Die letzte Woche

Mein liebes Tagebuch

30.09.2018, 08:00 Uhr

Was kommt denn nun? Plan A oder Plan B oder Plan XYZ? (Foto: Andi Dalferth)

Was kommt denn nun? Plan A oder Plan B oder Plan XYZ? (Foto: Andi Dalferth)


27. September 2018 

Brinkhaus statt Kauder, was bedeutet das für die Apotheker? Gute Frage. Was hat Spahn mit den Apotheken vor? Auch eine gute Frage. Die Gerüchteküche im Vorfeld des Apothekertags überschlägt sich. Am Donnerstag durfte die ABDA-Spitze beim Bundesgesundheitsminister antanzen – quasi eine Art Vorabinfo zum Apothekertag –, damit unsere ABDA-Riege am Apothekertag nicht ganz aus den Wolken fällt. Was dabei herausgekommen ist? Genaues weiß man nicht. Alles streng geheim. Erst auf dem Apothekertag soll der Schleier des Schweigens gelüftet werden. Aber klar, es gibt Gerüchte und Vermutungen. Und so kann man sich viel vorstellen, was bei diesem Treffen besprochen wurde. Und was unausgesprochen im Hintergrund blieb. Die Szenarien, die sich da auftun können, lassen Raum für die wildesten Spekulationen. Man könnte sich beispielsweise vorstellen, dass Spahn vorschlägt, vom Rx-Versandverbot abzurücken, stattdessen offeriert er der ABDA Modelle, wie das Honorar der Apotheker verändert werden könnte, um einen wie auch immer gearteten Ausgleich für den unfairen Wettbewerb zu erreichen. Es könnte ein „liberalerer“ Ansatz sein, was auch immer das heißen mag. Vielleicht freie Preise für alle? Oder neue Ansätze zum Apothekenhonorar? Wovon die ABDA womöglich nicht allzu viel hält, aber leider selbst keine Vorschläge in der Tasche hat, wie man das Honorar weiterentwickeln könnte. Anderes Szenario: Spahn sieht angesichts der durch die Brinkhaus-Wahl zutage getretenen Merkel-Dämmerung Möglichkeiten für einen Sprung auf den Posten des Bundeskanzlers. Dann aber bräuchte er schon die Unterstützung der CSU – und die steht bekanntlich eisern zum Rx-Versandverbot. Das würde er als Kanzlerkandidat, angesichts dieses  größeren Ziels, dann womöglich großzügig in Kauf nehmen und sich für ein Rx-Versandverbot einsetzen – selbst wenn sein Ruf als Digitalisierungs- und Versandhandelsbefürworter darunter leiden würde. Aber es gibt eben gehörig Druck von den Gesundheitspolitikern von CDU und CSU. 

Aufgrund der Brisanz dieser Pläne und der Szenarien hat die ABDA Kammern und Verbände übrigens zu einer außerordentlichen Sitzung des Gesamtvorstands eingeladen, um sich für den Apotag zu rüsten. Man wird sehen, was dabei herauskommt. Mein liebes Tagebuch, mehr Auf und Ab als bei diesem Thema kann man sich kaum vorstellen – und das schon seit zwei Jahren! Irgendwie wird es eine Erlösung sein, wenn die Geheimniskrämerei am Apothekertag endlich, endlich vorbei ist.


Mein liebes Tagebuch, gut dass es den Bundesverband der Arzneimittel-Hersteller (BAH) gibt. Warum? Ganz einfach, weil er sich zukunftsweisend, weitsichtig und innovativ für uns Apothekers einsetzt, in manchen Punkte sogar mehr als unser eigener Berufsverband ABDA. So geschehen auf der Veranstaltung „BAH im Dialog“ – der BAH im Gespräch mit den Gesundheitspolitikerinnen Karin Maag (CDU), Kordula Schulz-Asche (Die Grünen), mit Thomas Müller, Abteilungsleiter im BMG, und mit Johann-Magnus Stackelberg vom GKV-Spitzenverband. Da wurde offen diskutiert über die Frage, ob Apotheker impfen sollten, ob sie in Notfällen auch mal ein Rx-Präparat ohne Rezept abgeben dürfen und ob Apotheker Folgerezepte ausstellen dürfen. Ohgottohgott, mein liebes Tagebuch, was sind das für Fragen! Unsere ABDA langt solche Fragen, wenn überhaupt, nur mit spitzen Fingern an. Eigentlich sind das sogar No-Go-Areas für unsere Standesvertretung, Tabu-Themen. Huch, was sagen da die lieben Ärzte dazu! Und so blieb auf der Veranstaltung die Kritik von Seiten des BAH und der Politiker nicht aus: Die ABDA lege bei solchen Themen gerne eine Blockade-Haltung an den Tag, hieß es. Die beiden Gesundheitspolitikerinnen jedenfalls könnten sich sehr gut vorstellen, dass Apotheker z. B. auch gegen Grippe impfen. Oder mal ein Folgerezept ausstellen. Selbst der Vizechef des GKV-Bundesverbands, Stackelberg, sieht, dass bei den gute ausgebildeten Apothekerinnen und Apotheker noch Potenzial schlummert. Er meint, dass Apotheker in Zukunft eine Rolle zur Entlastung der Ärzte spielen könnten, wenn die Haftungsfrage geklärt sei. Mein liebes Tagebuch, nur am Rande hinzugefügt: Was die Haftung angeht, so genügt ein Blick in die Schweiz, nach England oder Frankreich – dort hat man das wohl schon geklärt. 



Peter Ditzel (diz), Apotheker / Herausgeber DAZ
redaktion@deutsche-apotheker-zeitung.de


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6 Kommentare

Sorgen

von Karl Friedrich Müller am 30.09.2018 um 14:35 Uhr

Über Sorgen
Weil viel zu viel gequatscht wird, von der ABDA zu wenig. Und wir keine Chance haben, weil sich Politiker wie Spahn und die ABDA weigern, die nackte Realität zu sehen. Spahn, weil er nicht will und sich dem Neoliberalismus und seinen Konzernspezies verpflichtet fühlt. Also wird so lange im Brei gerührt, bis er für alle ungenießbar ist. Das nennt man dann Kompromiss. Die Wahrheit verdreht, der Vertrags-und Gesetzesbruch der Versender schön geredet, ignoriert und noch behauptet, die Apotheken wären im Vorteil.
Allein schon die OTC Freigabe im Preis und Versand hat die Apotheken eklatant benachteiligt. Wer kann schon, wenn er noch alle Sinne beieinander hat, die gigantischen Rabatte geben? Bei 30% ging es los, nun sind seift 70 bis 80%.
Dann eine Zeit lang die Irre Idee, Apotheken könnten auf Rx auch noch auf 80% ihres Gewinns verzichten. Das ist schon Realitätsverweigerung. Die Politik schert sich nicht darum. Schert sich nicht um die Kunden, Patienten, Bevölkerung. Immer nur schmierig Konzerninteressen. Bei der Pflege ist man scheinbar aufgewacht. Ich glaube nicht an eine Änderung. Der Zug geht Richtung Investoren, auch bei Ärzten und Zahnärzten. Dazu war neulich auch ein Artikel in der SZ. Die Beiträge und Vermögen in den Rachen den Heuschrecken.
Betroffen macht mich, dass viele Kollegen die Gefahr nicht sehen und ein Rx Versandverbot nicht wollen. Es sei eh wenig. Ich sage, auch wenn die Lawine noch klein ist, so wird sie uns überrollen.
Wie wollen wir Wettbewerb, wenn ich feststelle, dass fast alle Arztpraxen Absprachen mit Apotheken haben, mit Pflegediensten und und und. Das Rezept auf dem freien Markt gibt es kaum noch.
Das ist die Reaktion auf den Rx Versand. Was nützt gute Beratung, wenn keine Chance dazu bekomme?
Es gibt eigentlich nur 2 Möglichkeiten. Entweder die Versander halten sich an Gesetze und Verträge, oder sie werden ausgeschlossen.
ABDAs Haltung ist mir ein völliges Rätsel. So blind und taub (und stumm) kann man doch nicht sein? Was für eine Suppe wird da gekocht?

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Die Sache mit den Alternativen ...

von Reinhard Herzog am 30.09.2018 um 13:43 Uhr

Herr Spahn dürfte gegenüber den Apotheken in einer komfortablen Lage sein. Er setzt sie einfach unter Entscheidungsdruck.

So kann er Plan A in Form des Rx-Versandverbots präsentieren - aber mit dem Nachsatz: Das Risiko, dass das vor der Rechtsprechung nicht standhält, geht auf Eure Kappe. Und Ihr wollt nichts ändern - dann ändern wir auch weitergehend nichts. Also, heutige Honorare und Strukturen bleiben einstweilen. Im System steckt ja auch reichlich Geld.

Plan B, mutmaßlich vom Minister persönlich präferiert, umschifft das Rx-VV durch Änderungen an SGB V, Lieferverträgen, Länderliste etc., um die Rx-Gleichpreisigkeit besser abzusichern. Gleichzeitig gibt es vielleicht auch strukturelle Änderungsvorschläge (bezahlte Dienstleistungen, Strukturfonds versorgungsrelevante Apotheken, vielleicht auch neue Honorar-Umverteilungsmechanismen).

Der Ball liegt dann bei den Apotheken, oder lag es nach den diversen Treffen mit der ABDA bereits. Wagenburg-Mentalität gegen geschickten und zukunftsorientierten Umgang mit einer komplexen Situation ...

Nebenbei kauft man mit einem Rx-Versandverbot nur Zeit, hält diese aber nicht auf. Spätere Regierungen können das wieder ändern. Und als besonders gefährliche Nachwirkung eines Rx-VV wird der Berufsstand wieder in den Schlafwagen-Modus zurückfallen - ist ja mal wieder gut gegangen. Bloß nichts ändern ...

Erst recht kurios wird es natürlich, wenn gleichzeitig, aber über zehn Jahre zu spät, jetzt mit hoher Durchschlagskraft an eigenen Bestellportalen gearbeitet werden soll, welche mit Sicherheit auch das Rezeptmanagement bzw. künftig das E-Rezept umfassen werden ...

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RX-Versandverbot

von Dr. Radman am 30.09.2018 um 11:27 Uhr

RX-Versandverbot kommt. Es gibt keine Alternative.

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Wie geht es weiter ?

von Ulrich Ströh am 30.09.2018 um 9:10 Uhr

Diese Woche wurde die ABDA-Spitze von Herrn Spahn vorab informiert.

Kommenden Donnerstag werden dann Kammerpräsidenten und Verbandsvorsitzende in Kenntnis gesetzt.

Wann wissen die betroffenen apothekerlichen
Beitragszahler ,was auf sie zukommt?

Lieber Herr Ditzel, informieren Sie uns am kommenden Freitag?

» Auf diesen Kommentar antworten | 1 Antwort

AW: Wie geht es weiter

von Peter Ditzel am 30.09.2018 um 10:11 Uhr

Lieber Herr Ströh, sobald wir auch nur ein bisschen mehr wissen - wir informieren auf DAZ.online

Endlich Klarheit

von Conny am 30.09.2018 um 8:54 Uhr

Der Unterschied zwischen Spahn und Ross Antony? Ross ist ein unglaublich sympathischer Mensch. Ich erwarte auf dem Apothekertag von Herrn Spahn in seiner Art die Lösung wie er endgültig die gut funktionierende Struktur der jetzigen Versorgung der Bevölkerung zerstören will. Den Applaus von unseren Delegierten weil endlich Klarheit besteht. Den Rücktritt von F. Schmidt

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

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