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Was Apotheker über Lactoseintoleranz wissen sollten

Bonn - 22.08.2019, 10:15 Uhr

Verursacht Lactose in Arzneimitteln Beschwerden bei Lactoseintoleranz? Was ist der Unterschied zwischen primärer und sekundärer Lactoseunverträglichkeit und welche Therapiemöglichkeiten gibt es? im zweiten Teil der DAZ.online-Serie zu Nahrungsmittelunverträglichkeiten geht es um Lactoseintoleranz. (Foto: glisic_albina / stock.adobe.com)

Verursacht Lactose in Arzneimitteln Beschwerden bei Lactoseintoleranz? Was ist der Unterschied zwischen primärer und sekundärer Lactoseunverträglichkeit und welche Therapiemöglichkeiten gibt es? im zweiten Teil der DAZ.online-Serie zu Nahrungsmittelunverträglichkeiten geht es um Lactoseintoleranz. (Foto: glisic_albina / stock.adobe.com)


Nahrungsmittelunverträglichkeiten oder auch Nahrungsmittelintoleranz ist ein Sammelbegriff für verschiedene, nicht allergisch bedingte Reaktionen auf Nahrungsmittel. Am häufigsten lösen Lactose, Fruktose, Gluten oder Histamin eine Intoleranz aus. Im Gegensatz zu einer Nahrungsmittelallergie ist eine -intoleranz aber nicht lebensbedrohlich. In der fünfteiligen DAZ.online Serie werden die häufigsten Intoleranzen beschreiben. Im zweiten Teil der Serie geht es um die Lactoseintoleranz.

Lactose (Milchzucker) ist ein in vielen Nahrungsmitteln und Arzneimitteln enthaltener Zweifachzucker, der normalerweise im Dünndarm durch das Enzym Lactase in seine Bestandteile Galactose und Glucose gespalten wird. Wenn durch Vererbung oder ausgelöst durch eine andere Krankheit ein Lactasemangel besteht, wird von einer Lactoseintoleranz gesprochen.

Lactoseintoleranz – Ursachen und Symptome

Anstatt ins Blut gelangt der Milchzucker unverdaut in den Dickdarm und wird dort von Bakterien vergoren. Durch Zersetzung entstehen Kohlendi­oxid, Methan, (Schwefel)wasserstoff, kurzket­tige Fettsäuren und andere Abbauprodukten. Die Darmperistaltik und der osmotische Wassereinstrom ins Darmlumen nehmen zu, was zu Durchfall und Bauch­schmerzen, Völlegefühl, Magen­-Darm-Krämpfen, Blähungen und teilweise auch zu Übelkeit und Erbrechen führt. Bei manchen Patienten werden unspezifische Symptome wie Kopfschmerzen, Schwindel, Konzentrationsstörungen und Müdigkeit beobachtet. Die verminderte Glucoseaufnahme im Dünndarm kann zudem temporär eine Müdigkeitssymptomatik induzieren.

Je nach Dauer der Magen-­Darm­-Passage können diese Beschwerden früher oder später nach der Nahrungsauf­nahme auftreten, sodass Betroffene die Symptome oft nicht direkt mit ihr in Verbindung bringen. Eine Lactoseintoleranz kann für Betroffene sehr unangenehm und einschränkend sein.

Bei einer Lactoseintoleranz muss immer zwischen der genetisch bedingten primären und einer sekundär erworbenen Form unterschieden werden, da dies für die Therapie entscheidend ist.

Primäre und sekundäre Lactoseintoleranz: der Unterschied

Die primäre (adulte) Lactoseintoleranz ist der weltweit häufigste Enzymmangel. Wie bei allen Säugetieren sinkt beim Menschen die Produktion der Lactase nach dem Abstillen durch die Entwöhnung von der Muttermilch. Hauptsächlich wird eine Milchzuckerunverträglichkeit also mit der Zeit erworben und verschlechtert sich oft über die Jahre (endemi­sche Lactoseintoleranz). Dieser Vorgang ist nicht reversibel. In Deutschland leiden ca. 15 Prozent der Bevölkerung an einer primären (genetisch bedingten) Lactoseintoleranz.

In seltenen Fällen liegt die Ursache für Lactoseunverträglichkeit in einem Gendefekt und ist somit angeboren (kongenitaler Lactasemangel). Frühchen können eine kurzzeitige Into­leranz aufweisen, wenn zum Zeitpunkt ihrer Geburt die Enzymaktivität der Lactase noch nicht vollständig ausgereift ist (entwicklungsbedingte Lactoseintoleranz).

Beim angeborenen Lactasemangel ist es besonders wichtig, eine komplett lactosefreie Ernährung einzuhalten. Besonders auf Babys und Kleinkinder ist zu achten, da bei ihnen Durchfälle leicht zu Dehydrierung führen können.

Sekundäre Lactoseintoleranz reversibel

Ein sekundärer Lactasemangel kann sich durch Schädigung des Dünndarmepithels (Ort der Lactasesynthese), zum Beispiel bei einer Zytostatika- oder Antibiotikatherapie oder bei Patienten mit Zöliakie oder Morbus Crohn, manifestieren. Auch eine bakterielle Fehlbesiedlung des Dünndarms oder ein chronischer Alkoholmissbrauch sind Gründe für die Abnahme der Lactase­-Aktivität. Infolgedessen kann der Milchzucker nicht mehr verdaut werden. Dies ist prinzipiell reversibel und damit besteht nach Beseitigung der Ursache die Chance, dass Lactose nach einiger Zeit wieder gut vertragen wird.

Lactosetoleranz ermitteln

Die Therapie ist nur durch eine entsprechende Diät möglich. Je nach Schweregrad muss eine lactosearme oder sogar lactosefreie Diät eingehalten werden.

Da die meisten Kunden mit Lactoseintoleranz immer noch eine Restaktivität des Enzyms aufweisen, sollte individuell die eigene Lactose­toleranzschwelle ermittelt werden, damit man nicht unbedingt vollständig auf Lactose verzichten muss. Hierbei stimmt der Patient seine individuelle Dosis an Lactaseeinheiten nach dem Lactosegehalt der Nahrungsmittel ab.

Das ist in der Praxis allerdings nicht so einfach weil in Fertiglebensmitteln oder nicht selbst zubereiteten Speisen die enthaltene Lactose­menge nicht eindeutig möglich ist. Vorsicht ist vor allem angebracht bei Fertigsoßen, Tütensuppen, Fisch­ und Wurstprodukten, Backwaren und Gewürzmischungen. In Zutatenlisten muss auch auf die Bezeichnungen Milch­ oder Molkepulver, Käse, Rahm und Schokolade geachtet werden, denn hier verbirgt sich ebenfalls der Milchzucker.

Durch den dauerhaften Verzicht auf Milch(produkte) steigt infolge der geringeren Calciumzufuhr das Risiko für Osteoporose an. Dem kann man durch den Verzehr lactosefreier, calciumhaltiger Nahrungsmittel oder calciumreicher Mineralwasser entgegen wirken.

Therapiemöglichkeiten und Lactose in Arzneimitteln

Für den gelegentlichen Genuss Lactose-haltiger Nahrungs­mittel oder Lactosemengen, die über der persönlich gut verträglichen Menge liegen, steht das Enzym Lactase (Beta-Galactosidase) zum Beispiel als Tabletten zur Einnahme zur Verfügung.

Lactosegehalt

Der Lactosegehalt in Milchprodukten ist je nach Art der Verarbeitung sehr unterschiedlich. Butter sowie Schnitt- und Hartkäse sind lactosearm und werden oft gut vertragen. Buttermilch und Molke enthalten hingegen relativ viel Lactose, sind jedoch im immer breiter werdenden Angebot der lactosefreien Produkte zu finden. Durch den Zusatz an Lactase ist die Lactose hier bereits gespalten und dadurch schmecken sie etwas süßer. Fertigungsbedingt enthalten sie noch bis zu 0,1 Prozent Lactose, was jedoch nicht mehr zu Beschwerden führt.

Bei der Einnahme eines Lactasepräparates sind Nebenwir­kungen nicht zu erwarten und eine Gewöhnung an die Lactasezufuhr findet nicht statt. Durch die gleichzeitige Auf­nahme eisenhaltiger Arznei­- oder Nahrungsergänzungsmit­tel könnte die Enzymaktivität herabgesetzt werden. Empfehlenswert ist daher die zeitversetzte Einnahme von min­destens drei Stunden.

Lactose in Arzneimitteln –  ein Problem?

Auch in Arzneimitteln wird häufig Lactose aufgrund ihrer positiven Eigenschaften bei der Tablettierung zugesetzt. Hier­bei handelt es sich meist um sehr geringe Mengen, die keine Beschwerden auslösen und weit unter der individuellen Tole­ranzschwelle der Patienten liegen. Nur wenige Patienten zeigen schon bei kleinsten Mengen Symptome. Für sie gilt, dass sie weniger als 0,1 g Lactose pro Tag aufnehmen dürfen oder in entsprechendem Maß auf Lactasepräparate zurückgreifen müssen. Hier ist auch bei der Medikamentenauswahl Vorsicht geboten.



Lars Peter Frohn, Apotheker, Autor DAZ.online
radaktion@daz.online


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