Österreich

Wettbewerbsbehörde will Bedarfsplanung deregulieren

Remagen - 23.05.2019, 14:00 Uhr

Bald mit Niederlassungsfreiheit? Die Bundeswettbewerbsbehörde in Österreich setzt sich dafür ein, dass die Apotheken in der Alpenrepublik keiner Bedarfsplanung mehr unterliegen. ( r / Foto: imago images / Chromorange)

Bald mit Niederlassungsfreiheit? Die Bundeswettbewerbsbehörde in Österreich setzt sich dafür ein, dass die Apotheken in der Alpenrepublik keiner Bedarfsplanung mehr unterliegen. ( r / Foto: imago images / Chromorange)


Der österreichischen Wettbewerbsbehörde (BWB) sind manche Regelungen zur Niederlassung von Apotheken ein Dorn im Auge. Dies hat der Generaldirektor der BWB jetzt noch einmal öffentlich betont. Der Grundsatz der Unabhängigkeit soll jedoch hochgehalten werden.

Beim Legal Day der international aufgestellten Wirtschaftskanzlei Eversheds Sutherland in Bregenz berichtete der Generaldirektor der österreichischen Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) Theodor Thanner über neueste Entwicklungen zum Wettbewerbsrecht. Dies berichten die Vorarlberger Nachrichten. Laut Thanner hat sich seine Behörde nach dem Lebensmittelhandel nun die Gesundheitsbranche vorgenommen. Konkret sprach er dabei nach dem Zeitungsbericht auch die Apotheken und Pharmaproduzenten an. Bei Apotheken habe er unter anderem den Gebietsschutz kritisiert. „Wettbewerb sieht anders aus", wird Thanner zitiert.  

Fünf Kilometer zur nächsten Apotheke

Außerdem habe er das Thema Hausapotheken angesprochen. Dass Ärzte diese nicht mehr führen dürften, sei gerade auf dem Land ein Nachteil. Zum einen fehle den Ärzten damit ein wichtiger Bestandteil ihrer Einkünfte, was wiederum dazu führe, dass der Ärztemangel am Land zunehme. Zum anderen „kriege eine alte Frau mit Rollator damit ihre Medikamente nicht mehr mit, sondern müsse nochmals fünf Kilometer zur nächsten Apotheke gelangen.“ 

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Teilbericht zum Apothekenmarkt liegt vor

Seit Anfang 2017 analysiert die Bundeswettbewerbsbehörde den Gesundheitsmarkt des Landes, mit dem Ziel, mögliche Wettbewerbsverfälschungen zu identifizieren und Liberalisierungsmöglichkeiten aufzuzeigen. Im Mai des letzten Jahres hatte die BWB den ersten Teilbericht zum österreichischen Apothekenmarkt veröffentlicht.

Wegfall der Bedarfsprüfung vorgeschlagen

Hiernach sieht sie Potential für mehr Wettbewerb im Apothekensektor, zum Beispiel durch den Wegfall oder die Umgestaltung der Bedarfsprüfung durch gesetzliche Maßnahmen. Die Apotheken agierten in ihrem geographischen Gebiet über eine monopolartige Wettbewerbsposition, so die Kritik, im Wesentlichen frei von Wettbewerbsdruck und Konkurrenzkampf. Auch wirtschaftlich ineffizient geführte Apotheken oder solche, die mangelnde Qualität für den Konsumenten bieten, müssten kaum um ihre wirtschaftliche Existenz fürchten. Außerdem gebe es kaum Qualitätswettbewerb. Ein weiterer Vorschlag der BWB geht dahin, die Zahl der zulässigen Filialapotheken von zwei auf drei pro Apotheker zu erhöhen.

Ketten und Fremdbesitz sollen weiter verboten bleiben

Dagegen wird die Beibehaltung des Ketten- und Fremdbesitzverbots befürwortet, um eine weitergehende vertikalen Integration des pharmazeutischen Großhandels in den Apothekenmarkt und den damit verbundenen Gefahren zu verhindern. Im Ergebnis sei eine vollständige Liberalisierung der Eigentumsregelungen nicht zu empfehlen, so die Auffassung der Wettbewerbshüter.

Apotheker wehren sich gegen den Einfluss des Großhandels

Den österreichischen Apothekern passt diese Meinung gut ins Konzept. Im Alpenland dürfen Großhändler in bestimmten Umfang Anteile an Apotheken besitzen. Insgesamt soll es an etwa 1300 der 1357 österreichischen Apotheken direkte Beteiligungen geben. In der Regel sind diese mit umfassenden Warenbezugs- oder Liefervereinbarungen verknüpft, die die Freiräume der Apotheker einschränken und – jedenfalls aus Sicht der Apotheker – deren Unabhängigkeit bedrohen. Die Apotheker sind deshalb Ende des letzten Jahres mit einem Änderungsvorschlag zum Apothekengesetz beim Ministerium vorstellig geworden, um die „Auswüchse“ zu begrenzen. Der Vorschlag wird derzeit im Ministerium geprüft und eine Verabschiedung der Novelle bis zum Jahresende 2019 ins Auge gefasst.  

Konstruktive Sacharbeit in unruhigen Zeiten

Angesichts der politischen Turbulenzen, die die Österreicher derzeit durchmachen, hat sich übrigens auch die Apothekerkammer aktuell mit einer Aussendung zu Wort gemeldet. Die Patienten und Kunden blieben auch bei Neugestaltung der innenpolitischen Rahmenbedingungen im Fokus der österreichischen Apotheker, wird darin betont. Die Apothekerkammer habe sich zuletzt bei zahlreichen gesundheitspolitischen Themen stark engagiert. „Die Standesvertretung der 6.000 Apothekerinnen und Apotheker Österreichs bekennt sich zur konstruktiven Sacharbeit und wird diese unbeirrt fortsetzen“, versichert Kammerpräsidentin Ulrike Mursch-Edlmayr, egal, wie sich das politische Umfeld ändere. 



Dr. Helga Blasius (hb), Apothekerin
redaktion@daz.online


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