285 Euro pro Packung nur folgerichtig. Das beschönigten auch die hohlen Standardfloskeln des Antwortschreibens nicht



Julia Borsch, Apothekerin, Chefredakteurin DAZ
jborsch@daz.online


Diesen Artikel teilen:


5 Kommentare

Wenn meine Apotheke mein Insulin nicht auf Lager hat...

von Dietmar am 31.08.2018 um 9:30 Uhr

dann bestellen Sie mein Insulin und ich kann es am Nachmittag abholen. Kann ich mir nicht vorstellen, dass die Pharma da kein Transporter Netwerk hat, bei mir klappts immer...

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Aufpassen?

von Wächter am 29.08.2018 um 13:27 Uhr

Ich verstehe den Terz nicht, unsere Kernkompetenz ist Kommunikation (zumindest schreiben wir uns das auf die Fahne)- in Zeiten von Internet und Telefon sollte es doch möglich sein, mit seinen Kunden in solchen Fällen zu kommunizieren und ihnen die Sachlage zu erklären, warum man das Präparat nicht an Lager hat. Kein Patient wird da ein Problem haben, folgende Vereinbarung zu treffen: Patient/Angehöriger ruft bei der Apo an, gibt Bescheid, dass er heute oder morgen ein Rp. beim Arzt holt, Apo bestellt, Patient kommt mit Rezept und muss nicht warten. Wo ist da die Schwierigkeit, wird in der Palliativ-Medizin genauso gemacht? Vielleicht sollte man auch solche Hochpreiser im Auge behalten, wenn man sie unbedingt an Lager legen muss und vor allem die gesundheitspolitischen Vorgänge darum. Dass der GBA das Ganze neu bewertet und dadurch das Risiko besteht, dass der Festbetrag sich ändert, ist ja nicht erst seit heute bekannt. Verlass dich nicht auf Andere und vor allem nicht darauf, dass sie zahlen.

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Lagerwertverluste

von Rita Längert am 29.08.2018 um 11:17 Uhr

bzw. die Enteignungen im 14 Tage-Turnus sind doch sicherlich im Gutachten mit berücksichtigt worden :)

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

„Janssen findet zeitnahe Patienten-Versorgung überflüssig“

von Th. am 29.08.2018 um 11:05 Uhr

Das unmögliche Verhalten der Firma Janssen müssen wir ApothekerInnen unbedingt an Patienten und verschreibende Ärzte kommunizieren!
Gleichzeitig können wir die Bevorratung der OTC- Präparate der Firma Johnson & Johnson stark einschränken. Frau Dr. Iris Zemzoum ist schließlich Vorsitzende der Geschäftsführung der Janssen-Cilag GmbH und gleichzeitig Vorsitzende des Aufsichtsrates der Johnson & Johnson GmbH!
Vielleich wacht dann Janssen auf?

» Auf diesen Kommentar antworten | 1 Antwort

AW: "Janssen findet zeitnahe Patienten-

von Wächter am 29.08.2018 um 13:35 Uhr

Das interessiert doch weder Arzt noch Patient. Was sollen sie auch machen? Das Medikament absetzen für die Apotheke? Was man an Lager legt, fällt irgendwo auch unter das Stichwort Eigenverantwortlichkeit, dafür steht das e in e.K. vielleicht auch ein bisschen? Ein bisschen weniger über die Unzuverlässigkeit Anderer jammern und die selbe Zeit stattdessen in sinnvolle Strategien zur Umgehung von Risiken zu nutzen, würde glaube ich Manchem mehr helfen.

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.