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Heute kein Sekt, sondern Selters oder, schlimmer, stilles Wasser: Wir begehen den zweiten Jahrestag des EuGH-Urteils vom 19. Oktober 2016, dem Tag des unfairen Apotheken-EU-Wettbewerbs. Seit damals schaut die Politik zu, wie ausländische Versender immer fetter werden und der inländische Apothekenmarkt ausgedünnt wird. Passend dazu: ein Honorargutachten, das meint, bei Apotheken kann man noch sparen. Lachen kann man nur übers Ärzte-Kabarett: Wenn die Politik „impfende Apotheker“ sagt, stehen bei den Onkel Doktors die dispensierenden Ärzte auf dem Programm.
15. Oktober 2018
Bundesgesundheitsminister Spahn auf dem Apothekertag: Er könne sich vorstellen, dass Apotheker bestimmte Impfungen vornehmen. Das Aufheulen einiger Ärztefunktionäre ließ nicht lange auf sich warten. Wenn Nichtärzte impften, wäre dies eine Verschlechterung der bisher geübten Versorgungspraxis, so eine Ärztefunktionär, es sei ein kontraproduktiver politischer Aktionismus, „gegen den wir aufs Schärfste protestieren“. Ein anderer meinte: Bei diesem Thema dürfe die Grenze nicht überschritten werden. Oder: Die Impfung muss ohne Wenn und Aber bei einem Arzt durchgeführt werden. Und Impfquoten würden durch impfende Apotheker nicht verbessert. Mein liebes Tagebuch, ganz klar, die reflexartigen Reaktionen sind bekannt und zu erwarten – wir erinnern uns an die Zeiten, als Apotheker begannen, den Blutdruck zu messen und Blutwerte zu bestimmen, heute eine Selbstverständlichkeit. Schaut man nach England, in die USA oder in die Schweiz, wo es mittlerweile zur Selbstverständlichkeit geworden ist, dass man sich in der Apotheke z. B. gegen Grippe impfen lässt, nehmen es die Menschen sehr gerne an, sich ihre Impfung in der Apotheke geben zu lassen, ist die Durchimpfungsrate gestiegen und von den immer wieder beschworenen Zwischenfällen und Komplikationen ist nichts zu hören. Ärzte sehen es dort nicht als Bedrohung der Apotheker, sie fühlen sich entlastet. Bei uns in Deutschland scheint die Zeit noch nicht reif dafür zu sein. Unsere Standesvertretung scheut den Krach mit den Ärztefunktionären und will das Thema nicht „lobbyieren“. Unter uns Apothekers sind die Lager gespalten: Etwa eine Hälfte kann sich Impfen in der Apotheke vorstellen, die andere Hälfte möchte das aus unterschiedlichen Gründen nicht. Dennoch, so nach und nach mehren sich die Stimmen, die sich impfende Apotheker vorstellen können. So kann sich beispielsweise der Bundesverband der Arzneimittel-Hersteller durchaus vorstellen, dass Apotheker impfen. Auch der Bundesverband der Kooperationsapotheker (BVDAK) sieht dies als zukünftige Apothekenaufgabe. Und auch die Gesund-leben-Kooperation des Großhändlers Gehe spricht sich fürs Impfen in der Apotheke aus. Mein liebes Tagebuch, mein Fazit: Es gibt einen deutlichen Trend hin zum Impfen in der Apotheke. Bis Apotheken allerdings hierzulande ihren Kunden Impfungen anbieten dürfen, wird es noch ein paar Monate (Jahre?) dauern – die jetzige Funktionärsgeneration der Ärzte und Apotheker mauert noch, aber für die nächste Generation wird es selbstverständlich sein.
6 Kommentare
Unfairer Wettbewerb ??
von Heiko Barz am 22.10.2018 um 12:18 Uhr
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Spahn und Konsorten
von Conny am 21.10.2018 um 14:51 Uhr
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AW: Spahn und Konsorten
von Karl Friedrich Müller am 21.10.2018 um 16:02 Uhr
Frauen in die Kammerparlamente Ergebnisse
von Thesing-Bleck am 21.10.2018 um 10:02 Uhr
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2hm Gutachten für Hausärzte
von Ulrich Ströh am 21.10.2018 um 8:39 Uhr
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Inländerdiskriminierung
von Anita Peter am 21.10.2018 um 8:22 Uhr
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