Sozialgericht Osnabrück

Urteil: Keine Cannabisblüten bei alternativen Behandlungsmöglichkeiten

Berlin - 24.05.2019, 14:40 Uhr

Medizinalhanf: Die Krankenkasse muss nicht jeden Therapiewunsch erfüllen. (m / Foto: Mitch / stock.adobe.com)

Medizinalhanf: Die Krankenkasse muss nicht jeden Therapiewunsch erfüllen. (m / Foto: Mitch / stock.adobe.com)


Ein MS-Kranker hat keinen Anspruch auf die Versorgung mit medizinischem Cannabis auf Kassenkosten, wenn es eine Alternativtherapie gibt. Dies hat das Sozialgericht Osnabrück in einem – noch nicht rechtskräftigen – Urteil entschieden.

Seit März 2017 haben gesetzlich Versicherte einen Anspruch auf Versorgung mit Medizinalhanf – sofern gewisse Voraussetzungen erfüllt sind. So muss es sich beispielsweise um eine „schwerwiegende Erkrankung“ handeln. Außerdem darf eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung nicht zur Verfügung stehen. Doch wie so häufig, lässt sich über diese im Gesetz verwendeten Begriffe streiten. Nicht jede Krankenkasse hält die Voraussetzungen im Einzelfall für gegeben – auch wenn der Arzt es anders sieht. Einige Klagen sind bereits in erster und zweiter Instanz entschieden.

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Auch das Sozialgericht Osnabrück berichtet diese Woche über ein aktuelles Urteil. Geklagt hatte ein 1978 geborener Mann, der seit 2006 unter einer chronischen, schubweise verlaufenden Multiplen Sklerose leidet. Sein Neurologe und Psychiater hatte ihm eine Versorgung mit Cannabis in Form von getrockneten Blüten verordnet. Doch die gesetzliche Krankenkasse des Klägers lehnte es ab, hierfür aufzukommen: Nach einer gutachterlichen Stellungnahme des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen (MDK) sei die Versorgung alternativ auch mit dem Arzneimittel Sativex® möglich.

Der Patient wandte ein, Cannabisblüten hätten eine bessere Wirksamkeit als das vorgeschlagene Arzneimittel. Die Krankenkasse holte daraufhin ein Gutachten durch den MDK ein, der eine besondere Schwere der Erkrankung bei dem Kläger nicht dokumentiert sah. Es sei auch nicht nachvollziehbar, dass eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Therapiealternative nicht zur Verfügung stehe oder nicht zur Anwendung kommen könne. Die Krankenkasse wies deshalb den Widerspruch des Klägers zurück – und man sah sich vor Gericht wieder.

Gericht: Kläger hat Alternativen nicht ausprobiert

Dieser Einschätzung der Kasse hat sich das Sozialgericht nach der mündlichen Verhandlung angeschlossen. In seiner Entscheidung stützt es sich insbesondere auch auf ein von ihm beauftragtes Sachverständigengutachten. Demnach bestehe kein Anspruch des Klägers auf Kostenübername nach § 31 Abs. 6 Satz 1 SGB V.

Dem Gutachten zufolge liegen bei dem Kläger im Wesentlichen zwei Krankheitsbilder vor: Neben der Multiplen Sklerose auch eine Neigung zum Suchtverhalten. Bezüglich der Multiplen Sklerose sei eine Prophylaxe-Therapie möglich. Doch hierfür könne Cannabis nach der Lehrmeinung nicht verwendet werden.

Die Symptome der MS-Erkrankung könnten hingegen mit den Arzneimitteln Gabapentin oder Pregabalin sowie mit schmerzmodulierenden Antidepressiva als neuropathische Schmerzbehandlung therapiert werden. Dies habe der Kläger nach eigenen Angaben aber nicht ausprobiert.

Was die Spastikbehandlung betrifft, verweist der Gutachter ebenfalls auf das zugelassene Präparat Sativex®, das vom Kläger zweimal probiert worden sei und nicht ausreichend gewirkt habe. Allerdings lasse sich eine Spastik auch nicht nachweisen.   

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Urteil des Sozialgerichts Osnabrück vom 15. April 2019, Az.: 46 KR 455/18


Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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