Arzneimittelpreisverordnung, Apothekenbetriebsordnung

Notdienste und BtM-Abgaben – 65 Millionen Euro mehr für Apotheker

Berlin - 16.07.2019, 07:00 Uhr

In einer Sammelverordnung wollen das BMG und das BMWi eine höhere Vergütung für Notdienste und BtM-Abgaben regeln und den Botendienst definieren sowie Temperaturkontrollen beim Versandhandel etablieren. (m / Foto: imago images / Ralph Peters)

In einer Sammelverordnung wollen das BMG und das BMWi eine höhere Vergütung für Notdienste und BtM-Abgaben regeln und den Botendienst definieren sowie Temperaturkontrollen beim Versandhandel etablieren. (m / Foto: imago images / Ralph Peters)


Neben einem neuen Entwurf des Bundesgesundheitsministeriums (BMG) für das geplante Apotheken-Stärkungsgesetz liegt nun auch ein Verordnungsentwurf des BMG und des Bundeswirtschaftsministeriums zur Änderung der Apothekenbetriebsordnung und der Arzneimittelpreisverordnung vor. Darin finden sich höhere Zuschläge für den Apotheken-Notdienst und die BtM-Abgabe sowie neue Regelungen zum Botendienst. 

Als die erste Kabinettsvorlage zum Apotheken-Stärkungsgesetz Ende Juni kursierte, überraschte, dass die zunächst vorgesehenen höheren Vergütungen für Notdienst und die Abgabe von Betäubungsmitteln aus dem Entwurf herausgefallen waren. Beides sollte in der Arzneimittelpreisverordnung geregelt werden, versprach das BMG. Doch plötzlich fand sich darin nur noch der geplante Zuschlag von 20 Cent für die Finanzierung der neuen pharmazeutischen Dienstleistungen. Schnell erklärte das Bundesgesundheitsministerium: Das versprochene Plus für die Apotheker ist nicht unter den Tisch gefallen, sondern soll in einer gesonderten Verordnung geregelt werden.

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50 + 15 Millionen Euro für Apotheker

Nun liegt der Entwurf für die „Verordnung zur Änderung der Apothekenbetriebsordnung und der Arzneimittelpreisverordnung“ vor. Und wie versprochen wird darin der Zuschlag zur Förderung der Sicherstellung des Notdienstes um 5 Cent je abgegebener Rx-Packung erhöht – auf 21 Cent. Ziel ist, dass die Pauschale für jeden vollständig erbrachten Notdienst von derzeit rund 290 Euro auf rund 350 Euro steigt – und damit die Arzneimittelversorgung der Bevölkerung außerhalb der regulären Öffnungszeiten auch künftig gewährleistet wird. Durch die erhöhte Notdienstpauschale sollen pro Jahr 50 Millionen Euro mehr bei den Apothekern ankommen, durch die neue BtM-Vergütung weitere 15 Millionen Euro. Für die geplanten pharmazeutischen Dienstleistungen, die im Entwurf zum Apotheken-Stärkungsgesetz verankert sind, sollen die Apotheker 150 Millionen Euro pro Jahr bekommen.

Für die Abgabe von Betäubungsmitteln und Arzneimitteln mit den Wirkstoffen Lenalidomid, Pomalidomid oder Thalidomid wird der zusätzliche Betrag für die Abgabe von 2,91 Euro auf 4,26 Euro angehoben. „Die Praxis hat gezeigt, dass der bisherige Betrag für die Apotheken nicht auskömmlich war“, heißt es in der Begründung – insbesondere angesichts des erhöhten Dokumentationsaufwands.

Und der E-Medikationsplan?

Was allerdings nicht in der Verordnung enthalten ist, ist eine Vergütung für den E-Medikationsplan. Diese im „Digitale Versorgung-Gesetz“ zunächst geplante Vergütung war aus dem vergangene Woche verabschiedeten Kabinettsentwurf überraschend herausgefallen – zu hören war, dass sie über eine Änderung der Arzneimittelpreisverordnung erfolgen könnte. Noch ist dies nicht vorgesehen – aber der endgültige Kabinettsbeschluss bleibt ohnehin abzuwarten. Noch ist nicht klar, ob die nunmehr vorliegende Fassung des Verordnungsentwurfs in dieser Form am kommenden Mittwoch das Kabinett passieren wird.

Botendienst und Temperaturkontrolle beim Transport

Der zweite Bestandteil der Verordnung betrifft Änderungen in der Apothekenbetriebsordnung. Und zwar insbesondere den Botendienst und das „PKV-Aut-idem“. Die Regelung zum Botendienst ist gegenüber der Fassung vom 13. Juni, als sich diese noch im Gesetzentwurf befand, unverändert geblieben. Es geht darum den Botendienst zu stärken: Künftig soll dieser auf Kundenwunsch grundsätzlich zulässig sein, die Begrenzung auf den Einzelfall soll aufgehoben werden. Ausdrücklich klargestellt wird zudem, dass der Botendienst auch nach vorheriger Beratung im Wege der Telekommunikation erfolgen kann. Wenn die Beratung nicht bereits auf diese Weise oder in der Apotheke erfolgt ist, muss der Botendienst durch pharmazeutisches Personal der Apotheke durchgeführt werden. Pharmazeutisches Personal ist zudem dann notwendig, wenn der Apotheke die Verschreibung noch nicht vorgelegen hat – es muss das Rezept bei Aushändigung der Arzneimittel prüfen und abzeichnen.

Ebenfalls unverändert – trotz Kritik des Großhandels – sind die Regelungen zu den Temperaturanforderungen während des Transports. Es wird geregelt, dass beim Versenden von Arzneimitteln insbesondere die nach dem Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse für das Arzneimittel geltenden Temperaturanforderungen während des Transports eingehalten werden müssen. Dies gilt bis zur Abgabe an den Empfänger, einschließlich einer etwaigen Zwischenlagerung, wenn der Empfänger nicht anzutreffen ist. Soweit erforderlich, soll die Einhaltung der geltenden Temperaturanforderungen während des Transports von besonders temperaturempfindlichen Arzneimitteln durch das Mitführen von Temperaturkontrollen nachgewiesen werden müssen.

Aut-idem für Privatversicherte, Selbstzahler und Beihilfeempfänger

Eine kleine Nachjustierung gab es bei der Formulierung zum geplanten Aut-idem für PKV-Versicherte, Beihilfeempfänger und Selbstzahler – diese Gruppen sind nun explizit genannt als solche, für die Apotheken jetzt ebenfalls verordnete Arzneimittel durch wirkstoffgleiche substituieren können – sofern der verordnende Arzt dies nicht ausgeschlossen hat und die Person, für die das Arzneimittel bestimmt ist, einverstanden ist. 

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Hüffenhardt versus Abholfächer

Nicht im Verordnungsentwurf enthalten ist hingegen eine andere geplante Änderung in der Apothekenbetriebsordnung: Es geht um eine Regelung zu automatisierten Ausgabestationen für Arzneimittel – die Antwort des BMG auf den Fall Hüffenhardt. Diese findet sich nach wie vor im Entwurf für das Apothekenstärkungsgesetz. Vorgesehen ist ein neuer Absatz 1b in § 17 Apothekenbetriebsordnung. In allen drei bislang vorliegenden Entwürfen sieht die Regelung unterschiedlich aus – von Mal zu Mal wurde er ausdifferenzierter. Ziel war aber von Anfang an, automatisierte Ausgabestationen, die sich den Anschein einer Präsenzapotheke geben, zu verhindern. Dagegen sollten Abholfächer einer stationären Apotheke, die direkt mit dieser verbunden sind, nicht unterbunden werden. Die Grenze zwischen der Versorgung durch Präsenzapotheken und dem Versandhandel dürfe nicht verwischt werden, so die Gesetzesbegründung.

Im jüngsten Entwurf findet sich nun folgende Formulierung für einen neuen § 17 Abs. 1b ApBetrO:


(1b) Automatisierte Ausgabestationen sind zur Bereitstellung, Aushändigung und Ausgabe von Arzneimitteln nur zulässig, wenn sie sich innerhalb der Betriebsräume einer Apotheke befinden, einen Zugriff von außen für den Empfänger ermöglichen, sofern eine Ausgabe außerhalb der Betriebszeiten dieser Apotheke vorgesehen ist, und erst durch Personal dieser Apotheke bestückt werden, nachdem

1 . die Bestellung des Arzneimittels oder der Arzneimittel bei dieser Apotheke erfolgt ist,

2. bereits eine Beratung, die auch im Wege der Telekommunikation durch diese Apotheke erfolgen kann, stattgefunden hat und

3. bei Arzneimitteln, die der Verschreibungspflicht nach § 48 des Arzneimittelgesetzes unterliegen, die Verschreibung im Original gemäß den Dokumentationspflichten nach den Absätzen 5 und 6 geprüft, geändert und abgezeichnet worden ist.

Abweichend von Satz 1 sind automatisierte Ausgabestationen zur Bereitstellung, Aushändigung und Ausgabe von Arzneimitteln für den zugelassenen Versandhandel mit Arzneimitteln zulässig, wenn sie bestückt werden, nachdem die Voraussetzungen nach Satz 1 Nummer 1 bis 3 erfüllt sind. § 52 Absatz 1 Nummer 1 des Arzneimittelgesetzes bleibt unberührt.“

Entwurf für ein Gesetz zur Stärkung der Vor-Ort-Apotheken


ABDA will Abholfächer ganz verbieten

Die ABDA hatte in ihrer Stellungnahme zum Referentenentwurf erklärt: „Abholfächer und automatisierte Abholstationen sollten außerhalb des Versandhandels nicht nur auf bestimmte Fälle beschränkt, sondern generell untersagt werden“. Das hatte bei vielen Apotheken für Unverständnis gesorgt. Und auch das BMG hat sich in diesem Punkt nicht von der ABDA überzeugen lassen – dafür aber die Voraussetzungen für diese Abholfächer präzisiert. Diese sollen auch für automatisierte Ausgabestationen von Versandapotheken gelten – nur hängt deren Zulässigkeit nicht davon ab, dass diese Ausgabestation sich innerhalb der Betriebsräume der Versandapotheke befindet und von Personal der Versandapotheke bestückt wird, ist in der Begründung zu lesen



Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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4 Kommentare

Füllhörner für Apotheker

von Heiko Barz am 17.07.2019 um 11:23 Uhr

Es würde mich nicht wundern, wenn nach Bekanntwerden dieser gewaltigen Summe, die „unabhängigen Presseorgane“ wieder umfangreich über die brutalen Apothekerlobbyisten und derer finanzgeilen Praktiken sozialkritisch berichten.

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Mehr Bewegungsspielraum für die Apotheke anstelle von Almosen ...

von Christian Timme am 16.07.2019 um 10:43 Uhr

Bei aller Liebe „zum Detail“ ... da könnten die Apotheken auf so „manches Details“ verzichten ohne die Arzneimittelsicherheit zu tangieren. Der „mit viel Liebe zusammengetragene Ballast von über 750 Jahren“ sollte sich einer beständigen Durchforstung nicht weiter entziehen ...

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Sa - gen - haft

von Karl Friedrich Müller am 16.07.2019 um 8:17 Uhr

da knallen die Chamgangerkorken.
3250€ mehr im Jahr. oder 270€ pro Monat.
Das rettet uns nicht nur, wir können endlich nsämtliche Gehälter auf ein ansprechendes Niveau heben, locker groß investieren, endlich als dritt und viert Auto einen Porsche oder eine Yacht.
Wenn nicht die Hälfte der Staat wieder schlucken würde als Steuern.
Behaltet Eure Almosen. Das ist das Gegenteil von Wertschätzung.
Endlich eine angemessene Anpassung. Nehmen wir mal die der Ärzte als Vorbild.
Ver - arsch - ung

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AW: Sa - gen - haft

von Karl Friedrich Müller am 16.07.2019 um 9:27 Uhr

mal im Ernst: Das Geld reicht mal eben dafür, die Wünsche Der Ärzte nach Briefmarken zu befriedigen. Also tatsächlich eine Art Portokasse.
Dem geneigten Leser, der nicht weiß, was gemeint ist. Die ach so notleidenden Praxen verschicken keine Rezepte per Post, wenn sie nicht vorher die Briefmarken von der Apotheke erhalten haben. Auch wenn die Praxis einen Fehler gemacht hat.

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