ABDA-Mitgliederversammlung

Apotheker lehnen Spahn-Plan ab und formulieren Gegenvorschlag mit Boni-Verbot

Berlin - 17.01.2019, 16:45 Uhr

Bei der ABDA-Mitgliederversammlung haben die Vertreter von Kammern und Verbänden am heutigen Donnerstag Teile des Reformplans von Jens Spahn (CDU) abgelehnt und einen Gegenvorschlag formuliert. (c / Foto: Schelbert)

Bei der ABDA-Mitgliederversammlung haben die Vertreter von Kammern und Verbänden am heutigen Donnerstag Teile des Reformplans von Jens Spahn (CDU) abgelehnt und einen Gegenvorschlag formuliert. (c / Foto: Schelbert)


Die ABDA-Mitgliederversammlung hat Teile der Reformpläne von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) abgelehnt. Die rund 140 Vertreter aus Kammern und Verbänden haben sich klar gegen den von Spahn vorgeschlagenen Rx-Boni-Deckel ausgesprochen. Auch die 5-Prozent-Marktanteil-Grenze für DocMorris und Co. wurde heftig kritisiert. Weil man unter anderem an den Verbesserungen im Honorarbereich festhalten will, hat die Versammlung spontan einen Gegenvorschlag formuliert. Darin enthalten: Ein striktes Rx-Boni-Verbot mit Sanktionsmöglichkeiten.

Seit 10 Uhr vormittags tagt am heutigen Donnerstag in Berlin die Mitgliederversammlung der ABDA. So wie bei der letzten außerordentlichen ABDA-MV im Dezember, als Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) den Apothekern seine Reformpläne für den Apothekenmarkt vorstellte, soll die Versammlung auch heute wieder sehr gut besucht sein.

Noch tagen die etwa 140 Vertreter der Landesapothekerkammern und -verbände und feilen an Beschlüssen. Nach Informationen von DAZ.online zeichnet sich aber schon jetzt ab, dass Teile des Spahn-Plans vehement abgelehnt werden. So haben sich die Apotheker in den ersten Stunden intensiv mit jedem einzelnen der acht Punkte des Pakets beschäftigt. Zur Erinnerung: Spahn schlägt unter anderem vor, einen Rx-Boni-Deckel bei 2,50 Euro zu fixieren und ab einem Marktanteil von 5 Prozent der EU-Versender zu überprüfen, ob dieser Deckel abgesenkt werden muss. Außerdem enthält das Paket aber zahlreiche Verbesserungen für Apotheker, unter anderem die Vergütung von Dienstleistungen, eine verdoppelte Notdienstpauschale und ein klares Bekenntnis zur freien Apothekenwahl bei der Einführung des E-Rezeptes.

Klares Nein zu Rx-Boni und Marktanteil-Grenze

Die Themen Rx-Boni, Marktanteil-Grenze und Gleichpreisigkeit diskutierten die Apotheker in der Versammlung offenbar am intensivsten. In den vergangenen Wochen hatte sich in den Regionen bereits ein klarer Widerstand der Apotheker gegen die teilweise Aufhebung der Rx-Preisbindung abgezeichnet – dies wurde heute bestätigt: Die ABDA-Mitgliederversammlung kann die Pläne vom Minister nicht mittragen, solange die Gleichpreisigkeit nicht gewährleistet ist.

Die Sorge der Kammern und Verbände dreht sich nicht einmal nur um die EU-Versender, sondern auch um die deutschen Versender. Die drohen schon seit dem EuGH-Urteil damit, sich das Recht auf Rx-Boni zur Not juristisch erstreiten zu wollen und haben dieses Ziel in mehreren Interviews in den vergangenen Tagen erneuert.

Neuer Plan ohne Boni-Deckel und Marktanteil-Grenze

Und so entschlossen sich die Vertreter der Kammern und Verbände kurzum, für Spahn einen Gegenvorschlag zu erarbeiten. Erster und wichtigster Punkt darin: die Erhaltung der Gleichpreisigkeit. Die Apotheker wollen zwar Spahns Vorschlag aufgreifen, die Arzneimittelpreisverordnung ins SGB V zu transportieren. Zugleich soll allerdings ein striktes Rx-Boni-Verbot gegenüber GKV-Versicherten festgeschrieben werden – mit Sanktionsmöglichkeiten.

Die restlichen von Spahn vorgeschlagenen Punkte sollen durch die ABDA-MV weitestgehend bestätigt worden sein: Die freie Apothekenwahl soll bei der Einführung des E-Rezeptes gewährleistet bleiben, die Notdienstpauschale soll verdoppelt werden, Apotheker sollen neue pharmazeutische Dienstleistungen anbieten dürfen, die die Kassen vergüten müssen. Und: Die Honorar-Verbesserungen wünschen sich die Apotheker nicht nur für Betäubungsmittel, sondern für alle dokumentationspflichtigen Arzneimittel.

Die von Spahn vorgeschlagenen gesetzlichen Definitionen und Festlegungen beim Botendienst sollen nach dem Wunsch der ABDA-MV nicht kommen. Dafür soll das Bundesgesundheitsministerium aber für gesetzliche Maßnahmen zur Verbesserung der Qualität im Versandhandel sorgen.

Beschlossen sind diese Inhalte noch nicht, die ABDA wollte über eventuelle Beschlüsse am heutigen Donnerstagabend informieren. 

Was macht Spahn jetzt?

Spahn hatte nach der Vorstellung seines Plans im Dezember und auch beim Deutschen Apothekertag im Herbst 2018 immer wieder betont, dass er gemeinsam mit den Apothekern diskutieren und an einer Lösung des Versandhandelskonfliktes arbeiten wolle. Gleichzeitig soll er den Apothekern allerdings auch immer wieder zu verstehen gegeben haben, dass er seinen Reformplan nur als Ganzes durchbringen wolle und die Eckpunkte – also auch die Honoraranpassungen – fallenlassen werde, falls die Apotheker protestieren.

Beschließt die ABDA am heutigen Donnerstag ihren eigenen Plan B, liegt der Ball wieder im Feld des Ministers. Lehnt er die Vorschläge der Apotheker ab, um seinen eigenen Plan weiterzuverfolgen, droht ihm allerdings auch politischer Widerstand: Nach Informationen von DAZ.online hat der Minister schon am morgigen Freitag einen Termin in der AG Gesundheit der Unionsfraktion, zu der er selbst gehört. Einige seiner Fraktionskollegen hatten bereits im Dezember, also kurz nach Bekanntwerden der Eckpunkte, erklärt, dass sie die gesetzliche Fixierung von Rx-Boni nicht dulden wollen.



Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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7 Kommentare

Immerhin

von Michael Staesche am 18.01.2019 um 9:04 Uhr

Offenbar ein gutes und konstruktives Vorschlagspaket, mit dem die Apotheker nicht mehr nur als "Besitzstandswahrer" dastehen. Schade, das die öffentliche Meinung, wenn überhaupt, nur die Aufgabe des Rx-VV berichtet (was ja nicht mal stimmt). Mal sehen, was Jenne jetzt macht, denn ich erwarte nicht, das die Versender ein Milliardengeschäft so einfach aufgeben. Hat Lauterbach eigentlich schon was gesagt?

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Vernünftiger Vorschlag

von Thomas Kerlag am 17.01.2019 um 22:43 Uhr

Wird nicht durchgewinkt. Denn das könnte irgenwann dazu führen, daß man irgenwann angemessen für seine Arbeit bezahlt wird. Passt nicht zum Zeitgeist, mit Arbeit noch Geld verdienen zu wollen.

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... und wie verfahren wir bei den Privatpatienten??

von Kathrin Storch am 17.01.2019 um 17:37 Uhr

Die Verankerung im SGB ist tatsächlich eine „alte“ Forderung, aber was lange währt ...
Wo wollen wir denn die Boni gegenüber Privatpatienten verbieten ? Vielleicht könnten die Privatversicherer erklären, dass sie das für GKV-Patienten geltende Recht in diesem Bereich für & gegen sich gelten lassen...

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AW: Antwort

von Klahn, Dominik am 17.01.2019 um 17:52 Uhr

Nach meiner Kenntnis sind Privatpatienten verpflichtet, erhaltene Vorteile (z.B. durch RX-Boni) gegenüber ihrer Krankenversicherung anzugeben und dieser weiterzureichen. Andernfalls bewegen sich Privatpatenten und Beihilfeberechtigte nahe an einem Betrugstatbestand. Insofern sind Privatversicherte nicht die Zielgruppe für RX-Boni.

AW: Gilt nur eingeschränkt!

von Stefan Haydn am 17.01.2019 um 19:33 Uhr

Gerade Privatversicherte mit Selbstbehalt sind nach meiner Erfahrung anfällig für die Boni im RX-Bereich.
Egal ob Selbständig oder Beamter beihilfeberechtigt.

"Ich muss ja als Privatversicherter auch sehen wo ich sparen kann, da ich bei jedem Rezept Abzüge habe" (Beamtin mit Beihilfe, also sozusagen der Zuzahlungsanteil).
Oder "Mein Selbstbehalt ist so hoch, dass ich quasi eh nichts einreichen kann, dann muss ich halt so sparen"
Wie gesagt, Original in der Apotheke so vernommen.

Da hilft die Bereicherungstheorie gar nicht.

Vernünftiger Vorschlag

von Klahn, Dominik am 17.01.2019 um 17:09 Uhr

Die ABDA hat lange am Verbot des Versandhandels mit RX-Arzneimitteln festgehalten. Auch wenn das Verbot von vielen Branchenvertretern von Beginn an als schwer durchsetzbar gesehen wurde, so wurde noch auf die Zusage im Koalitionsvertrag vertraut, als längst antizipierbar war, dass sich ein von Herrn Spahn geführtes Bundesgesundheitsministerium auf gar keinen Fall für ein solches Verbot einsetzen wird. Der jetzige Gegenvorschlag ist vernünftig - wenngleich auch nicht neu, diverse Stimmen aus dem Markt haben diesen bereits ähnlich gleich nach dem EUGH-Urteil formuliert. Ich hoffe, dass Bundesgesundheitsminister Spahn diesen Vorschlag nun ohne weitere Bedingungen aufgreifen wird.

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AW: Vernünftiger Vorschlag

von Ulrich Ströh am 17.01.2019 um 18:11 Uhr

Richtig ist, dass der der ABDA-Vorschlag vernünftig erscheint.
Und durchaus Mut zur Abstimmung und Umsetzung erfordert.

Spahn wird den Vorschlag nicht einfach so durchwinken . Und der Bundestag auch nicht...

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