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Beratungs-Tipps
Barotrauma – wenn Fliegen auf die Ohren geht
Fliegen kann auf die Ohren gehen. Dafür verantwortlich sind die sich schnell ändernden Druckverhältnisse während der Start- und Landephase. Kann der physiologische Druckausgleich über die Ohrtrompete nicht ungestört stattfinden, besteht die Gefahr eines Barotraumas des Mittelohres. Besonders problematisch: Fliegen mit Erkältungen oder gar Nasennebenhöhlenentzündungen. Welche Tipps können Apotheker ihren Kunden geben?
Die Sommerferien lassen die Anzahl der Flugreisenden wieder spürbar ansteigen. Nicht wenige Menschen leiden während der Start- und Landephase an einem unangenehmen bis schmerzhaften Druckgefühl im Ohr. Von diesen Beschwerden ist beinahe die Hälfte der erwachsenen Fluggäste betroffen. Bei Kindern liegen die Zahlen aufgrund des noch nicht so gut funktionierenden Druckausgleichs noch höher. Auch leiden Kinder häufiger an viralen Infekten der oberen Atemwege und sind somit auch eher von einem Barotrauma des Mittelohres betroffen. Was also tun, damit das Fliegen nicht auf die Ohren geht? Und wenn es sich nicht verhindern lässt, welche Folgen kann ein Barotrauma des Mittelohres haben?
Barotrauma – Was ist das?
Ein Barotrauma entsteht durch physikalische Druckdifferenzen zwischen dem jeweiligen Umgebungsdruck und dem aktuellen bestehenden Druck in der jeweils betroffenen luftgefüllten Körperhöhle. Problematisch ist zum Beispiel der schnelle Druckwechsel beim Start- und Landevorgang beim Fliegen. Auch Taucher sind besonders gefährdet, diese Gesundheitsstörung zu erleiden.
Wichtig: Je schneller der Druckwechsel stattfindet, desto eher kommt es zu einem Barotrauma. Je weniger die betroffene Körperhöhle in der Lage ist, einen physiologischen Druckausgleich zu vollziehen, desto eher ist die Folge ein Barotrauma. Barotraumen können verschiedene Organe erleiden. Es kann beispielsweise zu Barotraumen der Nasennebenhöhlen oder der Lungen kommen. Beim Fliegen ist meistens das Mittelohr betroffen.
Ohrtrompete – Druckunterschiede ausgleichen
Das Mittelohr verfügt über eine anatomische Möglichkeit zum Druckausgleich zwischen Mittelohrdruck und Außendruck. Als Druckregulator fungiert die Ohrtrompete – auch Eustachische Röhre oder Tuba Auditiva Eustachii genannt. Die Eustachische Röhre ist drei bis vier Zentimeter lang und verbindet die Paukenhöhle des Mittelohres mit dem Rachenraum. Die Öffnung zum Rachen ist durch einen elastischen Knorpel verschlossen.
Nur zum Druckausgleich öffnet sich die Ohrtrompete. Die schräge Lage dieses Druckregulators bedingt zudem, dass der Druck im Mittelohr nur aktiv durch den Schluckakt mit Bewegung des Gaumensegels erhöht werden kann – notwendig zum Beispiel zum Ausgleich eines relativen Unterdrucks im Mittelohr gegenüber dem schnell ansteigenden Kabinendruck beim Landevorgang. Ein bestehender relativer Überdruck im Mittelohr kann durch passive Öffnung der Ohrtrompete ausgeglichen werden. Das ist meistens unproblematischer und somit auch einer der Gründe, warum der Landeanflug eher zu Beschwerden führt als der Startvorgang.
Ohrendruck – unangenehme Begleiterscheinung beim Fliegen
Vor dem Start eines Flugzeuges ist der Kabinendruck gleichzusetzen mit den atmosphärischen Druckverhältnissen des jeweiligen Standortes. Während des Startvorganges und mit zunehmender Höhe des Flugzeuges sinkt der Atmosphärendruck stetig. Der Kabinendruck wiederum wird, damit er nicht zu stark absinkt, ausgeglichen. Dennoch ergibt sich für die Passagiere ein Druckabfall entsprechend einem Höhenanstieg auf ungefähr 2500 Meter. Umgekehrt kommt es zu einem starken und schnellen Druckanstieg während eines Landeanfluges.
Der Druck innerhalb der Paukenhöhle des Mittelohres muss sich nun entsprechend den sich ändernden Druckverhältnissen in der Kabine anpassen. Das bedeutet, dass während des Startvorganges ein relativer Überdruck im Mittelohr abgelassen werden muss. Beim Landeanflug wiederum entsteht ein relativer Unterdruck, der das Trommelfell nach innen ins Mittelohr einzieht. Die Eustachische Röhre muss aktiv durch entsprechendes Einwirken der an der Öffnung beteiligten Muskeln im Rachenraum geöffnet werden, um die Druckdifferenz auszugleichen.
Druckausgleich gestört – Folgen für das Ohr
Auch ohne krank zu sein, bemerken viele Passagiere während Start und Landung einen unangenehmen Druck im Ohr. Wer jedoch erkältet ins Flugzeug steigt oder gar unter einer Nasennebenhöhlenentzündung leidet, kann einen Druckausgleich über die Ohrtrompete nur unzureichend oder gar nicht ausführen. Auch Allergien, Tumoren oder Vernarbungen der Eustachischen Röhre können daran schuld sein. Die Folgen reichen vom eben beschriebenen Druckgefühl, über starke Schmerzen bedingt durch Einziehungen des Trommelfells, einem Paukenerguss bis hin zum Trommelfellriss. Ebenfalls werden teilweise Schwindel und Übelkeit beobachtet.
Je nach Ausmaß der Schädigung werden verschiedene Stufen eines Barotraumas des Mittelohres beobachtet. Kommt es zu einem Trommelfellriss, ist der starke Schmerz im Ohr zwar schlagartig weg, das geschädigte Trommelfell kann so jedoch nicht mehr richtig schwingen. Eine zumindest vorübergehende Schallleitungsschwerhörigkeit ist die Folge. Ein solcher Riss heilt je nach Größe von alleine aus oder muss operativ geschlossen werden. Der Gang zum Arzt ist zur Abklärung in jedem Fall anzuraten.
Klassifikation Barotrauma des Mittelohres nach Teed:
Grad 0 | Normalbefund |
Grad 1 | Retraktion / Rötung der Shrapnellschen Membran / Hammergriffes |
Grad 2 | Retraktion und Rötung des gesamten Trommelfells |
Grad 3 | Wie Grad 2, jedoch zusätzlich seröser und hämorrhagischer Paukenerguss |
Grad 4 | Trommelfellruptur |
Quelle:
Notfall Barotrauma – Wenn Druck krank macht https://www.rosenfluh.ch/media/arsmedici/2006/08/Notfall-Barotrauma.pdf
Wie lässt sich ein Barotrauma verhindern?
Insbesondere der Landeanflug führt zu Problemen im Mittelohr. Wie kann den Beschwerden vorgebeugt werden? Da die Eustachische Röhre aktiv durch Einwirken der an der Öffnung beteiligten Muskeln im Rachenraum geöffnet werden muss, können die Passagiere durch Schlucken, Kauen oder Gähnen versuchen den Druckausgleich einzuleiten. Dementsprechend kann Kaugummikauen hilfreich sein. Auch die Anwendung spezieller druckmindernder Ohrstöpsel kann versucht werden. Allerdings muss mit diesen Maßnahmen rechtzeitig vor Beginn des Landevorganges begonnen werden, da eine ansteigende Druckdifferenz zu einem erschwerten oder gar unmöglichen Druckausgleich über die Eustachische Röhre führen kann.
Führt dies alles nicht zum Erfolg, kann mit Hilfe des sogenannten Valsalva-Manövers versucht werden, den Druckausgleich zu erreichen. Dazu wird bei zugehaltener Nase gegen die verschlossenen Lippen ausgeatmet. Vorsicht ist jedoch geboten, da dieses Manöver bei entsprechender Disposition zu Synkopen oder kardialen Arrhythmien führen kann.
Nicht schlafen bei der Landung
Die Passagiere sollten vor allem nicht schlafen, während eine Landung eingeleitet wird, da Schlafen den Druckausgleich erschwert. Natürlicherweise ist die Situation besonders schwierig bei zugeschwollenen Ohrtrompeten aufgrund zum Beispiel einer Infektion der oberen Atemwege. Die Patienten können in diesen Fällen versuchen, durch rechtzeitiges (ca. 30 bis 60 Minuten vor Beginn des Landevorganges!) Anwenden von abschwellenden Nasentropfen die Auswirkungen zu vermindern. Weiterhin sollten sie ihre Schleimhäute durch ausreichende Flüssigkeitszufuhr feucht halten. Insgesamt sollten Patienten mit starken Erkältungen oder gar Nasennebenhöhlenentzündungen auf das Fliegen, wann immer möglich, verzichten.
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