DAT-Anträge zur Digitalisierung

Boni-Verbot für E-Rezept-Übermittlung

Süsel - 13.08.2019, 17:55 Uhr

Beim diesjährigen Apothekertag wird die Digitalisierung ein zentrales Thema der Antragsdebatte sein. (Foto: Schelbert)

Beim diesjährigen Apothekertag wird die Digitalisierung ein zentrales Thema der Antragsdebatte sein. (Foto: Schelbert)


Viele Rahmenbedingungen für die Digitalisierung sind noch offen. Darum zielen viele Anträge zum Deutschen Apothekertag darauf, die Weichen dafür richtig zu stellen. Diese Anträge zeigen zugleich, vor welchen großen Herausforderungen die Apotheker bei der Digitalisierung stehen. Besonders gefährlich erscheint ein möglicher Wettbewerb um die Übermittlung von E-Rezepten. Dagegen sollen ein umfassendes Makelverbot und Verbot von Zuwendungen für die Übermittlung helfen.

Die bisher vorliegenden Anträge zum Deutschen Apothekertag werden voraussichtlich auf der Sitzung des ABDA-Gesamtvorstandes am Donnerstag besprochen. Daraufhin sind noch Änderungen und Ergänzungen möglich. Wie das Antragsheft zum Apothekertag aussehen wird, steht damit noch nicht genau fest. Doch die bisher vorliegenden Anträge zeigen: Die Digitalisierung wird ein zentrales Thema der Antragsdebatte.

Digitalisierung vorantreiben

Der erste Antrag im Kapitel „Digitalisierung“ stammt vom geschäftsführenden ABDA-Vorstand und stellt primär nur die grobe Zielrichtung klar. Demnach soll die Digitalisierung „im deutschen Apothekensektor“ vorangetrieben werden. Der Antrag bestätigt das bestehende Netz der Apotheker in enger Anlehnung an die gematik und verweist auf eine „mögliche Migration“ in Fachanwendungen der Telematikinfrastruktur. Das soll offenbar den eingeschlagenen Kurs der ABDA bekräftigen. Konkret wird der Antrag nur bei einer Aufforderung an den Gesetzgeber, die Rahmenbedingungen „für die Umsetzung digital unterstützter, honorierter pharmazeutischer Dienstleistungen in der Apotheke“ zu schaffen. Dabei bleibt offen, ob damit weitere honorierte Dienstleistungen über das derzeit laufende Gesetzgebungsverfahren hinaus gemeint sind. Recht weit gefasst ist auch der Antrag der Apothekerkammer Nordrhein, der Gesetzgeber solle „eindeutige und justiziable Rahmenbedingungen für das E-Rezept“ schaffen, die die Autonomie der Patienten bei der freien Apothekenwahl auch künftig garantieren.

Makelverbot auch für Dritte

Die weiteren Anträge zur Digitalisierung erscheinen konkreter. Sie zeigen deutlich, wo künftig Gefahren für das Versorgungssystem und für die Apotheken lauern. Die Apothekerkammer Westfalen-Lippe und der Apothekerverband Schleswig-Holstein möchten den Gesetzgeber auffordern, das Makelverbot für E-Rezepte durch den Zusatz „und durch Dritte“ „auf alle Beteiligten zu erweitern, die nicht Ärzte oder Krankenkassen sind“. Denn neben dem Wettbewerb unter Apotheken dürfe es keine weitere Wettbewerbsebene um den Zugriff auf E-Rezepte geben. Die Antragsteller erläutern, dass Apotheken sich sonst mit hohen Kosten den Forderungen Dritter beugen müssten. „Das würde zu einem ruinösen, unkalkulierbaren Wettbewerb führen und somit die flächendeckende Versorgung durch Vor-Ort-Apotheken extrem gefährden“, heißt es in der Begründung.

Zusätzliches Zugabeverbot im Heilmittelwerbegesetz

In einem weiteren Antrag erklären dieselben Antragsteller, für die Umsetzung dieses Makelverbots sei ein zusätzliches Zugabeverbot im Heilmittelwerbegesetz nötig. Es müsse unzulässig sein, für die Übermittlung von E-Rezepten „Zuwendungen oder sonstige Werbegaben (Waren oder Leistungen) anzubieten, anzukündigen oder zu gewähren oder als Angehöriger der Fachkreise anzunehmen“. Anders ausgedrückt: Nicht nur Zugaben zu Rx-Arzneimitteln sollen verboten sein, sondern auch Zugaben für das Übermitteln von E-Rezepten. Denn anderenfalls könnte das Verbot der Zugaben zu Arzneimitteln durch Zugaben für das Übermitteln umgangen werden. Ohne ein solches Verbot könnten Versandapotheken beliebige Boni bieten und die Preisbindung durch das Apotheken-Stärkungsgesetz umgehen. Die Antragsteller befürchten, dass ohne ein Zugabeverbot für die Rezeptübermittlung im Heilmittelwerbegesetz eine neue „alles bestimmende Wettbewerbsebene“ entstehen würde. Diese würde die Unabhängigkeit des ärztlichen und des apothekerlichen Heilberufes untergraben.

Diskriminierungsfreier Zugang zu E-Rezepten

In einem weiteren Antrag fordern dieselben Antragsteller einen diskriminierungsfreien Zugang zu E-Rezepten. Es müsse allen Menschen in Deutschland möglich sein, ihre E-Rezepte „frei vom Einfluss Dritter auf einer barrierefreien öffentlichen Plattform ohne zusätzliche Kosten oder vertragliche Verpflichtungen zu verwalten und einzulösen“. Der Betrieb dieser Plattform könne eine Aufgabe für die gematik sein. Doch auch die Apotheker seien bereit, dies gemeinsam mit dem Staat oder im staatlichen Auftrag zu organisieren. In der Begründung erläutern die Antragsteller, dass alle gewohnten Bearbeitungen eines Rezepts auch mit dem E-Rezept möglich sein müssten. Die Patienten müssten die E-Rezepte lesen, löschen und einlösen können. Wenn dagegen ein gewinnorientiertes Unternehmen Zugriff auf die Verwaltung der E-Rezepte hätte, müssten die Apotheken Gebühren entrichten oder Leistungen des Unternehmens in Anspruch nehmen. Doch dies würde die Hoheit des Patienten über sein Rezept gefährden.

Einheitliche Regeln contra Retaxationen

In einem vierten gemeinsamen Antrag fordern die Apothekerkammer Westfalen-Lippe und der Apothekerverband Schleswig-Holstein „abgestimmte Vorgaben“ für E-Rezepte. Dazu solle eine gemeinsame Stelle von KBV, DAV und GKV-Spitzenverband die vertraglichen Bestimmungen synchronisieren, um „formal eine absolute Fehlerfreiheit“ von E-Rezepten zu erreichen. Zugleich müsse der Gesetzgeber festlegen, dass nur E-Rezepte, die diese Kriterien erfüllen, über die Telematikinfrastruktur übermittelt werden dürfen. Darin sehen die Antragsteller die Chance, den bürokratischen Aufwand mit Formfehlern zu vermeiden. Letztlich steht dahinter wohl die Hoffnung, dass sich dann die weitaus meisten Retaxationen erübrigen würden.

Digitale Arzneimittel

Wie weit die Folgen der Digitalisierung über das E-Rezept hinaus reichen, zeigt ein Antrag der Landesapothekerkammer Thüringen. Demnach soll der Arzneimittelbegriff im Arzneimittelgesetz um „digitale Arzneimittel“ erweitert werden. Gemeint sind alle digitalen Anwendungen mit Arzneimittelwirkung. Diese sollten der Apothekenpflicht und unter bestimmten Bedingungen auch der Verschreibungspflicht unterstellt werden, heißt es im Antrag.

Ein weiterer Antrag der Apothekerkammer Westfalen-Lippe und des Apothekerverbandes Schleswig-Holstein sieht vor, digitale Gesundheitsanwendungen nach dem Digitale-Versorgung-Gesetz als apothekenübliche Waren in die Apothekenbetriebsordnung aufzunehmen. Dann solle den Apothekerverbänden erlaubt werden, Verträge über die Erstattung der Kosten für solche Anwendungen abzuschließen. Beide Anträge zusammen eröffnen die Frage, wie eine Grenze zwischen „digitalen Arzneimitteln“ und Gesundheitsanwendungen mit dem Status apothekenüblicher Waren zu ziehen ist. 

Der letzte bisher vorliegende Antrag im Kapitel Digitalisierung soll den Gesetzgeber auffordern, im Digitale-Versorgung-Gesetz auch die Organisationen der Apotheker mit der Zertifizierung digitaler pharmazeutischer Angebote zu beauftragen. Damit solle ein vergleichbarer Rahmen wie bei der Zertifizierung medizinischer Angebote durch die KBV geschaffen werden.

Datenverarbeitung in der Apotheke

Außerhalb des Kapitels „Digitalisierung“ sind noch weitere Anträge zu diesem Thema zu finden. Möglicherweise werden diese bis zum Apothekertag noch anders zugeordnet. Die Apothekerkammer Westfalen-Lippe und der Apothekerverband Schleswig-Holstein fordern, in der Apothekenbetriebsordnung zu regeln, „welche Daten der Apotheker in der Apotheke erheben, speichern und verarbeiten darf“. Die Antragsteller möchten damit Unsicherheiten im Umgang mit Daten und „sinnvollen datengestützten Dienstleistungen“ vermeiden. Außerdem verweisen sie auf die bestehende Inländerdiskriminierung. Denn in den Niederlanden sind Apotheker sogar zur Erhebung und Verarbeitung vieler Daten verpflichtet.

Ein weiterer Antrag zielt in eine ähnliche Richtung. Darin fordern dieselben Antragsteller, die Apotheken zu verpflichten und zu berechtigen, auf Wunsch des Patienten dessen Medikationsdaten aus allen Apotheken in Deutschland zusammenzuführen und für die Arzneimitteltherapiesicherheit zu nutzen. In der Begründung betonen die Antragsteller, dass es dabei um eine einheitliche Datenschnittstelle geht.

 Alle diese Anträge zusammen vermitteln einen Eindruck davon, welche neuen Aufgaben auf die Apotheken mit der Digitalisierung hinzukommen. Selbstverständlich sind damit Chancen und Risiken verbunden. Vermutlich werden diese zu einem wichtigen Diskussionsthema in Düsseldorf.



Dr. Thomas Müller-Bohn (tmb), Apotheker und Dipl.-Kaufmann
redaktion@daz.online


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5 Kommentare

Übermittlung von wem zu wem oder wie wir im §´en-Dschungel verloren gegangen sind

von Bernd Jas am 13.08.2019 um 22:03 Uhr

Es gibt da den § 11 im Apothekengesetz.

Wie ist das mit den E-Rezepten kompatibel.
Wer hortet die gesamten Eiverständniserklärungen für jede übermittelte und ZUGEWIESENE Verschreibung.

Wir Brauchen dringen eine KI die diesem Gesetzeswildwuchs ein Ende setzt.

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AW: Übermittlung von wem zu wem oder wie ...

von Christian Timme am 14.08.2019 um 7:12 Uhr

Wenn das eine ABDA-KI ist ... wird diese Vorschläge für „noch mehr fehlende Gesetze“ machen ...

Boni Verbot?

von Karl Friedrich Müller am 13.08.2019 um 19:04 Uhr

So wie bei den Zyto Apotheken?

Wer will das kontrollieren?

» Auf diesen Kommentar antworten | 1 Antwort

AW: AW: Boni Verbot

von Bernd Jas am 13.08.2019 um 22:12 Uhr

Ganz genau Herr Müller,

Sie haben es mal wieder erfasst. Jedes Rezept ist dann eine Zuweisung und es bedarf dann einer hochgradig bürokratischen Kontrolle.

Sozial ist was Arbeit schafft. - (Und Herr Draghi druckt das Geld dafür)

Schmidt

von Conny am 13.08.2019 um 18:12 Uhr

Wer stellt den Antrag auf Rücktritt von F. Schmidt ? Bei 390000 Unterschriften würde ich von selbst zurücktreten . Dieser Mensch und seine Lemmerlinge haben unheimlich viel Schaden über die Apotheken gebracht.

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