Die letzte Woche

Mein liebes Tagebuch

30.09.2018, 08:00 Uhr

Was kommt denn nun? Plan A oder Plan B oder Plan XYZ? (Foto: Andi Dalferth)

Was kommt denn nun? Plan A oder Plan B oder Plan XYZ? (Foto: Andi Dalferth)


25. September 2018

PKV-Patienten, die ein verunreinigtes Valsartan-Präparat in der Apotheke erworben haben, haben gegenüber der Apotheke den Anspruch, ein mangelfreies Arzneimittel  zu bekommen – sagt das Bundesgesundheitsministerium (BMG) und empfiehlt betroffenen Patienten, in der Apotheke ein neues, nicht-kontaminiertes Valsartan-Präparat zu verlangen und darauf hinzuweisen, dass die Apotheke die Kosten für die Neubeschaffung dieses Präparates selbst tragen muss. Mein liebes Tagebuch, wir sollen also für die Schlampereien und mangelhafte Überprüfung der Hersteller und die unzureichenden Kontrollen der Behörden haften. Heftig, oder? Wir können uns ja dann die Kosten bei den Herstellern zurückholen. Ja, geht’s noch, denkt man da als Apotheker. Und das Kürzel „e.K.“ hinter unserem Namen, der „eingetragene Kaufmann“ und die „eingetragene Kauffrau“, flüstern uns schüchtern, dass der Gedanke des BMG möglicherweise so abwegig nicht ist. In der Tat, der Valsartan-Fall wirft da bisher nicht gestellte Fragen auf. Müssen wir für die Qualität der Arzneimittel, die wir abgeben, geradestehen? Wir können unsere Ansprüche ja dann beim Hersteller durchsetzen, der uns den Herstellerabgabepreis rückerstatten muss, heißt es da von Juristen. Vor dem Hintergrund solcher Fragen, könnte man sich natürlich auch vorstellen, dass man neue Regelungen schafft mit der Begründung, dass Arzneimittel Waren besonderer Art sind, für die der Hersteller uneingeschränkt haften muss. Da wird man drüber reden müssen, da werden sich Juristen noch mit zu beschäftigen haben.


Bayern steht wie eine Eins hinter dem Rx-Versandverbot, nach wie vor. Das haben die gesundheitspolitischen Sprecher aller CDU/CSU-Landtagsfraktionen nach einem Treffen beschlossen und in ihrer „Bayerischen Erklärung“ niedergeschrieben. Und das Verbot sollte schnell umgesetzt werden. Aber damit nicht genug. Die gesundheitspolitischen Sprecher setzen sich auch für ein Verbot von Arzneimittel-Reimporten ein. Mein liebes Tagebuch, während Bundesgesundheitsminister Jens Spahn beim Rx-Versandverbot nur juristische Hürden sieht – so kommt es zumindest über –, kämpfen die wackeren Bayern weiter. Und wollen auch von Importen nichts mehr wissen. Was so ein Wahlkampf zur Landtagswahl doch alles bewirken kann! Nach dem 14. Oktober werden wir dann mehr wissen, zumindest über die politischen Verhältnisse in Bayern.


Beim Rx-Versandverbot will er derzeit nicht aktiv werden, unser Bundesgesundheitsminister, auch bei der Abschaffung der Importförderklausel ist kein großes Engagement von ihm zu sehen, aber bei den Kügelchen, bei Arzneimitteln der besonderen Therapierichtungen. Da hat er es sogar sehr eilig: Noch im anstehenden Terminservice- und Versorgungsgesetzt (TSVG) sollen die Wahltarife der Krankenkassen, die sie ihren Patienten zu den Arzneimitteln der besonderen Therapierichtung anbieten dürfen, abgeschafft werden – angeblich wegen zu geringer Nachfrage bei den Versicherten. Aber keine Sorge, das Ministerium lässt wissen, dass Krankenkassen die Versorgung mit nicht-verschreibungspflichtigen apothekenpflichtigen Arzneimitteln weiterhin als Satzungsleistungen nach § 11 Absatz 6 anbieten können. Versicherte könnten eine Kasse wählen, deren Satzung entsprechende Regelungen beispielsweise zur Versorgung mit Arzneimitteln der besonderen Therapierichtungen enthält. Also, wenn eine Kasse es denn will, soll sie auch weiterhin die Kosten für Kügelchen übernehmen dürfen. Wie aus einem BMG-Papier bekannt wurde, sollen die Kassen im vergangenen Jahr 10,5 Mio. Euro für homöopathische und ähnliche Verordnungen ausgegeben haben. Nach Ansicht von Kritikern ein Unding, Arzneimittel zu erstatten, denen der Nutzennachweis fehle. Und G-BA-Chef Josef Hecken meint: „Wenn die Hersteller mit der gefühlten Evidenz bei den Patienten argumentierten“, könne man auch die Erstattung einer „katholischen Pilgerfahrt nach Lourdes“ durch die Kassen beantragen.



Peter Ditzel (diz), Apotheker / Herausgeber DAZ
redaktion@deutsche-apotheker-zeitung.de


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6 Kommentare

Sorgen

von Karl Friedrich Müller am 30.09.2018 um 14:35 Uhr

Über Sorgen
Weil viel zu viel gequatscht wird, von der ABDA zu wenig. Und wir keine Chance haben, weil sich Politiker wie Spahn und die ABDA weigern, die nackte Realität zu sehen. Spahn, weil er nicht will und sich dem Neoliberalismus und seinen Konzernspezies verpflichtet fühlt. Also wird so lange im Brei gerührt, bis er für alle ungenießbar ist. Das nennt man dann Kompromiss. Die Wahrheit verdreht, der Vertrags-und Gesetzesbruch der Versender schön geredet, ignoriert und noch behauptet, die Apotheken wären im Vorteil.
Allein schon die OTC Freigabe im Preis und Versand hat die Apotheken eklatant benachteiligt. Wer kann schon, wenn er noch alle Sinne beieinander hat, die gigantischen Rabatte geben? Bei 30% ging es los, nun sind seift 70 bis 80%.
Dann eine Zeit lang die Irre Idee, Apotheken könnten auf Rx auch noch auf 80% ihres Gewinns verzichten. Das ist schon Realitätsverweigerung. Die Politik schert sich nicht darum. Schert sich nicht um die Kunden, Patienten, Bevölkerung. Immer nur schmierig Konzerninteressen. Bei der Pflege ist man scheinbar aufgewacht. Ich glaube nicht an eine Änderung. Der Zug geht Richtung Investoren, auch bei Ärzten und Zahnärzten. Dazu war neulich auch ein Artikel in der SZ. Die Beiträge und Vermögen in den Rachen den Heuschrecken.
Betroffen macht mich, dass viele Kollegen die Gefahr nicht sehen und ein Rx Versandverbot nicht wollen. Es sei eh wenig. Ich sage, auch wenn die Lawine noch klein ist, so wird sie uns überrollen.
Wie wollen wir Wettbewerb, wenn ich feststelle, dass fast alle Arztpraxen Absprachen mit Apotheken haben, mit Pflegediensten und und und. Das Rezept auf dem freien Markt gibt es kaum noch.
Das ist die Reaktion auf den Rx Versand. Was nützt gute Beratung, wenn keine Chance dazu bekomme?
Es gibt eigentlich nur 2 Möglichkeiten. Entweder die Versander halten sich an Gesetze und Verträge, oder sie werden ausgeschlossen.
ABDAs Haltung ist mir ein völliges Rätsel. So blind und taub (und stumm) kann man doch nicht sein? Was für eine Suppe wird da gekocht?

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Die Sache mit den Alternativen ...

von Reinhard Herzog am 30.09.2018 um 13:43 Uhr

Herr Spahn dürfte gegenüber den Apotheken in einer komfortablen Lage sein. Er setzt sie einfach unter Entscheidungsdruck.

So kann er Plan A in Form des Rx-Versandverbots präsentieren - aber mit dem Nachsatz: Das Risiko, dass das vor der Rechtsprechung nicht standhält, geht auf Eure Kappe. Und Ihr wollt nichts ändern - dann ändern wir auch weitergehend nichts. Also, heutige Honorare und Strukturen bleiben einstweilen. Im System steckt ja auch reichlich Geld.

Plan B, mutmaßlich vom Minister persönlich präferiert, umschifft das Rx-VV durch Änderungen an SGB V, Lieferverträgen, Länderliste etc., um die Rx-Gleichpreisigkeit besser abzusichern. Gleichzeitig gibt es vielleicht auch strukturelle Änderungsvorschläge (bezahlte Dienstleistungen, Strukturfonds versorgungsrelevante Apotheken, vielleicht auch neue Honorar-Umverteilungsmechanismen).

Der Ball liegt dann bei den Apotheken, oder lag es nach den diversen Treffen mit der ABDA bereits. Wagenburg-Mentalität gegen geschickten und zukunftsorientierten Umgang mit einer komplexen Situation ...

Nebenbei kauft man mit einem Rx-Versandverbot nur Zeit, hält diese aber nicht auf. Spätere Regierungen können das wieder ändern. Und als besonders gefährliche Nachwirkung eines Rx-VV wird der Berufsstand wieder in den Schlafwagen-Modus zurückfallen - ist ja mal wieder gut gegangen. Bloß nichts ändern ...

Erst recht kurios wird es natürlich, wenn gleichzeitig, aber über zehn Jahre zu spät, jetzt mit hoher Durchschlagskraft an eigenen Bestellportalen gearbeitet werden soll, welche mit Sicherheit auch das Rezeptmanagement bzw. künftig das E-Rezept umfassen werden ...

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RX-Versandverbot

von Dr. Radman am 30.09.2018 um 11:27 Uhr

RX-Versandverbot kommt. Es gibt keine Alternative.

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Wie geht es weiter ?

von Ulrich Ströh am 30.09.2018 um 9:10 Uhr

Diese Woche wurde die ABDA-Spitze von Herrn Spahn vorab informiert.

Kommenden Donnerstag werden dann Kammerpräsidenten und Verbandsvorsitzende in Kenntnis gesetzt.

Wann wissen die betroffenen apothekerlichen
Beitragszahler ,was auf sie zukommt?

Lieber Herr Ditzel, informieren Sie uns am kommenden Freitag?

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AW: Wie geht es weiter

von Peter Ditzel am 30.09.2018 um 10:11 Uhr

Lieber Herr Ströh, sobald wir auch nur ein bisschen mehr wissen - wir informieren auf DAZ.online

Endlich Klarheit

von Conny am 30.09.2018 um 8:54 Uhr

Der Unterschied zwischen Spahn und Ross Antony? Ross ist ein unglaublich sympathischer Mensch. Ich erwarte auf dem Apothekertag von Herrn Spahn in seiner Art die Lösung wie er endgültig die gut funktionierende Struktur der jetzigen Versorgung der Bevölkerung zerstören will. Den Applaus von unseren Delegierten weil endlich Klarheit besteht. Den Rücktritt von F. Schmidt

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