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Antibiotika bei Blinddarmentzündung
Muss der Blinddarm wirklich raus?
Wenn Antibiotika, welche?
In den zukünftigen Leitlinien und Studien sollte nach Ansicht eines Editorials zur Studie im Journal JAMA zum Ausdruck kommen, welche Antibiotika sich in der Therapie einer Blinddarmentzündung tatsächlich eignen: Denn als die Studie entwickelt wurde, sei nicht klar gewesen, welche Antibiotika verwendet werden sollten. Sozusagen vorsichtshalber sei ein sehr aggressives Antibiotikaschema gewählt worden: Ertapenem (1 g/Tag) intravenös über drei Tage, gefolgt von oral 7 Tagen Levofloxazin (500 mg einmal täglich) und Metronidazol (500 mg 3-mal pro Tag). Das JAMA-Editorial sieht hier die Notwendigkeit, ein solch aggressives Behandlungsschema in Zukunft zu hinterfragen.
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Nicht vorschnell den Goldstandard verlassen
Dass die Gabe von Antibiotika in der Behandlung einer Blinddarmentzündung allerdings gar nicht so neu ist, der „Goldstandard“ aber dennoch nicht voreilig verlassen werden sollte, das zeigt ein Interview in der DAZ 26/2018. Im Deutschen Ärzteblatt wurde zudem auf die problematische Abgrenzung zwischen einer komplizierten und einer unkomplizierten Blinddarmentzündung aufmerksam gemacht.
Eine weitere Unsicherheit im antibiotischen Behandlungsansatz könnte darin bestehen, dass man noch immer nicht genau verstanden hat, wie eine Blinddarmentzündung entsteht.
Diagnose und Therapie mit Unsicherheit
Klare Regeln oder gar Leitlinien zu der Frage, wann zu operieren ist und wann ein Behandlungsversuch mit Antibiotika gerechtfertigt ist, fehlen bislang. Dieser Thematik widmete sich ebenfalls ein Artikel in der DAZ 26/2018. Und auch das Deutsche Ärzteblatt widmete sich 2018 speziell diesem Aspekt: So würden einige Ärzte sogar „mediko-legale Konflikte“ fürchten, wenn sie die Operation durch Antibiotikagabe aufschieben. Die Schlichtungsstelle für Arzthaftpflichtfragen der norddeutschen Ärztekammern habe zwischen 2000 und 2012 477 Schlichtungsverfahren im Zusammenhang mit akuter Appendizitis bearbeitet. In 271 Fällen (57 %) sei vor allem Ärzten außerchirurgischer Fachgebiete (2 von 3) eine fehlerbedingte Operationsverzögerung vorgeworfen worden. Die Folge war ein komplizierter Krankheitsverlauf. In 56 Prozent der Fälle lag jedoch ein Diagnosefehler vor (häufigster: Gastroenteritis).
Die Schlichtungsstelle meint, dass in der gutachterlichen Praxis weiterhin das Prinzip der „Frühoperation“ beachtet werde. Dennoch würden mittlerweile einige chirurgische Gutachter zeitliche Verzögerungen nicht mehr als „Behandlungsfehler“ deklarieren. Der Grundsatz der Schlichtungsstelle lautet: „Wenn bei einer fehlerbedingten oder planmäßigen Operationsverschiebung von mehr als 8 Stunden eine Zustandsverschlechterung beziehungsweise ein fortgeschrittener Entzündungsbefund in Kauf genommen wird, so ist ein hierdurch bedingter Schaden haftungsbegründend.“ Auf Anfrage des Deutschen Ärzteblatts teilte die Schlichtungsstelle jedoch mit: „Bei einer akuten Appendizitis mit Operationsindikation sind die haftungsrelevanten Fragen eines möglichen Zeitintervalls von Diagnose und Operation im Einzelfall und unter Berücksichtigung der wissenschaftlichen Literatur zu bewerten.“ Haftungsrechtlich zu prüfende Anträge zu einer unkomplizierten Appendizitis mit alleiniger Antibiotikagabe hätten der norddeutschen Schlichtungsstelle bis dato nicht vorgelegen.
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