Die letzte Woche

Mein liebes Tagebuch

28.04.2019, 07:45 Uhr

Wie fällt die ABDA-Stellungnahme zur Spahnschen Apothekenreform aus? Darüber wird heiß diskutiert. (Foto: Andi Dalferth)

Wie fällt die ABDA-Stellungnahme zur Spahnschen Apothekenreform aus? Darüber wird heiß diskutiert. (Foto: Andi Dalferth)


24. April 2019

Und überhaupt, die Versender sehen sich schon jetzt als Hauptprofiteure des E-Rezepts. Die mit dem Bundesverband der Versandapotheker „befreundete“ Marketingagentur Dr. Kaske hat schon mal eine Umfrage und Studie lanciert, mit der Pflöcke eingerammt werden sollen: Schaut her, so sehen die Auswirkungen der digitalen Verordnungen auf den Apothekenmarkt aus. Im schlimmsten Fall könnte die Apothekenzahl bis 2020 auf unter 12.000 sinken, u. a. deswegen, weil immer mehr Versicherte ihr E-Rezept direkt an Versender schicken (lassen). Das sieht die Marketingagentur übrigens als „vollen Erfolg“, wenn die Ärzte E-Rezepte „direkt an DocMorris, Shop Apotheke oder Amazon“ senden. Außerdem würden die digitalen „Vor-Ort-Konzepte“ nicht zünden, weil sich die Apotheker in „Grabenkämpfen“ verlieren, meint die Dr. Kaske-Agentur. Mein liebes Tagebuch, da wird mit Wunschvorstellungen Stimmung gemacht. Denn es ist und es soll verboten bleiben, dass Ärzte das E-Rezept direkt an eine Apotheke versenden. Und das soll so bleiben. Punkt. 


Gegen Grippe impfende Apotheker – Spahn kann sie sich vorstellen, die Ärzte poltern dagegen, die ABDA hadert damit. Doch konkrete Prognosezahlen des Gesundheitsökonomen Professor May zeigen, dass es ökonomisch und für die Volksgesundheit sinnvoll sein könnte, wenn Apotheker die Grippeschutzimpfung setzen. Nach seinen Berechnungen erspart es der Volkswirtschaft Kosten in Höhe von rund 800 Mio. Euro, es gibt 900.000 weniger grippebedingte Krankheitsfälle und rund 40 Tote weniger. Belege für den Nutzen findet der Gesundheitsökonom in  Ländern, in denen Apotheker bereits impfen dürfen, beispielsweise in England, Irland, Kanada, in der Schweiz. May ist überzeugt, die Menschen würden das Angebot der Apotheker annehmen, da es einen niedrigschwelligen Zugang für die Patienten bietet. Mein liebes Tagebuch, und mal jenseits aller Emotionen für und gegen das Impfen: Die Zahlen zeigen die immensen Vorteile. Lustig: mittlerweile haben sich sogar die Zahnärzte zu Wort gemeldet und meinen, wenn schon andere impfen dürften, dann wohl am ehesten sie. Ah ja, da haben sie wohl den fehlenden niedrigschwelligen Zugang zur Impfung vergessen…


Spahn will, so der Entwurf seines Apothekenreformgesetzes, das Rx-Boni-Verbot aus dem Arzneimittelgesetz streichen. Noch steht es im Arzneimittelgesetz: Der § 78 (Abs. 1, Satz 4) überträgt die Rx-Preisbindung auf die Versender und ist somit der EU ein Dorn im Auge ist. Denn das EuGH-Urteil besagt: EU-Versender müssen Rx-Boni anbieten dürfen. Der Paragraph 78 ist daher nicht mit EU-Recht kompatibel. Mit der Streichung dieses Paragraphs wäre das EU-Werk vollendet. Doch davon raten etliche Kammern und Verbänden ab, wie z. B. die Landesapothekerkammer Hessen. In einer Stellungnahme dazu warnt diese Kammer ausdrücklich davor, § 78 Abs. 1 Satz 4 AMG zu streichen, zumal dazu auch noch vor dem Oberlandesgericht (OLG) München ein Verfahren anhängig ist. Dieses Verfahren könnte letztlich dazu führen, dass die vom EuGH vermissten Belege für ein neuerliches Verfahren in Luxemburg nachgereicht werden können, Belege, die deutlich machen, dass der einheitliche Apothekenabgabepreis für ausländische Versandapotheken geeignet und erforderlich ist, die flächendeckende Versorgung der Bevölkerung mit Rx-Arzneimitteln sicherzustellen. Würde aber die Regelung im AMG gestrichen, hätte sich das Verfahren vor dem OLG erledigt. Und damit wäre eine große Chance vertan. Hinzukommt, auch darauf weist die hessische Kammer hin, dass die vom BMG geplante Alternative eines Boni-Verbots im SGB V nicht für Privatversicherte gelte. Also, mein liebes Tagebuch, demnach gibt es keine Alternative: § 78 muss bleiben – worauf wartet die ABDA?



Peter Ditzel (diz), Apotheker / Herausgeber DAZ
redaktion@deutsche-apotheker-zeitung.de


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7 Kommentare

UNgereimtheiten

von Dr.Diefenbach am 28.04.2019 um 23:07 Uhr

Es ist nach wie vor im Raum,dass sich offenbar einige Apothekenleiter lange um Notdienste drückten.So entnehme ich das den Aussagen des Kollegen Ströh.Und nun?Was passiert da??Es hofft sicher mancher,dass man das Thema bald vergisst und in kurzer Zeit das Interesse an DIESER Sache erloschen ist.Genau derartige Muster wie offenbar im "Fall Friese"(nochmals:FALLS das stimmt) führen doch innerhalb des Berufes zu Wahlmüdigkeit,Misstrauen,Abwendung von der Tagespolitik.Mögen auch die Anlässe gar nicht "so schwer" wiegen-der Mensch sucht sich ja Vorbilder.Und wenn ein ABDA Chef halt an den Gegebenheiten der anderen vorbeisegelt,DANN ist eben Aufklärung gefragt.Hier ist nichts (mehr) justitiabel,das spielt auch nicht die grosse Rolle,es geht um Transparenz.Und Ehrlichkeit.Diese verdammte Egomanie,dieses "Sichbesserstellen" als andere-es widert einen an.Und leider lebt einem das auch dieser Herr Spahn vor,der Herr Lauterbach genauso,und unsere Berufsspitze. in Teilen .Eine krachende Niederlage am 2.5. für Rumgeeierentscheidungen,eine klare Rückkehr zur VV -Forderung OHNE Wenn und Aber,das schafft vielleicht wieder etwas mehr Vertrauen.Und natürlich der Abtritt einiger Entscheider.Und zwar jetzt!!

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Existenzgefährdung

von Reinhard Rodiger am 28.04.2019 um 13:56 Uhr

Es ist doch absurd, zu glauben, eine Forderung nach höherer Vergütung würde ohne Beleg "wofür ? " akzeptiert werden können.Besonders gilt das für die, die ein erhöhtes Leistungsvolumen mit unklarer Honorierung vor sich haben. Und hierbei mit verschärftem Kammergang rechnen müssen.
Etwa wie " kammergenehme Apotheken , die nicht nach Kosten fragen müssen" bekommen Zuweisungen.Natürlich der indirekten Art über sonst unverdauliche Schikanen.
Das mag noch ein wenig pointiert sein, doch die existenzielle Gefahr wird deutlich.
Diese unklare Verhandlungsgrundlage ist der Tausch für die Basisfinanzierungsanpassung und die allein durch Rx-VV
erreichbare Gleichpreisigkeit.
Das ist Existenzgefährdung erster Klasse.

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ABDA gegen die eigenen Leute

von Karl Friedrich Müller am 28.04.2019 um 13:31 Uhr

Die Journalisten der DAZ haben eine neues Fremdwort gelernt, nun heißt es, es möglichst häufig einzusetzen.
Bin gespannt, was wir die nächsten Wochen noch lernen werden :))

Medien und Presse bringen an vorderster Stelle die Horrormeldung, dass Bäcker und Metzgerbetriebe schließen und „das soziale Gefüge gefährdet“ sei.
Über sterbende Apotheken berichtet allenfalls das Wochenblättle.
Es gibt doch jede Menge Bäcker und Metzger. In den Einkaufszentren. Dann müssen wir aber den Industriemüll futtern, weil das Handwerk, das Wissen, wie qualtitativ hochwertige Nahrung produziert wird, nicht weitergegeben wird.
Sind Apotheken in der öffentlichen Wahrnehmung nichts wert?

Wozu ist die ABDA eigentlich da?
Sie ignoriert die Basis, Gutachten von Experten, lobt kritiklos und undurchdacht Gesetzesvorhaben von Politikern, die nichts weniger als den totalen Umbruch und Zerstörung der vorhandenen Strukturen beabsichtigen.
Nun auch noch die Länderliste? Soll nun jeder geldgeile Scharlatan nach Deutschland liefern? Dann können wir Securpharm gleich abschalten.
Haftet die ABDA für den Schaden, den sie anrichtet? Immerhin ohne Rückendeckung, gegen Sinn und Verstand. Fahrlässig würde man das wohl beschönigend nennen.
Erst Dienstleistungen angemessen bezahlen, die wir jetzt schon erbringen. Da stimme ich Frau Peter zu.
Nebulöse Versprechen für ungesicherte Honorare, die nie kommen werden, sind abzulehnen.

Warum dürfen seit Kanzler Schröder Politiker immer offener Politik gegen die eigene Bevölkerung machen, wie Spahn hier im Gesetzesvorhaben? Weil Abgeordnete nicht wissen, was sie tun, worüber sie wirklich abstimmen und die Folgen erst viel später sehen? Weil sie niemanden aus dem Volk, den „kleinen Mann“ gar nicht kennen (wollen)?
Ein Wahlplakat der CDU mit einem unbekannten Bewerber wirbt mit dem Spruch: von hier.
Das ist also der Grund, warum ich ihn wählen soll, weil er „von hier“ ist?
Geht es noch inhaltsleerer und desinteressierter? Weil er sowieso gewinnt? Die anderen Parteien sind aber nicht besser.

Zuletzt. Ich wusste gar nicht, dass es Zweigapotheken gibt, die nicht alle Anforderungen einer Apotheke erfüllen muss. Find ich schon krass. Gleiches Recht für alle.

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Gesamtsituation

von Conny am 28.04.2019 um 9:17 Uhr

Zu Friese : hier kommt die ganze Duckmäuserei der Apothekerschaft zum Tragen. Zu Spahn : er macht alles für sich persönlich richtig, hat nach der Politik ausgesorgt. Zur ABDA : F. Schmidt erinnert mich an Fantomas, Schmidt reißt sich seine Gummimaske runter, und Max Müller kommt zum Vorschein. Anders ist die Politik von Schmidt nicht zu verstehen.

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Pharmazeutische Dienstleistungen

von Anita Peter am 28.04.2019 um 9:04 Uhr

Wie wäre es wenn mit dem Betrag X erstmal alle bisherigen kostenlosen pharmazeutischen Dienstleistungen anständig honoriert werden, bevor wir irgendwelchen neuen, nicht kostendeckenden, Hokuspokus erfinden?
Niemand ruft im Versand an und lässt sich beraten. Das findet alles KOSTENLOS vor Ort statt.
Deswegen -> Einführung einer Strukturpauschale! 350 Mio in diesen Fonds und Verteilung zu GLEICHEN Teilen an die Vor Ort Apotheken. Das stärkt nachhaltig die flächendeckende Versorgung.
Zu dem ganzen Preisbindungsgeschwurbel fällt mir nur eines ein -> RXVV!

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Zweige aus Unna

von Ulrich Ströh am 28.04.2019 um 8:47 Uhr

Es soll ja 14 Zweigapotheken in Deutschland geben.
Man sollte diese Apothekenliste transparent machen.

Und aufzeigen ,warum und wie man ohne Labor arbeitet.

Machen alle Zweigapotheken in Deutschland keinen Nachtdienst?

Schnell mehr Licht bitte und die Frage der Verantwortung klären.

Ein Büroversehen der Kammer WL ist das nicht.

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„Demokratie beinhaltet die Notwendigkeit, sich gelegentlich den Ansichten anderer Leute nicht zu beugen.“

von Christian Timme am 28.04.2019 um 8:30 Uhr

Herr Minister Spahn hat sich durch sein bisheriges Vorgehen und durch seine zum Teil nicht der Sache dienlichen Vorschläge mehr gegen als für die Apotheke positioniert. Es zeichnet sich im Moment keine in sich konsistente Lösung ab, der bekannte „Schwebezustand“ wird nur in eine unbekannte Verlängerung „getragen“. Der zusätzlich aufgebaute Zeitdruck ist dem Gesamtprozess nicht dienlich. Einer „unfähigen Politik“ der der selbstauferlegte „Balanceakt“ zwischen Inland und EU und Gesundheit und Wettbewerb entglitten ist, sollte sich wieder an Werten und nicht an „Eingriffen“ orientieren. Wäre die Gesundheitspolitik ein Kraftfahrzeugführer ... dürfte die Fahrerlaubnis „schon länger weg sein“ ... denn damit wird das Niveau eines „Autoverkäufers“ angestrebt. Meiner „Dieselgesundheit“ wünsche ich für diese Zukunft „mehr als Glück“ ... dieser Mitgliederversammlung ebenfalls ...

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