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Sponsoring durch die Pharmabranche
Lassen Schweizer Apotheker sich kaufen?
In der Schweiz greift die pharmazeutische Industrie tief in die Tasche, um Ärzte, Krankenhäuser und auch die Apotheken mit Spenden, Honoraren, Reisekosten und Sponsoring in die jeweils gewünschte Richtung zu lenken. Ein Recherche-Netzwerk schafft nun Transparenz, wer wieviel bekommen hat. Auch Apothekerverbände stehen auf der „Payroll“.
Sponsoring von Ärzten, Krankenhäusern und Organisationen durch Pharmaunternehmen ist auch in der Schweiz an der Tagesordnung. Das zeigt eine Analyse von Daten über geldwerte Leistungen an die Gesundheitsberufe und Organisationen von 60 Pharmaunternehmen, die diese gemäß dem Pharma-Kooperations-Kodex (PKK) des Verbandes Scienceindustries seit 2015 offengelegt haben.
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Das Schweizer Medienportal „blick.ch“ hat die Daten gemeinsam mit „Beobachter“, „Handelszeitung“ und „Le Temps“ in aufwendiger Kleinarbeit ausgewertet und durchsuchbar gemacht. Die Ergebnisse werden nun über das Portal www.pharmagelder.ch für jedermann zur Verfügung gestellt. „Pharmagelder Schweiz“ ist ein Projekt des Ringier Axel Springer Research Networks, in dem Journalisten verschiedener Medien bei transnationalen, datengetriebenen oder investigativen Projekten zusammenarbeiten. Aus Deutschland gehören „Welt“ und „Bild“ dem Netzwerk an.
Unispitäler strichen am meisten ein
Das Ergebnis: Während im Jahr 2015 an Entscheider in der Gesundheitsbranche 140,6 Millionen Franken ausgeschüttet wurden, waren es zwei Jahre später schon rund 162,6 Millionen Franken, fast 16 Prozent mehr. Unter den Organisationen, die 2017 am meisten einstrichen, werden die Unispitäler Basel, Lausanne und Zürich sowie die Inselgruppe angeführt, zu der auch das Berner Unispital gehört. Sie, beziehungsweise namhafte Mediziner, hätten jeweils deutlich über 2 Millionen Franken erhalten.
„Heikle Zone“ Apotheken-Branche
Auch
an die Apotheken-Branche sollen große Geldbeträge von Pharmafirmen gegangen sein.
Dabei stelle der Pharma-Kooperations-Kodex (PKK) des Verbandes Scienceindustries klar,
dass auch Personen, die Medikamente abgeben, geldwerte Vorteile für die Abgabe
eines Arzneimittels weder gewährt noch angeboten noch versprochen werden dürften.
Lediglich geldwerte Vorteile von „bescheidenem Wert“ und „handelsübliche“
Rabatte seien erlaubt.
Der
Berner Kantonsapotheker und Präsident der Kantonsapothekervereinigung Samuel
Steiner spricht in diesem Zusammenhang von einer „heiklen Zone“. Für ihn liegt
die Problematik „in der Abgrenzung zwischen den handelsüblichen Rabatten und
der Definition von geldwerten Vorteilen“.
Große Summen an Versender und Ketten
Nach den Ergebnissen des Recherche-Netzwerks flossen umso mehr Pharmagelder in den Apothekensektor, je einflussreicher eine Apotheke oder Organisation ist. So habe die Spezialapotheke Mediservice, die Medikamente nach Hause liefert, in den letzten drei Jahren insgesamt fast zwei Millionen Franken kassiert. Auch die Online-Apotheke Zur Rose sei in drei Jahren mit über 25.000 Franken, Spitalapotheken mit rund 54.000 Franken „beglückt“ worden. Die Apotheken-Kette Benu habe 2017 und 2018 von der Pharmafirma Servier jeweils Sponsoringgelder in Höhe von 12.000 Franken bekommen, für „Referenzdienstleistungen, Schulungen und interne Informationen“ zu rezeptfreien Produkten von Servier und laut Benu völlig rechtmäßig.
Zürcher Apotheker bleibt standhaft
Es gebe aber auch Apotheken, die sich quer stellten. Als Beispiel wird die Zürcher Bellevue-Apotheke vorgestellt, laut „Blick“ wegen zahlreicher schweizerischer und ausländischer Laufkundschaft sowie ÖV-Knotenpunkt in einer Top-Lage. „Immer wieder kommen Pharma-Unternehmen auf mich zu und bieten mir Spenden oder Sponsorings an“, erzählt der Inhaber der Bellevue Apotheke Roman Schmid dem „Blick“. Hierfür sollten zum Beispiel gegen Geld nicht rezeptpflichtige Medikamente etwa auf Augenhöhe platziert werden, damit deren Verkaufschancen stiegen. Oder die Firma sollte prominent ausgestellt werden. „Ich könnte meine Schaufenster sehr teuer verkaufen, wenn ich das wollen würde“, bekräftigt der standhafte Apotheker, der sich nicht kaufen lassen will.
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Einmal hat Schmid nach den Recherchen des „Blick“ allerdings auch schon Pharmageld angenommen, und zwar 600 Franken von Pfizer, als Beraterhonorar für einen halben Tag Arbeit, wie Schmid belegen kann. Für Arbeit bezahlt zu werden, findet er angemessen, Geld in Form von Sponsoring anzunehmen dagegen nicht.
96.000 Franken an Dachverband der Schweizer Apotheker
Auch die Standesorganisationen haben übrigens laut pharmagelder.ch keine „weiße Weste“. So soll der Schweizerische Verein der Amts- und Spitalapotheker pro Jahr rund 200.000 Franken von Pharmafirmen angenommen haben. Diverse Apothekerverbände sollen ebenfalls Geld bekommen haben, darunter der Zürcher Apothekerverband im Jahr 2017 ein Sponsoring in Höhe von 20.000 Franken. Der Dachverband der Schweizer Apotheker sehe die Pharma-Zahlungen an Apotheken offenbar nicht kritisch: „Generell sind Apotheker frei in der Gestaltung ihrer Schaufenster und Präsentationsflächen“, habe pharmaSuisse auf Anfrage mitgeteilt. Dabei soll auch der Verband selbst von 2015 bis 2017 mit rund 96.000 Franken von der Pharmaindustrie bedacht worden sein.
Scienceindustries entrüstet: zu Unrecht unter Generalverdacht
In
einem aktuellen Statement verwehrt sich der Verband Scienceindustries mit
Nachdruck gegen den Vorwurf „so kauft die Pharma-Industrie unsere Ärzte“, mit
dem die Ringier Medien die Datenbank „pharmagelder.ch“ öffentlich lanciert hat.
Richtig sei, dass Ärzte, Apotheker, Spitäler und weitere
Forschungsinstitutionen für ihre Kooperationsaufwendungen von der Industrie
angemessen abgegolten würden. Denn für die Erforschung und Entwicklung neuer
Behandlungen und Therapien sei der Austausch zwischen Pharmaunternehmen und den
genannten Akteuren unverzichtbar, betont der Branchen-Dachverband. Diese
Zusammenarbeit sei von großer Bedeutung für den pharmazeutischen Fortschritt
und damit im Sinne der Patienten. Seit 2015 legten etwa 60 Pharmafirmen ihre
Kooperationsabgeltungen auf freiwilliger Basis offen, um das öffentliche
Vertrauen in die Beziehungen zu fördern.
Die Darstellung des „Blick“ findet Scienceindustries
angesichts dessen „umso mehr enttäuschend und irritierend“. Sie stelle tausende
von Personen zu Unrecht unter einen Generalverdacht.
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