Die letzte Woche

Mein liebes Tagebuch

25.08.2019, 08:00 Uhr

Das E-Rezept ante portas! Da ist noch eine Menge ungeklärt... (Foto: Andi Dalferth)

Das E-Rezept ante portas! Da ist noch eine Menge ungeklärt... (Foto: Andi Dalferth)


21. August 2019

Mein liebes Tagebuch, Spahn macht Druck beim E-Rezept, die Zeit läuft davon. Und so arbeitet die ABDA, der Deutsche Apothekerverband, wohl fieberhaft daran, etwas Vernünftiges auf die Beine zu stellen. Aber wie das so bei solch Riesenprojekten ist, versuchen da auch andere, die Nase vorn zu haben und eigene Wege für ein E-Rezept zu favorisieren, hier die Techniker Krankenkasse (TK), die bereits mit einer weiteren Kasse (Hanseatische Krankenkasse) und einer Apotheke (Adler-Apotheke in Hamburg) am E-Rezept basteln. Dennoch, man will sich nicht abschotten, sondern offen bleiben für andere. Und so hat man sich bei der TK auch für die Zur-Rose- und Shop-Apotheke-Tochter König IDV als technischen Dienstleister entschieden. Mein liebes Tagebuch, was diese Nähe zum Versandhandel bedeutet, ist noch ungewiss. Tim Steimle, Apotheker und Fachbereichsleiter bei der TK, meint: „Wir befördern an dieser Stelle den Versand nicht“, aber „wir wissen, dass wir den Versandhandel beim E-Rezept auf Dauer nicht außen vor lassen können“. Wir werden sehen, wer wie das Rennen macht. 

 

Es gibt eine neue Stellungnahme der ABDA zum Kabinettsentwurf des Apotheken-Stärkungsgesetzes und zur zugehörigen Sammelverordnung – damit auch die Länder angesichts der bevorstehenden Besprechung im Bundesrat wissen, was die ABDA von den Plänen hält. Ja, mein liebes Tagebuch, um es kurz zu machen: Weitgehend steht in der neuen Stellungnahme dasselbe wie in der vorhergehenden. Aber die ABDA geht auch auf einige Änderungen ein, die in den Kabinettsentwurf eingeflossen sind und verlangt einige Nachbesserungen. So „muss“ (und nicht „kann“) eine Apotheke beispielsweise von der Versorgung ausgeschlossen werden, wenn sie gegen die Preisbindung verstößt. Nach wie vor möchte die ABDA, dass auf die Streichung des § 78 Absatz 1 Satz 4 im Arzneimittelgesetz verzichtet wird. Zudem mahnt unsere Berufsvertretung an, dass die Regelungen zur Finanzierung der pharmazeutischen Dienstleistungen und den Geldflüssen präzisiert werden und verlangt auch mehr Geld für den Zuschlag, statt 20 Cent pro Rx-Packung sollten es 43 Cent sein. Nach wie vor in der Kritik stehen automatisierte Abgabestationen, sie sollten generell untersagt werden, es gebe dafür keinen Bedarf. Von wegen, mein liebes Tagebuch, Kunden nutzen z. B. sehr gerne die Abholfächer von Apotheken. Würde sie das Reformgesetz untersagen, wäre das ein Schuss übers Ziel hinaus. Und zum Thema Botendienst macht die ABDA ebenfalls Vorschläge. Im Gegensatz zu dem, was die Apothekenreform vorsieht, müsse der Bote unbedingt zum Apothekenpersonal gehören und die Beratungspflicht im Fall der Botenzustellung sollte nicht nur für Rx-Arzneimittel gelten. Man darf gespannt sein, wie der Bundesrat darüber denkt.

 

Na, mein liebes Tagebuch, wer glaubt, dass unsere Apothekenrechenzentren angesichts des E-Rezepts arbeitslos werden, irrt. Keine Sorge, die Rechenzentren schauen da gar nicht pessimistisch in die Zukunft. Zwar wird die Übersetzung von analogen Rezeptdaten in digitale  nicht mehr das Geschäftsmodell sein. Stattdessen sind unsere Rechenzentren bereits dabei, zahlreiche neue Dienstleistungen auszuspähen, auf die die Apotheken nicht werden verzichten können. Beispielsweise will man den Apotheken „schnelles Geld“ zur Verfügung stellen. Die Rechenzentren werden weiterhin Aufgaben wahrnehmen als Einrichtungen, die im Interesse der Apotheken Forderungen, Verbindlichkeiten und Lieferverpflichtungen gegenüber Kostenträgern managen können, und vieles mehr. Also, mein liebes Tagebuch, wir werden keinen Fonds für notleidende Apothekenrechenzentren auflegen müssen, bloß weil das E-Rezept kommt.



Peter Ditzel (diz), Apotheker / Herausgeber DAZ
redaktion@deutsche-apotheker-zeitung.de


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7 Kommentare

Wahnsinn

von Karl Friedrich Müller am 25.08.2019 um 18:04 Uhr

Warum kann man nicht antworten? Mist, nun muss ich noch mal schreiben

Man hat doch alles geahnt, nun haben wir es schwarz auf weiß.
Die Standesvertretung verrät uns und braucht nicht mal ein schlechtes Gewissen zu haben, „vertritt“ sie doch nur die 34. ein Klatschverein zum Abnicken ohne eigene Meinung. Die sollten allerdings uns vertreten.
Altmaier vertritt Kohl. Dafür sollte er zurücktreten. Spahn in seiner Selbstherrlichkeit ignoriert die Kompetenz des BMWi und sorgt für noch mehr Probleme. Alle halten zumindest Teile der Kollegen für Betrüger. Sehr bedrückend. Und keine gute Voraussetzung für Verhandlungen.
Alle müssten ihre Posten räumen - keiner sieht eine Veranlassung dazu.
Wir sind die Deppen, zumindest so lange, wie wir es nicht schaffen, wenigstens die ABDA Spitze abzulösen.
Wir müssen mit dem Müll zurecht kommen. Und mit der Gier der Versender und KK nach einem „Systemwechsel“, den der Patient teuer bezahlen wird.
Ich bin deprimiert und mag mich nicht aufregen.

» Auf diesen Kommentar antworten | 1 Antwort

AW: Noch mehr Wahnsinn

von Bernd Jas am 25.08.2019 um 23:31 Uhr

Keine "Angst" Herr Müller,

alles hier und im weiteren Gesundheitssystem sind von uns aus gesehen nur die ersten Vorzeichen, dass es bald ein Ende haben wird mit der Gelddruck- und Niedrigzinspolitik.
Dann wird Ihnen auferlegt, dass Sie im Krisenfall alle Medikamente die Ihnen eben noch noch als Eigentum anzurechnen waren, an die Bevölkerung abzugeben haben, und zwar unentgeltlich.
Ihre Konten werden auch auf der Grundlage des SAG (siehe Gesetze im Internet; ein Gesetz was unter aller Klammheimlichkeit verabschiedet wurde und NICHT der Öffentlichkeit kundgetan werden sollte) "geplündert". Und dann lieber Kollege dürfen Sie Sich richtig ärgern.

Bis jetzt haben wir uns nur besonders gut vera....en lassen, was uns für unsere künftige Rolle im Krisenmanagement bestens prädestiniert.

Skandal

von Reinhard Rodiger am 25.08.2019 um 15:53 Uhr

Das Verkauft -und-Veratenwerden durch die Standesvertretung ist so peinlich, dass es hier gar nicht erwähnt wird.
Dazu passt die Stellungnahme der ABDA zum Gesetz.
Dort wurde auf die Forderung nach der Erhöhung der Basishonorierung zugunsten der Zusatzleistungen verzichtet.
Diese wiederum wurden stillschweigend halbiert.Auch darüber
hier nichts. Doch am gefährlichsten ist die Formulierung im Gesetz, wonach Automaten mit geringen Voraussetzungen
verstellbar sind.Besonders gefährlich in Kombination mit dem e-Rezept.Dann ist die Supply-line zum Versand geschlossen.
Dies ist die eigentliche Sprengbombe. Auch nicht erwähnt.
Das gilt auch für die naheliegende Makelfunktion bei e-Rezepten. In allen Programmen ist die Zuweisung zu einer Apotheke vorgesehen.Man kennt das Prinzip von den Diabetespraxen. Ein kleines Kreuz der Einverständniserklärung, jetzt noch einfacher.Richtig virulent wird das in Verbindung mit Wiederholungsrezepten.
Nur nicht berichtet oder nicht bemerkt?
Wo wurde die Postion des BGH und mancher Kammer angegangen,dass der Versand erst die Struktur zerstört haben muss,bevor etwas unternommen wird? Warum wird die Aufgabe des Staates, das zu verhindern nicht aufgenommen und thematisiert? Zufall? Wohl eher nicht.

Alle Aufmerksamkeit wird dem Erkaufen der Option von noch nicht einmal definierten Zusatztätigkeiten geschenkt zu Lasten der Basisfinanzierung.

Ist die und das Nichtansprechen vieler vitaler Punkte ein Skandal oder eben nicht berücksichtigenswert , weil schon aufgegeben im Tausch ?

In jedem Fall ist Übersehen oder Ignorieren gefährlich und existenzbedrohend.


» Auf diesen Kommentar antworten | 1 Antwort

AW: Skandal

von Redaktion DAZ.online am 26.08.2019 um 9:16 Uhr

Lieber Herr Rodiger,

das Nicht-Erwähnen hat allein organisatorische Gründe. Der liebe Herr Ditzel erstellt das Tagebuch in seiner Freizeit, als diese Dinge ans Licht kamen, war es schlicht schon fertig und keiner verlangt von ihm Samstagabend noch auf aktuelle Entwicklungen zu reagieren. Oder wie man im Printjargon sagen würde: Das wurde nach Redaktionsschluss bekannt
Viele Grüße
Ihre Redaktion

Ich sag mal so

von Karl Friedrich Müller am 25.08.2019 um 12:44 Uhr

Die Ärzte haben zwar die TI, zumindest die meisten, aber eine grausame Software. So lange die Praxen nicht endlich den Datenstand aktualisieren, den alten Kram rausschmeißen und endlich ihre Mitarbeiter schulen, ist das System für das E Rezept nicht bereit und auch nicht allgemein anwendbar.

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Das letzte ... umfängliche Altmaierei ... aus dem AKK-Revier ...

von Christian Timme am 25.08.2019 um 8:53 Uhr

Killed by friendly fire ... zur Wahl bitte nachladen ... und bitte weiter so ...

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Haifische und Verkehrsregeln

von Ulrich Ströh am 25.08.2019 um 8:53 Uhr

Unstrittig wird der Wettbewerb um die besten Einlöse-Apps zunehmen und in dem zitierten Haifischbecken zählen keine Verkehrsregeln!

Es wird sich nur um Reichweite und Bekanntheit drehen.

Wo wird der betuliche DAV mit seiner gemeinsamen App da wahrgenommen werden?
Von den anderen aktuellen Nischenanbietern mal abgesehen.

Der Patient entscheidet!

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

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