Was ist zu beachten?

Sichere Arzneimitteltherapie auch während des Ramadan

Bonn - 03.05.2019, 17:55 Uhr

Viele Apotheken bieten auch fremdsprachige Beratung an, das kann in manchen Fällen Medikationsfehler, die auf Verständigungsproblemen basieren, verhindern. (j / Foto: imago images / Becker&Bredel)

Viele Apotheken bieten auch fremdsprachige Beratung an, das kann in manchen Fällen Medikationsfehler, die auf Verständigungsproblemen basieren, verhindern. (j / Foto: imago images / Becker&Bredel)


Besonders kritisch: Wirkstoffe mit enger therapeutischer Breite

Schätzungsweise 60 bis 80 Prozent der Muslime nehmen ihre Medikamente während des Ramadan anders ein als gewohnt. Das Problem: Ohne Rücksprache mit den versorgenden Apothekern oder dem behandelnden Arzt wird die Arzneimitteleinnahme eigenständig angepasst. Dabei werden Schätzungen zufolge meistens Einzeldosen ganz ausgelassen oder auf zwei Einnahmezeitpunkte verteilt, vor Sonnenaufgang und nach Sonnenuntergang.

Bei einigen Arzneistoffen sollte während des Fastens eine eventuelle Substitution, eine Dosisanpassung oder auch veränderte Einnahmezeitpunkte gar nicht oder nur mit großer Vorsicht und immer in Rücksprache mit dem behandelnden Arzt stattfinden. Gewisse Antiepileptika, Immunsuppressiva, Zytostatika, Antiarrhythmika oder auch das Antihypertonikum Nifedipin eignen sich nur bedingt für einen Austausch oder geänderte Einnahmezeitpunkte. Grund dafür ist die geringe therapeutische Breite und/oder starke interindividuelle Blutspiegel-Schwankungen.

Welche Wirkstoffe sind betroffen?

Bei diesen Arzneimitteln (Tabelle 1) gibt es nur einen schmalen Spielraum, um eine therapeutisch wirksame Konzentration zu erreichen. Eine Unterdosierung kann zu einer unwirksamen Behandlung führen. Andererseits kann auch eine Überdosierung auftreten, zum Beispiel wenn statt zwei erforderlicher Tagesdosen diese auf einmal eingenommen werden. Für den Therapieerfolg ist vor allem das Erreichen des pharmakokinetischen Gleichgewichtes („steady state“) wichtig. Das pharmakokinetische Gleichgewicht wird bestimmt durch die Balance von Arzneistoffaufnahme und Arzneistoffelimination. Durch Dosisänderung oder das Auslassen einer oder mehrerer Einzeldosen muss sich das pharmakokinetische Gleichgewicht neu einstellen. Somit können veränderte Einnahmezeitpunkte großen Einfluss auf die Arzneimittelwirkung haben, da der Plasmaspiegel in den subtherapeutischen Bereich absinken kann. Das Medikament besitzt dann im schlechtesten Fall keinen therapeutischen Effekt mehr. Aber gerade bei solchen Arzneistoffen ist die Compliance des Patienten extrem wichtig und bei einer Langzeittherapie ist ein gleichmäßiger Plasmaspiegel des Medikaments therapeutisch unbedingt erforderlich.

Beispiele von Arzneistoffen mit geringer therapeutischer Breite

AntibiotikaGentamicin, Tobramycin, Vancomycin
HerzglykosideDigoxin, Digitoxin
AntiepileptikaPhenytoin, Carbamazepin, Oxcarbazepin, Valproinsäure, Ethosuximid
ZytostatikaMethotrexat
ImmunsuppressivaMycophenolat, Ciclosporin A, Tacrolimus, Sirolimus, Everolimus
AntipsychotikaQuetiapin, Aripiprazol, Clozapin, Olanzapin
Antidepressiva Amitriptylin
AntimykotikaVoriconazol, Fluconazol, Itraconazol
Antiarrhythmika Amiodaron, Dronedaron, Flecainid
AnalgetikaParacetamol, Salicylate, Opioide


Lars Peter Frohn, Apotheker, Autor DAZ.online
radaktion@daz.online


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2 Kommentare

Ramadan

von Roland Mückschel am 06.05.2019 um 12:03 Uhr

Darf man hier auch sagen dass
einem das Wurst ist oder ist man
dann ein übler Nazi?

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Immer wieder?

von Stefan Haydn am 03.05.2019 um 19:46 Uhr

Muß das Thema jedes Jahr erneut durchgekaut werden?
Bis repetitia non placet!
Bisher war noch nie etwas Neues dabei und wer bisher beratungsresistent war, wird dies auch diesmal bleiben!

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