CDU-Politiker besucht Apotheke

Sorge: Apotheker müssen lauter werden

Berlin - 04.03.2019, 10:15 Uhr

Der CDU-Politiker Tino Sorge (re.) im Gespräch mit Sabine Kuberski und David
Alkewitz in der Schloss-Apotheke in Calbe. (m / Foto: Katrin Pohl)

Der CDU-Politiker Tino Sorge (re.) im Gespräch mit Sabine Kuberski und David Alkewitz in der Schloss-Apotheke in Calbe. (m / Foto: Katrin Pohl)


Dass die „Apothekerlobby“ zu den einflussreichsten Interessengruppen im Gesundheitswesen gehört, hält sich nach wie vor als Gerücht in der Bevölkerung. Doch zumindest in Teilen der Politik wird das gar nicht so erlebt: Der CDU-Gesundheitsexperte und Bundestagsabgeordnete Tino Sorge besuchte vergangene Woche eine Apotheke und gab den Apothekern nach seiner Visite den Tipp: Werdet lauter gegenüber der Politik und den Krankenkassen!

Der CDU-Gesundheitsexperte Tino Sorge (Wahlkreis Magdeburg) hat in der vergangenen Woche eine Landapotheke in Calbe (Sachsen-Anhalt) besucht. Sorge sitzt seit 2013 im Bundestag und ist Mitglied des Gesundheitsausschusses. In der AG Gesundheit seiner Fraktion ist er für die Themen Digitalisierung und Gesundheitswirtschaft zuständig. Für seinen Besuch hat sich Sorge eine Filialapotheke ausgesucht: Die beiden Pharmazeuten Sabine Kuberski und David Alkewitz betreiben rund um die Kleinstadt Calbe insgesamt drei Apotheken, in einer davon trafen sich die Apotheker mit dem Bundestagsabgeordneten.

Ein für jeden Apothekeninhaber relevantes Thema ist die Nachfolgersuche. Die Apothekenbesitzer schilderten die Problematik im Apothekenmarkt am eigenen Beispiel. Denn laut einer Mitteilung der Landesapothekerkammer ist der 30-jährige David Alkewitz erst seit zwei Monaten Mitinhaber und wird langfristig die drei Apotheken allein besitzen. Apothekerin Kuberski (64) wolle in spätestens zwei Jahren ausscheiden. „Die Situation hier ist nicht leicht. David Alkewitz hatte erst im November 2018 die Stadt-Apotheke übernommen. Das war ein Glücksfall. Die bisherige Eigentümerin war schon fast 70 Jahre alt und suchte seit Jahren einen Nachfolger, ehe sie endlich fündig geworden ist“, so Kuberski.

Alkewitz selbst erklärt seine Motivation, sich in jungem Alter selbstständig zu machen, so: „Ich bin hier geboren und war jahrelang in der Industrie tätig. In diesem Job fehlte mir allerdings der direkte Kundenkontakt. Unser Nachwuchs war schließlich der Grund für die Veränderung. Meine Frau ist weiterhin als Apothekerin in der Industrie beschäftigt. Aber beide in diesen Jobs, das funktionierte nicht. Wir konnten nicht verlässlich planen. Also bin ich den Schritt in die Selbstständigkeit gegangen, wohl wissend, dass große Veränderungen auf die Apotheken zukommen werden.“

Sorge: Apotheker müssen sich stärker positionieren

Der Kammer-Mitteilung zufolge begrüßte der CDU-Politiker Tino Sorge die „proaktive Strategie der Apotheker“, mit der sie sich für eine langfristige und sichere Versorgung einsetzen. Offenbar hat Sorge aber das Gefühl, dass die Apotheker die problematischen Entwicklungen in ihrem Markt nicht richtig kommunizieren: „Doch ich vermisse die lautstarken Stimmen. Sie müssen viel deutlicher nach außen tragen, wo es drückt. Einerseits, um gegenüber den Krankenkassen eine stärkere Macht zu sein und andererseits, um der Politik noch deutlicher zu sagen, wie schwer Sie es in Ihrem Alltag haben.“

Alkewitz sprach mit dem CDU-Digitalisierungsexperten auch über technische Probleme. So habe seine Apotheke kein stabiles Internet. „Wie soll ich bei Securpharm prüfen, ob das Arzneimittel echt ist? Wir brauchen zuerst eine zuverlässige und schnelle Internetverbindung. So lange wir im Datennetz noch so abgehängt sind, wird sich wenig digital entwickeln können. (…)“, sagte der Apotheker. Ihm sei auch klar, dass die Apotheker weitere Leistungen anbieten müssen, um gegenüber der Versand-Konkurrenz bestehen zu können. „Selbst wenn die Politik dafür sorgt, dass überall gleiche Preise für Arzneimittel gelten und Boni nicht gegeben werden dürfen, so weht uns doch ein starker Wind ins Gesicht. Aber wir werden für unsere Patienten Wege finden, damit eine sichere und zuverlässige Versorgung und persönliche Betreuung gewährleistet bleibt.“

Tino Sorge erklärte dazu: „Es gibt bereits erste Modellprojekte, wo der Patient sein digitales Rezept vom Arzt erhält, das er in einer Apotheke seiner Wahl einlösen kann.“ Laut Kammer-Mitteilung versprach der Politiker, „weiterhin ein offenes Ohr für die Belange der Apotheker zu haben“.



Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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2 Kommentare

Ich glaube eher,

von Lars am 04.03.2019 um 11:15 Uhr

dass die Politik sich mal wieder mehr dafür interessieren müsste, was um sie herum passiert. Wieso muss der Bürger immer schreinen und Missstände kundtun, ist es nicht Aufgabe der Politik diese zu erkennen und zu beseitigen. Vor allem wenn man so viele Berater beschäftigt. Aber halt, es interessiert in der Politik einfach niemanden. Es ist nur noch interessant welchen Anschlussjob man als Politiker bekommen kann und danach wird Politik gemacht. Und dann wundert man sich über geringe Wahlbeteiligung. Man kann nur mit dem Kopf schüttel.
Und jetzt nochmal für jeden einzelnen Politiker, wenn man mit einem Honorarsystem arbeitet, das seit 2004 nur minimalst angepasst wurde, wie soll das System denn noch funktionieren. Da muss niemand laut schreien, das sagt einem schon der gesunde Menschenverstand, bzw. sollte einem zumindest sagen.

» Auf diesen Kommentar antworten | 1 Antwort

AW: Ich glaube eher

von Christian am 05.03.2019 um 12:15 Uhr

Richtig!

Mal davon abgesehen würde es mich interessieren, warum Politiker immer in große und moderne Apotheken geführt werden, die eher wie kleine Supermärkte als die typische Apotheke "um die Ecke" aussehen. Denn gerade die kleinen unscheinbaren "alten" Apotheken haben auch die größten Rezeptumsätze (RX), da die Leute sehr preisbewusst sind und dann eher Online oder bei Großapotheken einkaufen.
Die Politiker sollen ruhig mal sehen, dass es kleine Apotheken gibt, die ums Überleben kämpfen und nicht nur große und moderne Apotheken, die vermutlich Umsätze von mehreren Millionen EUR haben und somit kaum dazu dienen können, die Politiker von unseren Nöten zu überzeugen. Gerade die Apotheken, die einen hohen RX Rezeptanteil haben, sollten entsprechend honoriert werden.
Unsere Standesvertretung ist ein Witz, es wird von irgendwelchen Honoraren für irgendwelche Zusatzleistungen gesprochen, die kleine Apotheken gar nicht anbieten können.

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