Die letzte Woche

Mein liebes Tagebuch

21.10.2018, 08:00 Uhr

Nichts zum Feiern: der 2. Jahrestag des EuGH-Urteils zur Arzneimittelpreisbindung – und immer noch kein Rx-Versandverbot. (Foto: Andi Dalferth)

Nichts zum Feiern: der 2. Jahrestag des EuGH-Urteils zur Arzneimittelpreisbindung – und immer noch kein Rx-Versandverbot. (Foto: Andi Dalferth)


19. Oktober 2018 

Mein liebes Tagebuch, mein Vorschlag: Wir beantragen, dass der 19. Oktober zum Tag des unfairen Apotheken-EU-Wettbewerbs ausgerufen wird! Vor zwei Jahren, am 19. Oktober 2016, verkündete der Europäische Gerichtshof sein Urteil zur Rx-Preisbindung: EU-ausländische Versandapotheken, die Kunden in Deutschland beliefern, müssen sich nicht an die in der deutschen Arzneimittelpreisverordnung geregelten Festpreise für verschreibungspflichtige Arzneimittel halten. Das war der Startschuss für einen beispiellosen unfairen Wettbewerb in der EU zwischen ausländischen Versendern und inländischen Apotheken – und für eine beispiellose Benachteiligung der deutschen Apotheken, für eine Inländerdiskriminierung. Abhilfe könnte ein Versandverbot für verschreibungspflichtige Arzneimittel schaffen – das unsere Standesvertretung mit aller Macht verfolgt. Aber was sich seitdem in der Gesundheitspolitik abgespielt hat, ist ein Lehrstück (besser noch Leerstück) über politische Versprechen und Worthülsen, über Hinhaltetaktik und fehlenden politischen Mut – und zeichnet ein Bild davon, welche Geringschätzung wir Apothekerinnen und Apotheker in der Gesundheitspolitik haben. Man kann auch nicht sagen, unsere Standesvertretung hat sich in dieser Causa nur halbherzig hinter die Forderung nach einem Rx-Versandverbot gestellt. Nein, im Gegenteil, fast schon bis zur Besinnungslosigkeit appelliert sie an die Politik, den Arzneimittelversand „auf das europarechtlich gebotene Maß zurückzuführen“, also ein Verbot für Rx-Versand einzuführen und nur den OTC-Versand zu erlauben. Wie geht’s weiter? Spahn lässt mittlerweile keine Zweifel daran, dass er nichts von einem Rx-Versandverbot hält und lieber andere Pläne verfolgen möchte. In den kommenden sechs Monaten sollen Lösungen auf den Tisch. Mein liebes Tagebuch, wie auch immer solche Lösungen aussehen: Keine wird die Wirkung eines Rx-Versandverbots haben. Und so kann auch weiterhin unser Bundesgesundheitsminister zuschauen, wie die ausländischen Versender wachsen, wie immer mehr deutsche Rezepte von den Niederlanden aus beliefert werden und wie jedes Jahr in Deutschland weit über 200 Apotheken schließen. Und am 19. Oktober 2019 können dann wieder 300 Apotheken weniger den Tag des unfairen Apotheken-EU-Wettbewerbs „feiern“ – sie mussten schließen, unserer Politik sei Dank!  



Peter Ditzel (diz), Apotheker / Herausgeber DAZ
redaktion@deutsche-apotheker-zeitung.de


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6 Kommentare

Unfairer Wettbewerb ??

von Heiko Barz am 22.10.2018 um 12:18 Uhr

Die Worthülse „unfair“ in Bezug auf die europäische Arzneimittelversorgung nach dem katastrophalen EUGH Urteil ist für mich eine naive Verniedlichung.
Die Zusammenbrüche familiennaher Apotheken ( 300 pro Jahr? Leider steigend) kann ich nur als berufsvernichtend und erschreckend bezeichnen. Da stößt mir das Wörtlein „unfair“ acidierend auf.
Die iustiziable Rechtsverachtung der Holländer Deutschen Gesundheitsgesetzen gegenüber - auch bedingt durch die Akzeptanz dieser Gesetzesbrecher durch unsere KKassen - verlangt nach hoch dotierten bestrafenden Urteilen.
Und nun nochmal: „ unfair“ ?

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Spahn und Konsorten

von Conny am 21.10.2018 um 14:51 Uhr

Und die Saudis sind fett bei Doc Morris dabei. Aber das interessiert ja kein Sau, Hauptsache die doofen Inhabergeführten Apotheken werden ausradiert.

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AW: Spahn und Konsorten

von Karl Friedrich Müller am 21.10.2018 um 16:02 Uhr

Ich würde allen mal empfehlen, die HeuteShow von Freitag anzusehen. Da geht es um das 90%ige Monopol einer Firma (Hauptbeteiligter Abu Dabi) bei Autobahnraststätten und bald auch Autohöfen.
Das Verhalten und Abzocke, ignorieren von Verträgen (kostenlose) Toiletten.
Ein Bürgermeister, der das auf seinem Gebiet nicht dulden wollte, wurde vo n einem Politiker rüde angegangen ( Name leider nicht genannt) und flux das entsprechende Gesetz geändert.
Parallelen zum Gesundheitswesen, Apotheken sind rein zufällig. Oder?
Ich wünsche der Bevölkerung, insbesondere den Einkäufern viel Vergnügen in Zukunft. Dann istnichts mehr billig.
Ich frage,ich, was Politiker dazu treibt, das Land so zu verraten. Unfassbar.

Frauen in die Kammerparlamente Ergebnisse

von Thesing-Bleck am 21.10.2018 um 10:02 Uhr

Die Berufe in den Apotheken werden immer mehr von Frauen ausgeübt. Der PTA-Beruf ist komplett weiblich. Angestellte Apotheker sind in öffentlichen Apotheken die Ausnahme. Nach ihrem Pharmazie-Praktikum übernehmen männliche Apotheker häufig sehr schnell eine Apothekenleitung. Im Krankenhaus, im öffentlichen Gesundheitsdienst und in der Pharmaindustrie sind allerdings deutlich mehr männliche Pharmazeuten zu finden.
Am Beispiel von Nordrhein-Westfalen kann man einem einzigen Bundesland einen signifikanten Unterschied in der männlichen Dominanz in den beiden Apothekerkammern feststellen. Westphalen- Lippe wird seit langem von einer Präsidenten geführt, Nordrhein hatte in 70 Jahren gerade mal für zwei Jahre eine Präsidentin.
Liebe Kolleginnen in NRW, wir haben im nächsten Jahr wieder Kammerwahlen. Derzeit werden die Listenpositionen ausgehandelt. Engagieren Sie sich! Fordern Sie jetzt eine Besetzung aller Positionen, insbesondere aber der Spitzenpositionen in der Selbstverwaltung, die das in unserem Beruf gelebte Geschlechterverhältnis minutiös und insbesondere eins zu eins widerspiegeln.

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2hm Gutachten für Hausärzte

von Ulrich Ströh am 21.10.2018 um 8:39 Uhr

Die Aufregungen um das mögliche Impfen durch Apotheken erschließen sich mir nicht:

Ulrich Weigeldt ist Chef des Hausärzteverbandes.
In dieser Funktion vertritt er halt vernehmlich (sic!) die Interessen seiner Beitragszahler.

Wie wäre Herr Weigeldt wohl mit einem
2 hm Honorargutachten für Hausärzte umgegangen ?

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Inländerdiskriminierung

von Anita Peter am 21.10.2018 um 8:22 Uhr

Wie bereits x-fach festgestellt handelt es sich seit Tag 1 nach dem EUGH Urteil um eine Inländerdiskriminierung. Würde nach irgendeinem Urteil eine Ausländerdiskriminierung eintreten, wäre unter großen Empörungsbezeugnissen schon lange eine politische Lösung gefunden worden. Aber wen interessiert in der Politik schon noch der einheimische Leistungsträger, wenn man das ausländische Großkapital hofieren kann? Da fährt man lieber nach Heerlen und beklatscht verzückt das unbenutzte Labor.

Dass die ABDA ohne Plan und völlig unvorbereitet zum EUGH Verfahren gefahren ist, und auch kein Gegengutachten zum 2hm Gutachten erstellen lies, zeigt die völlige Unfähigkeit unserer "Standeszertretung". Lieber von vorhersehbaren (!) Ereignissen überraschen lassen und das grosse Gedonnere aus vollen Rohren verkünden.
Lasst endlich Profis ran!

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