Die letzte Woche

Mein liebes Tagebuch

05.05.2019, 07:40 Uhr

Gesetz zur Stärkung der Vor-Ort-Apotheken – im Gespräch bleiben will die ABDA mit Spahn. Da kommt eine heiße Phase auf uns zu. (Foto: Andi Dalferth)

Gesetz zur Stärkung der Vor-Ort-Apotheken – im Gespräch bleiben will die ABDA mit Spahn. Da kommt eine heiße Phase auf uns zu. (Foto: Andi Dalferth)


3. Mai 2019 

Nach der ABDA-Mitgliederversammlung findet am darauffolgenden Tag der Bayerische Apothekertag in Bamberg statt. Kammerpräsident Benkert und Verbandschef Hubmann bringen das taufrische Berliner Ergebnis mit – stolz auf die Einstimmigkeit des Beschlusses. Denn kritische Mitglieder habe man einfangen können, meint Hubmann. Mein liebes Tagebuch, kann man so sehen, macht vielleicht Wirkung auf Spahn, vielleicht auch nicht. Jedenfalls verströmen die bayerischen Lokalmatadoren die Hoffnung, im Gespräch mit Spahn bleiben zu können, um § 78 AMG zur Rx-Preisbindung erhalten zu können. Was sicher nicht alle Apothekers so optimistisch sehen. In der berufspolitischen Veranstaltung in Bamberg wird deutlich, dass sich wohl einige ein energischeres Auftreten gegen Spahn gewünscht hätten und die klare Ansage, wir wollen ein RxVV. Aber, so macht Benkert klar: „Ein RxVV will Spahn nicht, da haben wir null Erfolgsaussichten.“ Und Hubmann ergänzt: „Wir haben kein Blockaderecht, wir können den Minister nicht zwingen.“ Tja, mein liebes Tagebuch, wie wahr, wir können Spahn auch nicht „an die Gurgel gehen“ – aber er muss spüren, dass dieser Paragraph im AMG existenziell für uns ist. Und wenn er nicht spüren will, müssen wir an alle Abgeordneten ran und sie von unserem Anliegen überzeugen. Denn über Gesetze stimmt nicht der Minister ab, es kommt darauf an, Mehrheiten zu finden für unsere Forderungen. Wir können beispielsweise die wackere bayerische Gesundheitsministerin Melanie Huml und die taffe CSU-Bundestagsabgeordnete Emmie Zeulner vom Gesundheitsausschuss vorschicken – vor ihnen hat Spahn Respekt. O-Ton Zeulner: „Wenn Huml und ich kommen, versucht Spahn abzuhauen.“ Die beiden trauen sich was. Übrigens mein liebes Tagebuch, was zu denken gibt: Sowohl Huml als auch Zeulner erklärten, dass das von den Apothekern so lange geforderte Rx-Versandverbot weiterhin der Königsweg für sie sei. Das gibt zu denken, denn die ABDA hat diese Forderung inzwischen aufgegeben. Auch die Linken-Bundestagsabgeordnete und Apothekerin Sylvia Gabelmann wird deutlich: Sie kritisiert unsere Berufsvertretung schon seit langem dafür, dass sie sich immer mit der Politik zu arrangieren versucht und nicht auf die Barrikaden geht. Statt eines Deals mit dem Minister wäre es ihrer Ansicht nach besser, Kunden und Patienten auf die Situation der Apotheke aufmerksam zu machen. Auch das erzeuge Druck auf den Minister.


Mein liebes Tagebuch, da gibt es in der Tat noch ein paar Möglichkeiten, politisch Druck zu machen – über unsere Kunden, über die öffentliche Meinung. Selbst wenn ABDA-Vize Arnold  – der auch Vorsitzender des PR-Ausschusses ist – glaubt, dass „der 78er-Satz zur Preisbindung keinen Nachrichtenwert hat“, wie er in der Bayerischen Delegiertenversammlung sagt. Mein liebes Tagebuch, mit Verlaub, ich bin überzeugt, man kann auch einen 78er so in die Welt bringen, dass Medien darauf anspringen, dass Redaktionen und Sender erkennen, welche Sprengkraft fürs Arzneimittelversorgungssystem eine Streichung hätte. Vielleicht sollte sich der PR-Ausschuss-Vorsitzende mal bei guten Agenturen umhören, wie man „schwierige“ Botschaften vermitteln kann. Er würde staunen, was da alles geht – man muss die Anliegen nur richtig verpacken, in anschauliche Bilder, mit verständlichen Worten. Schon klar, dass man der Bevölkerung nicht mit dem „§ 78 Abs. 1 Satz 4 AMG“ kommen kann. Aber das Szenario, das dahinter steckt, wenn er gestrichen wird, das lässt sich sehr wohl kommunizieren. Es hängt die Existenz unseres Apothekensystems, unserer heutigen Arzneimittelversorgung davon ab. Wenn es das alles nicht mehr gibt mit all den Vorteilen und Annehmlichkeiten für die Menschen – wäre doch gelacht, mein liebes Tagebuch, wenn einer guten PR-Agentur da nichts dazu einfällt. Aber in Sachen Öffentlichkeitsarbeit der ABDA gibt’s halt seit Jahren reichlich Luft nach oben. 



Peter Ditzel (diz), Apotheker / Herausgeber DAZ
redaktion@deutsche-apotheker-zeitung.de


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4 Kommentare

Spahn

von Conny am 05.05.2019 um 9:58 Uhr

Nur die Träumer glauben oder haben an Spahn geglaubt. Und davon gibt es bei den Apothekern viel zuviele. Auch die Daz. Wie oft haben Sie mich gelöscht , wenn ich zugegeben hart gegen SS (Schmidt und Spahn ) geschrieben habe. Ich werde nie verstehen warum die Verbindung von Spahn und Max Müller nicht viel mehr publik gemacht worden ist. Aber wir stehen ja Pressemässsig gut da:) . Erinnert mich an den Verteidigungsminister der sagte : ich sehe keine Panzer, und sie fuhren hinter ihm durchs Bild.

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Anzug gegen Versanderlaubnis .. das waren noch Zeiten ...

von Christian Timme am 05.05.2019 um 9:46 Uhr

... in denen Minister über einen Anzug eines Frankfurter Herrenausstatters „stürzten“. Dagegen liest sich die „Vita“ von einem aktuellen Minister der Gesundheit dieser Republik wie das „Übungsgelände“ eines „Investors“ der auf die „Politik der offenen Hand“ getrimmt ist. Wenn die ABDA mit einem „derartigen Subjekt“ im Gespräch bleiben möchte ... erschließen sich mir eher Begriffe wie „Geldkoffer, Zuwendungen und Entsteuerung“ um nur einige ... zu nennen. Die ABDA wäre gut beraten ... nicht in „diesen Gewässern“ zu „fischen“ oder zu „segeln“ ... Riffe gibt es in Berlin sogar schon in der Spree ...

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Ist nur reden ein Erfolg ?

von Ulrich Ströh am 05.05.2019 um 8:46 Uhr

Wenn man heute liest, wie stringent Minister Spahn sein Impfgesetz durchsetzen wird, dann kommen mir Bedenken, ob es schon als Erfolg anzusehen ist, mit diesem Minister Spahn im Gespräch zu bleiben.

Zählbare Erfolge sehen anders aus.

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Politische Entscheidungen

von Karl Friedrich Müller am 05.05.2019 um 8:29 Uhr

Wer hat den Film am Montag gegen 23 Uhr in der ARD gesehen über die Entscheidungen der Agrarkommission der EU? Und wie die zustande kommen? Ein Lehrstück.
Der jeweilige Vorsitzende ist „gut vernetzt“, wie es so schön heißt. Da bedeutet, dass er, sagen wir mal zu vielen Firmen, sehr gute Kontakte hat, in deren Gremien sitzt usw..
Jedenfalls wurde beispielsweise über die Düngung entschieden, Wissenschafter gehört - und dessen Gutachten ignoriert. Weil es großen Agrarfirmen geschadet hätte.
Es wird nicht nur da gegen jede Vernunft entschieden, unsere Umwelt, Lebensmittel und Trinkwasser versaut, weil es großen Konzernen so passt. Und unsere Politiker „nur ihrem Gewissen“ verpflichtet seien. Man hat eher das Gefühl, dass das Gewissen ausgeschaltet ist und der Spruch „zum Wohl des Volkes“ eine hohle Phrase ist, die Demokratie dazu.
Die gewählten und eingesetzten Politiker kommen ihren Aufgaben nicht nach, sind in meinen Augen demokratifeindlich.
Parallelen zur Politik im Gesundheitswesen sind offensichtlich.
Es ist Spahn vollkommen egal, was richtig wäre, Gutachten, seien sie noch so richtig, werden ignoriert, die Folgen für die Bürger sowieso. Er zieht sein Ding durch, mit Lug und Trug. Stur und ignorant, weil er die Interessen eines oder mehrerer Konzerne verfolgt. Er bricht seinen Amtseid.
Um hier zu beeindrucken, bräuchte es mehr als Gutachten, Petitionen oder die ABDA (LOL)
Einen Streik, mit den Ärzten (?) , der von unserer Seite her gesehen eher unwahrscheinlich ist, warten doch genügend „Kollegen“ auf das Abtreten lästiger Konkurrenz.
Ganz problematisch wird es für mich, wenn ich sehe, dass die MV und ABDA die gleiche Strategie wie Spahn und die EU Politiker verfolgen. Kann ich gar nicht so nachvollziehen. Als Vertreter? Was haben die davon? Offensichtlich haben sie auch nicht das Wohl der Basis im Sinn. Noch eine Parallele zur Agrarpolitik, bei der die Vorstände der Bauernverbände ebenso kleine Betriebe wegbeissen, vergessen, dem Ruin Preis geben?
Mit dem Film über politische Entscheidungen,ihr Zustandekommen, deren Durchsetzung und die totale Gewissenlosigkeit der Politiker und die vielen unsinnigen Argumente haben meinem Vertrauen in die Demokratie einen weiteren herben Schlag versetzt.
Ich sehe Spahn auch so. Der will Kanzler werden! Da gnade uns Gott.
Um Spahn mit seinen Plänen aufzuhalten, sollte uns wirklich etwas einfallen. Auf die ABDA können wir nicht zählen.
Es sollte viel öffentlicher werden, wie Politiker ihr Mandat missbrauchen.

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