BPhD zu Spahns Apotheken-Plänen

Pharmaziestudenten: Versandapotheken können ein wichtiges Zusatzangebot sein

Berlin - 19.12.2018, 08:30 Uhr

Die AG Gesundheitspolitik hat eine Stellungnahme zu Spahns Apotheken-Plänen beschlossen, die viele Apotheker erstaunen wird. (c / Foto: BPhD)

Die AG Gesundheitspolitik hat eine Stellungnahme zu Spahns Apotheken-Plänen beschlossen, die viele Apotheker erstaunen wird. (c / Foto: BPhD)


Was sagt eigentlich der Bundesverband der Pharmaziestudierenden Deutschlands (BPhD) zu den Vorschlägen des Bundesgesundheitsministeriums zur Reformierung des Apothekenmarktes? Am vergangenen Wochenende hat sich die AG Gesundheitspolitik des Verbandes mit den Themen Apothekenhonorar und Rx-Boni beschäftigt. Der Beschluss der Studenten ist überraschend: Vom Rx-Versandverbot hält der BPhD gar nichts, die Honorar-Vorschläge Spahns werden ausdrücklich begrüßt. Rx-Boni sehen die Studierenden aber trotzdem skeptisch.

Die Pläne von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) beschäftigen derzeit den gesamten Apothekenmarkt: Im ganzen Land sind Kammern und Verbände damit beschäftigt, das geplante Gesetzespaket zu bewerten. Diese Bewertung fällt den Apothekern nicht leicht: Schließlich enthält es mehrere Honorar-Erhöhungen und eine ganz neue Honorar-Komponente für pharmazeutische Dienstleistungen. Auf der anderen Seite wird die Rx-Preisbindung durch einen geplanten Boni-Deckel für EU-Versender zumindest teilweise aufgegeben. Bislang waren die Stimmen aus den ABDA-Mitgliedsorganisationen aus genau diesem Grund auch eher negativ: Die Apotheker bestehen weiterhin auf der Gleichpreisigkeit.

Aber was sagen eigentlich die Pharmaziestudierenden zu diesen Vorschlägen? Das ist keine unwichtige Frage, schließlich würden durch die Reform Richtungsänderungen eingeleitet, die den Markt über Jahrzehnte hinweg ändern könnten. Und die heutigen BPhD-Mitglieder sind die Apotheker von morgen. Die AG Gesundheitspolitik hat sich ein ganzes Wochenende mit der Thematik befasst und am vergangenen Sonntag schließlich eine Stellungnahme beschlossen, die bei so manchem etablierten Apotheker sicherlich für Aufsehen sorgt. Denn die Studierenden stehen den Spahn-Plänen grundsätzlich sehr aufgeschlossen gegenüber.

BPhD begrüßt neue Honorar-Struktur

Der wichtigste Grund für die Zustimmung des BPhD ist die Schaffung der neuen Honorar-Struktur. Zur Erinnerung: Das BMG plant, dass die Kassen mit den Apothekern Verträge über pharmazeutische Dienstleistungen über 240 Millionen Euro pro Jahr abschließen müssen. Der BPhD dazu: „Im Wesentlichen begrüßen wir die Vorschläge des BMG. Insbesondere der Aufbruch in die Vergütung pharmazeutischer Dienstleistungen stellt in unseren Augen eine dringend notwendige Neuausrichtung des Apothekerberufs dar.“ Das Volumen mache zwar nur einen geringen Anteil am Umsatz der Apotheken aus und „mutigere Schritte in Richtung pharmazeutische Dienstleistungen“ wären sicherlich besser aus Sicht des BPhD. Aber die Studenten sehen darin „die Chance auf einen Einstieg in zukunftsweisende und langfristig tragfähige Vergütungssysteme.“ Und weiter: Insbesondere die Sanktionierung des Nichtabschlusses von Verträgen mit der Apothekerschaft stärkt die Verhandlungsposition der Apotheker gegenüber den Krankenkassen und ermöglicht es dem gesamten Berufsstand, an der Neuausrichtung teilzuhaben.

Auch die Verdopplung der Notdienstpauschale begrüßen die Pharmaziestudenten. Allerdings glauben die Studierenden nicht, dass man die Arzneimittelversorgung auf dem Land durch Geldspritzen an Apotheken retten kann. Denn: „Wir sind überzeugt, dass nur eine konzertierte Aufwertung und Stärkung solcher Regionen einen signifikanten Einfluss auf diesen Strukturwandel hätte.“



Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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11 Kommentare

Meinung von 13 Studenten der AG Gesundheitspolitik

von Brotlose Kunst am 20.12.2018 um 20:42 Uhr

Liebe DAZ-Journalisten,
ich wünsche mir von Ihnen mehr journalistisches Verantwortungsbewusstsein.

Es handelt sich in dem Ursprungstext um die Meinung von 13 Studenten. Diese sind definitiv keine „Politik-Experten“, wie von Ihnen so benannt.
Es sind Abiturienten, zumeist ohne Berufsabschluss, die Pharmazie studieren und sich nebenbei in einer Arbeitsgemeinschaft (AG) treffen.

Liebe DAZ Redaktion,
bitte verlieren Sie nicht aus den Augen, dass die Presse von Ihnen abschreibt und gerne grellere Farben verwendet.
In mehreren Artikeln wird die Meinung von diesen 13 Studierenden bereits als Erklärung des BPhD, bzw. der „jungen Generation“ zitiert. War das von Ihnen beabsichtigt?

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AW: re: Meinung von 13 Studenten der AG

von Benjamin Rohrer am 21.12.2018 um 10:56 Uhr

Lieber Leser,

Sie haben Recht, es handelt sich hierbei um die AG Gesundheitspolitik des BPhD, nicht mehr und nicht weniger. Aber genau das haben wir auch geschrieben: Schon im Vorspann weisen wir darauf hin, dass es sich um diese AG handelt und nicht einen Beschluss des gesamten Verbandes.
Zum Wort "Politik-Experten" möchte ich anmerken, dass wir geschrieben haben, dass es sich hierbei um die "Politik-Experten DES BPHD" handelt. An keiner Stelle wird in dem Artikel der Eindruck erweckt, dass es sich hierbei um Politikwissenschaftler oder Ähnliches handelt. Der BPhD hat eine Arbeitsgruppe, die sich ausschließlich mit der Gesundheitspolitik beschäftigt, deren Mitglieder sind die Experten des BPhD für Gesundheitspolitik.

Was die Bedeutung der Positionierung des BPhD bedeutet, bleiben wir bei unserer Meinung, die wir im Übrigen auch im gestrigen Editorial des Morgen-Newsletters ausgedrückt haben: Auch wir in der Redaktion stimmen in wesentlichen Punkten nicht mit dem BPhD überein und würden die Sache daher auch anders kommentieren. Trotzdem ist es für uns als Nachrichtenredaktion unerlässlich über die Meinung der Apotheker der Zukunft zu BERICHTEN, sie also wiederzugeben.

Nochmals vielen Dank für Ihren Hinweis

Benjamin Rohrer
Chefredakteur DAZ.online

Handy Generation

von ratatosk am 19.12.2018 um 23:02 Uhr

Wer Kinder in dem Alter hat, den wundert so was nicht, alles was man mit einem Handy machen ist so supy ! Was das dann realiter bedeutet, wenn man z.B als Apotheker in einer Kette Zielvorgaben als Angestellter bekommt,, wie z.B in GB, also der Oma immer noch eine Schachtel, mit was auch immer etc. werden sie dann leider zu spät überreissen.
Sieht man ja auch im Krankenhaus, wenn in manchen Ketten Zielvorgaben, z.B 100 mal Prostata raus etc, kommen und man dann das mit dem Gewissen abgleichen muß, wenn man weiß, daß die Verlängerung des Zeitvertrages daran hängen kann.
Die gleiche Generation hat auch in GB beim Brexit nicht überrissen, daß sie schon zur Abstimmung gehen hätten müssen, nicht nur cool im Starbuck o.Ä Latte schlürfen.
Aber waren ja alle durchs Handy superinformiert !
In diesem Alter hatte ich auch noch dämlicherweise Vertrauen in Staat und Behörden deshalb verstehe ich diese Einstellung durchaus und in anderen Dingen wären die Konsequenzen auch nicht so existentiell. Die zielgerichtete Zerstörung zugunsten des Großkapitals, hätte ich auch in D in diesem Alter nicht für möglich gehalten.

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Theorie und Praxis

von Dr.Diefenbach am 19.12.2018 um 20:55 Uhr

Wenn DIESE Statements zutreffen:Dann ist das ein Schlag ins Gesicht der jedenfalls teilweisen ABDA -Strategie!Spahn und die Grünen freuen sich sicher,die die uns politisch "verteidigen",dürften sich angesichts dieser Meinungen auch überlegen:Folgen sie der beruflichen "Zukunftsriege" oder kümmern sie sich um die "Bewahrerfraktion".Ich würde gerne mal wissen,woher der Studierende die Weisheiten nimmt,derart ruppig über den beruflichen Alltag zu urteilen.Ehrlich:Der Pharmazeut an sich sollte sich allmählich fragen,wie diffus seine Gedankenwelt geworden ist.Ich kenne keinen Beruf der sich derart filetiert.

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Na, dann bleibt uns ja wohl nichts Anderes übrig ......

von Wolfgang Müller am 19.12.2018 um 14:37 Uhr

Das Statement ist insgesamt nicht so naiv, wie es auf den ersten Blick scheint. Denn es stimmt ja, eine Vielzahl kleinerer Punkte in dem FS/JS-Plan sind für sich genommen sehr gut. Nur der einzig ENTSCHEIDENDE Punkt: "Boni werden zugelassen, und nur vollkommen Rechts-unsicher eingeschränkt!" ist leider entsetzlich.

Meine beiden Kinder haben gerade ein Pharmaziestudium abgeschlossen, das TOTAL auf die Rx-Arzneitherapie zugeschnitten war. Klar, dass sie nun wollen, das dieses Wissen auch mal zum Einsatz kommt. Etwas Anderes wurde ihnen an der Universität bzgl. der Offizin-Apotheke auch kaum als attraktiv vermittelt.

Natürlich ärgern sich wegen dieser Indoktrinierung viele im Nachhinein, dass sie nicht gleich Medizin studiert haben. Manche tun es auch noch, weil sie die Beschränkungen dieser neuen, ja nur para-medizinischen Perspektive in der Offizin realistisch einschätzen.

Ist das nicht eigentlich eine schrecklich einseitige, bizarre Entwicklung, die "Die ABDA" da gemeinsam mit "Der Lehre" da durchzieht? Sogar gänzlich ohne "Selbstmedikation" im Perspektivpapier?

Der Einstieg in die NEUEN Dienstleistungen ist somit das brutalsmögliche Lock- bzw. DRUCK-Mittel, den weiter vollkommen inakzeptablen Teil des FS/JS-Paktes "Ende der Gleichpreisigkeit" psychologisch unwiderstehlich durchzupauken. Aus Angst, den UNMITTELBAREN Einstieg in dieses Nachwuchs-Wunschprojekt "Rx-Therapie in Apothekerhand" zu versäumen. Eine nur vermeintlich einmalige Chance, in Wahrheit ein unausgereifter Pyrrhus-Sieg der Ungeduldigen.

Die wirtschaftliche Katastrophe, die dieses Junktim für die bereits existierenden normalen "Buden" und für den Übernahme-willigen Nachwuchs in Wirklichkeit darstellt, erkennt ja nicht einmal "Die ABDA". Wir dürfen also nicht verlangen, dass "Die Jungen", wie FS sie gerne nennt, das schon besser wissen. Ich finde, da kommt auch schon eine sehr gehörige Stellungnahme GEGEN BONI durch, nur noch nicht entschieden genug. Darauf kann und muss man in der Diskussion mit unseren Hoffnungsträgern aufbauen, denn viele von den Besten - vielleicht wissen sie es bloß noch nicht - wären sicher auch in der freiberuflichen Apotheke am zufriedensten!

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Seltsam parallele Wortwahl bezüglich des Versandhandels

von Thomas Luft am 19.12.2018 um 12:26 Uhr

Zitat: „Der Versandhandel kann unserer Meinung nach für bestimmte Patientengruppen eine sinnvolle Ergänzung zur bestehenden Arzneimittelversorgung darstellen, [...] Versandapotheken können ein wichtiges Zusatzangebot in der Versorgung darstellen.“

Das ist doch exakt die Wortwahl der SPD, oder irre ich hier?

Liebe Studenten, lieber BPhD,
es ist gut, dass ihr euch mit der Problematik Versandhandel vs. Vor-Ort-Apotheke beschäftigt. Immerhin wollt ihr später selbst mal als Apotheker arbeiten. Ich für mich habe trotz der zahlreichen Knüppel, die man zwischen die Beine geworfen bekommt, immer noch Spaß an meinem Beruf. Allein die immer nervigeren Beschaffungsprobleme nerven mich maßlos. Aber das ist ein anderes Thema.

Ich wüsste gerne folgende Frage beantwortet: WO ist der Versandhandel im o.g. Sinn sinnvoll? Ich persönlich glaube, dass er eben keine sinnvolle Ergänzung ist. Er pickt sich den einfachen Part der Versorgung (Logistik) raus und arbeitet rein preisaggressiv. Die schwierigen Sachen überlässt er dann den Vor-Ort-Apotheken:

-Notdienst
-Akutversorgung
-Problemlösung bei Nicht-Lieferfähigkeit

Gerade letzteres haben wir diese Woche erlebt, als ein Kunde mit zwei Rezepten zu uns kam, die auf der Rückseite bedruckt waren, weil sie vorher in der Versandapo waren. Die haben es nicht gebracht und jetzt sind wir die Lückenbüßer? Das ist kein Konzept, das sinnvoll ist!

Apotheke ernsthaft betrieben ist eben mehr als Logistik, man schaue sich gerade als Student auch mal die WHO-Definition des "7 Star Pharmacist" an. Zu meiner Zeit hatt der sogar nur 5 Sterne, aber ich schweife ab. Wir machen mehr als Logistik! Wir sind Vor-Ort-Versorger und -Problemlöser. Wir kümmern uns tatsächlich um unsere Kunden, denn bei uns ist der Kunde nicht nur irgendeine Nummer, die zügig abgearbeitet werden muss, bei uns ist der Kunde ein Mensch, der oft nicht nur gesundheitliche Probleme hat. Manchmal reicht es auch nur zuzuhören und da zu sein. Dafür gibt es kein Geld, das ist im Gesamtpaket enthalten. Und dass man dieses Gesamtpaket aufdröselt und in "Versand" und "Vor-Ort" trennen möchte, ist in meinen Augen grundfalsch.

Lieber BPhD, schaut euch Apotheke noch mal an. Am besten vor Ort bei den Kollegen in den Unistädten. Fordert etwas, wenn ihr Famulatur macht! Ihr seid nicht zum Schubladen putzen da! Und beschäftigt euch auch mit Themen wie Preisbildung und Gesundheitssystem. Ja, Chemie und Bio sind auch wichtig. Aber um als Apotheker bestehen zu können muss man inzwischen halber Sozialrechtler sein...

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AW: Seltsam parallele Wortwahl bezüglich

von Christian Giese am 19.12.2018 um 14:22 Uhr

Vollkommen d ´accord!

Christian Giese
ehem. Fachschaftssprecher KA/HD.

Pharmaziestudium

von Stefan Meinhardt am 19.12.2018 um 10:09 Uhr

Das kommt dabei heraus, wenn man die Inhalte des Studiums den Professoren überläßt und damit der Industrie, die die Forschungen der Universitäten bezahlt. Bei Studientagen wird der Beruf als Offizin Apotheker als langweiliges Schubladenziehen herabgewürdigt, dem so interessante Felder wie Apotheker bei der Krankenkasse, in der Verwaltung, im Krankenhaus oder am besten in der Industrie mit mannigfachen Aufstiegs- und Verdienstmöglichkeiten gegenüberstehen. Habe ich live so erlebt. Wenn von 45 Studienanfänger 2-3 das Ziel haben, später mal in der Offizin zu stehen und davon dann nur die Hälfte das Studium beendet, dann muß man ja pro RX Versand sein, weil die Vor Ort Apotheke i Studium keine Rolle spielt.Wir Offizin Apotheker haben es versäumt, den Nachwuchs schon an der Uni stärker an uns zu binden. Famulatur und Praktikum werden leider oft nur als lästige Pflicht erlebt. Die Fachschaften und auch der BPhD werden viel zu selten bei Kammer und Verband mit ins Boot geholt. Wenn man das Studium und die meisten Professoren als Marker für die Öffentlichkeit sieht, braucht man sich nicht zu wundern, wenn die Politik Schlitten mit uns fährt. Die Tendenz, daß die meisten Apotheken zumachen werden, weil sie keinen Nachfolger finden, ist doch evidenter als alle anderen Probleme die den Umsatz betreffen. Das Problem der Tante Emma Läden ist 1:1 auf die Apotheken zu übertragen. Die Großfinanz möchte den Markt mit Supermärkten abdecken. Amerikanisches Vorbild. Auch in Deutschland erlebt. Und Großfinanz sind hier die Versicherer/Hedgefonds/Pharmaunternehmen . Auch da werden immer Apotheker arbeiten. Zu besseren Konditionen als in der öffentlichen Apotheke. Und es besteht ja wohl kein Zweifel daran, daß DocMo/Zur Rose nur Speerspitzen sind. Wenn der Markt reif geschossen ist, treten ganz andere Mächte in den Markt.

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Liebe Pharmaziestudierende

von Michael Mischer am 19.12.2018 um 9:53 Uhr

Man kann ja diskutieren, ob ein Rx-Versandverbot nicht in einer Zeit mit E-Rezepten, Telesprechstunden und bei Bevölkerungsteilen, die ihre gesamten Weihnachtseinkäufe online erledigen aus der Zeit gefallen ist. Man muss dann diskutieren, wie man einer möglichen Gefährdung der Notfallversorgung begegnen will. Dazu gehören dann sehr schmerzliche Fragen wie: Wie viele Apotheken braucht man, wie müssen sie verteilt sein, wie steuert man Verteilung bei bestehender Niederlassungsfreiheit, wie finanziert man Verteilung, etc. Man kann sogar postulieren, dass der Online-Handel sich selbst limitiert, wenn Apotheken durch persönliche und qualifizierte Beratungen/Dienstleistungen punkten. Alles legitim.

Aber:
Die unausgegorenen Vorschläge des Ministeriums als Ersatz dieses Verbots gut zu heißen, dafür fehlt mir die Phantasie:

Aufstockung des Notdienstfonds: Das ist Verteilung mit der Gießkanne bei der man irgendwann die Frage stellen muss, in welchem Verhältnis sie zu den Kosten des Notdienstes in den verschiedenen Apotheken liegt.

Finanzierung pharmazeutischer Dienstleitungen: Der natürliche Weg wäre zu definieren, welche Dienstleistungen Apotheken erbringen (Medikationsanalyse, Impfungen, ...) und dann anhand der Kosten eine Entlohnung zu verhandeln bzw. festzulegen. Gerne darf der Gesetzgeber hier auch Entscheidungen treffen, welche Dienstleistungen er sich denn vorstellt. Das ist letztlich auch eine gesamtgesellschaftliche Entscheidung. 240 Mio. € in den Ring zu werfen ohne eine Vorstellung, wofür das Geld gedacht ist, ist dagegen eher merkwürdig.

Der Bonideckel ist sicherlich zu kritisieren, aber vorher stellt sich die Frage, ob man den überhaupt rechtssicher verankern kann. Solange das EuGH-Urteil gilt, wonach ein Verbot von Boni nicht statthaft ist, warum sollte es dann eine Begrenzung sein? Weil es ein kleinerer Eingriff in die Rechte der Unternehmen ist? Mutige Argumentation. Und überhaupt: Wo sind denn dann die gleich langen Spieße? Selbst wenn man davon ausginge, dass den Patienten die Beratung vor Ort den Verzicht auf Boni wert ist, was ist denn dann mit deutschen Versendern?

Spannend auch: Ab 5 % Marktanteil will man sich was Neues überlegen. Es ist fast schon witzig, dass einem zwar aktuell kein Mittel gegen den Versand einfällt, man ihn aber auch als Randerscheinung ansieht und man deshalb den Plan fasst abzuwarten, ob der Versand relevante Umsatzanteile erreicht um dann den jetzt nicht vorhandenen Plan aus dem Hut zu zaubern.

Und all diese Regelungen auf die GKV zu begrenzen und die PKV außen vor zu lassen macht eigentlich nur Sinn, wenn – ja wann eigentlich? Wenn man davon ausgeht, dass die PKV stirbt?

Irgendwie wirkt der Bericht, der noch dazu unter einer eher exotischen Webadresse und eben nicht auf der Website des BPhD veröffentlicht wurde (nicht so richtig professionell, nebenbei angemerkt) relativ unreflektiert und ohne Kenntnis der Hintergründe diverser Regelungen.

Sehr schade und potentiell schädigend...

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AW: Auf den Punkt gebracht.

von Brotlose Kunst am 21.12.2018 um 4:12 Uhr

Herzlichen Dank für diese präzise Analyse!
Sie haben es sauber und klar formuliert. Das könnte die ABDA direkt in die abschließende Rede an Herrn Spahn übernehmen.
Wohlwollend gegenüber Herrn Spahn schlage ich folgenden abschließenden Part vor:

Das in Jahrzehnten unter vielen Gesundheitsministern entstandene äußerst komplexe System zur Arzneimittelabgabe auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland lässt sich leider nicht durch drei Stellschrauben verändern, um es der vereinfachten Momentaufnahme des EuGH-Urteils anzupassen.
Eine politische Abkehr von der bisherigen deutschen Gesetzgebung zu Gunsten einer bisher nicht näher konkretisierten europäischen Gesetzgebung mit noch zu installierenden europäischen Überwachungsbehörden verlangt, dass alle diesbetreffenden gesetzlichen Vorschriften (ApoG, SGB, AMPreisV, ApoBetrO, Antikorruptionsgesetz, sowie sämtliche Lieferverträge u.Ä.) in einer konzertierten Aktion grundlegend neu und aufeinander beziehend geändert werden. Hierbei wäre eine Abstimmung mit sämtlichen betreffenden europäischen Behörden nötig.
Für solche Mammutaufgabe bedürfte es eines europäischen Gesundheitsministeriums.

Lieber Nachwuchs

von Peter am 19.12.2018 um 9:08 Uhr

ich verstehe euch nicht. Ich gehe jetzt mal von mir aus: Hätte ich einen akademischen Dienstleistungsberuf machen wollen, dann hätte ICH Medizin studiert. Die NC Voraussetzungen die man für Medizin erfüllen muss sind bei Pharmazie ziemlich auf der gleichen Höhe angesiedelt. Was hält Euch davon ab zu wechseln bzw. wieso habt Ihr Euch nicht für Medizin eingeschrieben? Ihr wollt Dienstleister sein, werdet Dienstleister. Das Medizinstudium hat zudem over all nur unerheblich mehr Pflichtstunden in Summe als Pharmazie aber mehr Semester. Ergo, etwas entspannteres studieren. Ich könnte es nicht mit meinem Ego vereinbaren zum Dienstleister zu mutieren der bei gleich schwerem oder eher noch schwererem Studium am Ende unter dem Arzt zu stehen kommt und das nur weil man gedenkt wir zwei Studiengänge müssten uns auf der Dienstleistungsebene treffen. Ein Kollege im anderen Forum hat es trefflich formuliert: Der Bäcker würde sein Business Brötchen zu verkaufen auch nicht freiwillig gegen einen Posten eines Mehlberaters eintauschen.
In diesem Sinne

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