Der Tripper kommt zurück

Gonorrhö auf dem Vormarsch

Stuttgart - 02.08.2019, 12:45 Uhr

Laut der Deutschen Aidshilfe erhöht ein Tripper bzw. eine Gonorrhö das Risiko einer HIV-Übertragung: „Bei unbehandelten HIV-Positiven enthalten die entzündeten Schleimhäute besonders viele Viren. [...] Bei HIV-Negativen erleichtert die Entzündung dem Virus den Eintritt in den Körper.“ (Foto: Africa Studio / stock.adobe.com)

Laut der Deutschen Aidshilfe erhöht ein Tripper bzw. eine Gonorrhö das Risiko einer HIV-Übertragung: „Bei unbehandelten HIV-Positiven enthalten die entzündeten Schleimhäute besonders viele Viren. [...] Bei HIV-Negativen erleichtert die Entzündung dem Virus den Eintritt in den Körper.“ (Foto: Africa Studio / stock.adobe.com)


Im Volksmund wird sie auch als Tripper bezeichnet: die Gonorrhö. Sie ist in Europa die zweithäufigste sexuell übertragbare Infektion – nach Chlamydien-Infektionen. Und sie nimmt zu, auch bei heterosexuellen Frauen. Das dokumentieren europaweite Daten. 

In Deutschland und einigen anderen europäischen Ländern besteht für die Gonorrhö keine Meldepflicht. Daher stehen hier kaum aktuelle epidemiologische Daten zur Verfügung. Auf ganz Europa bezogen ist der Trend jedoch eindeutig: In den vergangenen zehn Jahren haben Gonorrhö-Erkrankungen stark zugenommen.

Vor allem in Nordeuropa

Von 28 Ländern, die regelmäßig melden, registrierten 20 einen Anstieg der Gonorrhö-Fallzahlen. Im Jahr 2017 lag die Zahl der Infizierten circa 17 Prozent höher als 2016. Insgesamt zeigten die meldepflichtigen Länder der EU und des Europäischen Wirtschaftsraums (EAA) im Jahr 2017 mehr als 89.000 Erkrankungen an. Die Rate betrug circa 23 Fälle pro 100.000 Einwohner, wobei die nordeuropäischen Länder höhere Erkrankungsraten meldeten. Insgesamt entfielen auf Männer 35 Fälle pro 100.000 Einwohner, auf Frauen 11 pro 100.000 Einwohner. Fast drei Viertel aller Infektionen fanden sich in der Altersgruppe der 15- bis 34-Jährigen.

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Hohe Zunahme bei Frauen

Fast die Hälfte der Erkrankungen (47 Prozent) betraf Männer, die Sex mit Männern haben (MSM). Seit dem Jahr 2008 nahmen bei dieser Gruppe die Erkrankungszahlen um beinahe das Sechsfache zu. Aber auch bei heterosexuellen Männern und insbesondere Frauen wurden mehr Gonorrhö-Erkrankungen diagnostiziert. Bei den Frauen ergab sich seit dem Jahr 2008 eine Steigerung um 120 Prozent, bei den Männern um 37 Prozent.

Gefährliche Symptomlosigkeit

Experten sehen die Zunahme der Gonorrhö mit Sorge. Zeige sie doch, dass viele Menschen beim Sex mit neuen oder wechselnden Partnern keine Kondome verwendeten. Im Krankheitsfall tragen Frauen ein erhöhtes Risiko. Anders als bei Männern verläuft die Gonorrhö bei ihnen zunächst symptomfrei. Die Diagnose wird häufig erst dann gestellt, wenn es bereits zu einer entzündlichen Beckenentzündung oder zu Unfruchtbarkeit gekommen ist.

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Ausfluss ist typisch

Die Gonorrhö wird durch den Erreger Neisseria gonorrhoeae (Gonokokkus) hervorgerufen. Der Erreger wird ausschließlich durch direkten Schleimhautkontakt, vor allem beim Geschlechtsverkehr, übertragen. Nach einer Inkubationszeit von 1 bis 14 Tagen können sich Symptome einstellen: bei Frauen Ausfluss aus der Scheide und eventuell Harnröhrenentzündung sowie Gebärmutterhalsentzündung, bei Männern Harnröhrenentzündung mit eitrigem Ausfluss aus der Harnröhre. Mögliche Komplikationen sind bei Frauen Entzündungen von Gebärmutter, Bauchfell und Eileiter mit dem Risiko von Unfruchtbarkeit, bei Männern Prostataentzündung oder Nebenhodenentzündung. Rund 50 Prozent der infizierten Frauen und 10 Prozent der infizierten Männer haben jedoch keine subjektiven Symptome. 

Therpaie und Prävention

Einen ausführlichen Beitrag zum Thema Tripper finden Sie in DAZ 29/2019. Dort erfahren Sie unter anderem, warum die Behandlung der Gonorrhö hinsichtlich der Resistenzentwicklung mittlerweile sehr schwierig geworden ist. Deshalb ist die Wahl des richtigen

Antibiotikums extrem wichtig: 

„Mittel der Wahl ist derzeit eine Kombination aus einem Cephalosporin, meist Ceftriaxon (1 bis 2 g i. v. oder i. m.) und Azithromycin (1,5 g p. o.) als Einmaldosis.“ 

Einer kürzlich im Lancet publizierten Studie zufolge kann außerdem Gentamicin (nur) bei Patienten mit isolierter Genitalinfektion sowie bei Patienten mit Unverträglichkeit oder resistenten Erregern gegenüber Ceftriaxon eine sinnvolle Alternative darstellen. 

Angesichts der Resistenzlage kommt zudem der Prävention eine besondere Bedeutung zu, einen vollständigen Schutz vor Ansteckung gibt es jedoch nicht. Kondome reduzieren aber das Risiko einer Übertragung.

Um aufsteigende Infektionen zu verhindern, sollten Gonokokken-Infektionen möglichst früh erkannt und behandelt werden: Bereits beim ersten Verdacht sollte ein Arzt aufgesucht werden. Außerdem gilt:

  • Bei positivem Gonokokken-Test: Auf weitere sexuell übertragbare Infektionen testen 
  • Alle Sexualpartner informieren und gegebenenfalls antibiotisch behandeln: Ist der Patient bereits symptomatisch – alle Sexualpartner der letzten acht Wochen vor Auftreten der Infektion, bei asymptomatischen Patienten alle Sexualpartner der letzten sechs Monate bzw. gegebenenfalls die letzten Partner überhaupt
  • Nach Abschluss der Behandlung und Symptomfreiheit: Sexuelle Karenz über eine Woche

    (dm / Quelle: Tripper auf dem Vormarsch, DAZ 29/2019, von Sabine Fischer)


Ulrike Weber-Fina, Diplom-Biologin, Autorin PTAheute.de
redaktion@daz.online


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