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Vorläufige Apothekenbilanz für 2018
Der Umsatz steigt, aber nur in 70 Prozent der Apotheken
Der steigende Durchschnittsumsatz der Apotheken wirkt zunächst positiv. Doch einen Anstieg gibt es nur in 70 Prozent der Apotheken. In Hamburg wird 2018 sogar das durchschnittliche Betriebsergebnis sinken, ermittelte die Treuhand Hannover. Ihr Generalbevollmächtigter Dr. Frank Diener erwartet bald mehr Klarheit über die politischen Rahmenbedingungen, denn Minister Spahn habe einen engen Zeitplan.
Diener präsentierte die Daten der Treuhand Hannover bei der Mitgliederversammlung des Hamburger Apothekervereins am Dienstagabend. Die Apotheken in Deutschland haben im ersten Halbjahr 2018 durchschnittlich 3,7 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum umgesetzt, berichtete Diener. Doch er betonte die ungleichmäßige Verteilung: Der Umsatz sei nur in 70 Prozent der Apotheken gestiegen. In 30 Prozent der Apotheken sei er dagegen gesunken, obwohl die Branche insgesamt wachse. Außerdem beruhe ein Viertel des Umsatzwachstums der Durchschnittsapotheke auf der Umverteilung durch Schließungen. Dieser Teil des Umsatzanstiegs ist also kein Branchenwachstum und belastet die Kostenträger nicht.
Verschiebungen durch Hochpreiser und Schließungen
Gemäß Daten von IQVIA ist der Umsatz des Versandes um 7 Prozent bei OTC-Arzneimitteln und um 2 Prozent bei Rx-Arzneimitteln gestiegen. Doch das Gesamtwachstum des Marktes habe diese Abwanderung bisher kompensiert. Der Umsatz wachse auch wegen des weiter steigenden Anteils an Hochpreisern. Doch dieses Wachstum habe sich 2016 und 2017 abgeschwächt, berichtete Diener. Demnach hatten die Hochpreiser 2017 einen Umsatzanteil von 36 Prozent. Seit dem Höchststand der Apothekenzahl im Jahr 2008 habe die Apothekenzahl um fast 2200 abgenommen. Daraufhin kalkuliert die Treuhand Hannover, dass seitdem knapp 2,4 Milliarden Euro Apothekenumsatz auf andere Apotheken umverteilt wurden.
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Steigende Kosten
Beim Wareneinkauf sieht Diener in diesem Jahr keine wesentlichen Veränderungen. Die Großhändler würden ihre Gebühren variieren. Das 70-Cent-Fixum der Großhandelsvergütung werde nicht rabattiert. Zur vorgesehenen Regelung, das Fixum nicht rabattierbar zu machen, erklärte Diener: „Spahn löst ein Problem, das es nicht gibt.“ Die Personalkosten würden durch zusätzliches Personal und übertarifliche Zulagen steigen. Die übrigen Kosten würden durch neue Anforderungen bei der Dokumentation, beim Datenschutz und für das Securpharm-Projekt getrieben. Für das erste Halbjahr 2018 ermittelte die Treuhand Hannover noch ein steigendes Betriebsergebnis für die Durchschnittsapotheke. Hochgerechnet auf das ganze Jahr ergeben die Treuhand-Daten für Hamburger Apotheken 3,5 Prozent mehr Umsatz, aber 2 Prozent weniger Betriebsergebnis.
Spahn hat Grund zur Eile
Daraufhin erinnerte Diener an die Regelung in § 78 Arzneimittelgesetz, den Festzuschlag anzupassen. „Diese Überprüfung ist überfällig“, mahnte Diener, ergänzte aber, dass Minister Spahn beim Apothekertag erklärt habe, zusätzliches Geld gebe es nur für zusätzliche Leistungen. Die Pläne des Koalitionsvertrags wertete Diener positiv, denn mit dem Rx-Versandverbot sei das E-Rezept nicht bedrohlich. Wie die Pläne von Minister Spahn nun aussehen, „werden wir in Tagen bis Wochen wissen“, erwartet Diener. Wenn die zweite Lesung des Gesetzes bis Ostern stattfinde solle, müsse vor Weihnachten ein Entwurf vorliegen. Doch könnten später zusätzliche Regelungen ergänzt werden, weil Änderungen in mehrere laufende Gesetzgebungsverfahren eingefügt werden könnten. Diener erwartet jetzt eine schnelle Entwicklung, „weil der Minister nicht weiß, wie lange die GroKo hält“.
Telematik richtig gestalten
Außerdem werde sich die Entwicklung der Telematikinfrastruktur beschleunigen. Es würden immer mehr Arztpraxen angeschlossen und den Umgang mit Stammdaten erlernen. Zu E-Rezepten sei es dann nur noch ein kleiner Schritt. Diener hofft dafür auf einen Zentralserver in Apothekerhand, fürchtet aber, dass das Ministerium auf eine offene Marktlösung mit vielen Anbietern setzt, um nicht dirigistisch zu wirken. Auf jeden Fall müsse verhindert werden, dass Rezepte zu einem handelbaren Gut werden, mahnte Diener. Dafür sollten die Apotheker den Schulterschluss mit anderen Heilberuflern suchen und sich keinen Streit mit den Ärzten über das Impfen aufdrängen lassen.
Rx-Boni führen zu Verdrängungswettbewerb
Rx-Boni sind für Diener eine „diabolische Bedrohung“, wenn sie mit dem Rx-Versand und dem E-Rezept verbunden werden. Der Bonus, möglicherweise noch in Verbindung mit einem teuren Botendienst, könne das Betriebsergebnis der Apotheken weitgehend aufzehren. Daraus folgerte Diener: „Die Gleichpreisigkeit bei Rx-Arzneimitteln muss erhalten bleiben.“ Um diese notfalls ohne ein Rx-Versandverbot zu sichern, regte Diener eine Verankerung im Sozialrecht oder spezifische Vor-Ort-Zuschläge für Präsenzapotheken an. Falls dies nicht gelinge, würden Preisdumping und Verdrängungswettbewerb drohen. Dies betreffe nicht nur den Versand, sondern auch den Wettbewerb unter den Vor-Ort-Apotheken. Diener erwartet dann einen lange anhaltenden Trend mit viel mehr Apothekenschließungen.
1 Kommentar
„Spahn löst ein Problem, das es nicht gibt.“
von Karl Friedrich Müller am 15.11.2018 um 16:55 Uhr
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