- DAZ.online
- News
- Debatte & Meinung
- Apotheken brauchen ...
Kommentar
Apotheken brauchen mindestens 1 Milliarde nur fürs Personal
Das Apothekenstärkungsgesetz hat nun das Kabinett passiert – mit einer sozialrechtlichen Minimalvariante der Gleichpreisigkeit. Die Preisbindung bröckelt. Weil die bisherige Grundregel, vorrangig die Struktur zu erhalten, nun ohnehin ins Leere läuft, darf jetzt die wichtigste Forderung betont werden: Die Apotheken brauchen sehr viel mehr Geld, unter anderem, um im Kampf um Fachkräfte konkurrenzfähig zu bleiben, meint DAZ-Autor Dr. Thomas Müller-Bohn in seinem aktuellen DAZ-Editorial.
Gesundheitsminister Spahn hat seine sozialrechtliche Minimalvariante der Gleichpreisigkeit durch das Kabinett gebracht und die ABDA-Spitze hat dies akzeptiert. Damit wird die Preisbindung von der einstmals tragenden Säule des Apothekensystems zum bröselnden Unterbau. Der kann von außen durch die EU oder im Inland durch den Wegfall der Preisbindung für Selbstzahler untergraben werden. Bis dahin brauchen wir ein ganz neues Honorarsystem. Darum müssen die Pläne für diese neue Reformrunde jetzt beginnen.
Mehr zum Thema
Zahlenrätsel zum Apotheken-Stärkungsgesetz
Wundersame Geldvermehrung
Die bisherige Grundregel, vorrangig die Struktur zu erhalten, läuft nun ins Leere. Darum darf jetzt die wichtigste Forderung betont werden: Die Apotheken brauchen sehr viel mehr Geld! Denn die typische Apotheke ist chronisch unterfinanziert. Das Geld reicht für den laufenden Betrieb, aber nicht für zukunftsorientierte Investitionen und nicht für Gehälter, die junge Apotheker und PTA in die Apotheken locken. Apotheken schließen nicht, weil sie plötzlich unrentabel werden. Sie bleiben erhalten, solange ein Mietvertrag zu erfüllen ist oder der Inhaber auf seine Rente wartet. Doch das Geld für Umbauten oder Sanierungen und erst recht für Investitionen in die Digitalisierung fehlt. Entscheidend wird die Suche nach jungen Inhabern und Mitarbeitern. Christoph Gulde, Vizepräsident des Landesapothekerverbandes Baden-Württemberg, hat in der Mitgliederversammlung des Verbandes deutlich gemacht, dass Erzieherinnen pro Monat gut 700 Euro mehr Einstiegsgehalt erhalten als PTA . Das lässt sich fortsetzen: Studienräte bekommen als Einstieg in vielen Bundesländern 400 bis 600 Euro mehr pro Monat als Apotheker. Um bei den Gehältern zu vergleichbaren Berufen aufzuschließen, brauchen die Apotheken rund eine Milliarde Euro als Nachschlag, für die künftige Konkurrenz um den knappen Nachwuchs noch mehr.
Landapotheken sind nur die Spitze des Eisbergs
Die oft erwähnten Landapotheken sind nur die Spitze des Eisbergs. Die kann man zumindest mittelfristig mit ein paar hundert Millionen Euro pro Jahr erhalten. Doch es geht um das System als Ganzes und damit um Milliarden Euro. Dieses Geld ist da. Denn erst die Apotheken ermöglichen Rabattverträge, mit denen die Krankenkassen jährlich über vier Milliarden Euro sparen. Schon die Hälfte davon böte den Apotheken eine aussichtsreiche Zukunftsperspektive. Bisher haben sie daran aber keinen Anteil, sondern nur viel Mühe mit den Rabattverträgen.
Mehr zum Thema
LAV-Präsident Fritz Becker verteidigt Apotheken-Stärkungsgesetz und Rahmenvertrag
„Besser als keine Lösung!“
Apothekenlandschaft in der Hauptstadt
Berlin hat innerhalb von zehn Jahren 100 Apotheken verloren
Wenn sich kein Personal mehr findet, werden sogar die Apotheker den Versand herbeiwünschen
Die herausragenden Apotheken, die mit besonderen Leistungen oder an außergewöhnlichen Standorten wirtschaftlich gut dastehen, können die Versorgung nicht flächendeckend sichern. Diese Ausnahmen trüben den Blick für die Regel: Wenn die typischen Apotheken nicht mehr investieren können und kein Personal mehr finden, wird das Prinzip Apotheke in seinem Kern angegriffen. Wenn keiner mehr da ist, der die Arbeit macht, werden sogar die Apotheker den Versand herbeiwünschen.
Bis dahin bleibt das langsame Sterben der Apotheken für die Politik bequem. Wenn die Folgen offensichtlich werden, ist längst der Nachfolger im Amt und es regiert wahrscheinlich eine andere Partei. Doch dann ist es für Gegenmaßnahmen zu spät. Die sind jetzt nötig. Die Politik muss jetzt beantworten, ob ihr die bewährte persönliche Arzneimittelversorgung vor Ort ein zeitgemäßes Honorar wert ist. Wenn ja, wird sich auch ein zukunftstaugliches Honorarsystem finden lassen. Die nächste Reformrunde ist eröffnet!
7 Kommentare
Apotheken
von Charles Taxlor am 31.07.2019 um 22:57 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten
Weiter so...??
von Gunnar Müller, Detmold am 28.07.2019 um 10:56 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten
Ewiger Begleiter und Freund ... der Sensemann ...
von Christian Timme am 26.07.2019 um 14:15 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten
Analyse und Konsequenzen
von Ulrich Ströh am 26.07.2019 um 9:19 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 2 Antworten
AW: Analyse und Konsequenzen
von Uwe Hansmann am 26.07.2019 um 10:07 Uhr
AW: Analyse und Konsequenzen
von Dr. Thomas Müller-Bohn am 26.07.2019 um 10:37 Uhr
.
von Anita Peter am 26.07.2019 um 8:58 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten
Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.