Die letzte Woche

Mein liebes Tagebuch

25.08.2019, 08:00 Uhr

Das E-Rezept ante portas! Da ist noch eine Menge ungeklärt... (Foto: Andi Dalferth)

Das E-Rezept ante portas! Da ist noch eine Menge ungeklärt... (Foto: Andi Dalferth)


23. August 2019 

Übrigens, mein liebes Tagebuch, auf DAZ.online stand’s ja schon, jetzt bringt’s der „Focus“ in die Öffentlichkeit: „Das seltsame Engagement von Peter Altmaier für eine Pharmafirma in seinem Wahlkreis“. Es geht um die Beibehaltung und Modifizierung der Importregelung. Der „Focus“ schreibt: „Ärzte, Apotheken, AOKs, Patientenverbände und selbst das Gesundheitsministerium wollten Anfang 2019 Arznei-Importe zurückdrängen. Doch E-Mails aus dem Wirtschaftsministerium zeigen, dass sich Wirtschaftsminister Peter Altmaier Mitte Januar persönlich bei Gesundheitsminister Jens Spahn (beide CDU) für die Importeure einsetzte. Wenige Tage später war die Abschaffung der Importquote vom Tisch.“ Tja, mein liebes Tagebuch, man kann sich nur die Haare raufen oder den Kopf schütteln über das Gekungele, das hier gelaufen ist. Und staunt immer wieder über den Einfluss von Edwin Kohl, Chef des Importunternehmens Kohlpharma. Die Importregelung, ein Uralt-Zopf, ein Einfallstor für Fälschungen, ein Ärgernis für Patienten und Apotheker, hat in unserem modernen Gesundheitswesen nichts verloren – aber sie bleibt bestehen und wird nicht abgeschafft, weil ein Minister einem Pharmaunternehmen offenbar einen Gefallen tut. Bananenrepublik!

 

Was Feines für die Sonntagslektüre: Die kleinen Scharmützel zwischen Bundeswirtschaftsministerium und Bundesgesundheitsministerium. Aus Unterlagen des Bundeswirtschaftsministeriums (BMWi) geht hervor, dass man im Haus von Minister Peter Altmaier offenbar den Eindruck hatte, dass sich Bundesgesundheitsminister Jens Spahn den Erhalt des Rx-Versandes durch höhere Apotheken-Honorare erkaufen wollte. Wie Unterlagen zeigen, gab es zwischen dem BMG und dem BMWi auch intensiven Kontakt wegen der Importquote. Mein liebes Tagebuch, was da im Hintergrund lief, ist mehr als bemerkenswert. Und zeigt, es geht wie so oft weniger um Sachfragen, sondern um Macht und Einfluss. Mein liebes Tagebuch, mutmaßlicher Dialog zwischen Altmaier und Spahn: Lieber Jens, wenn Du mir die Importquote lässt, kann ich dem Edwin im Saarland was Gutes tun und Du darfst Deinen Rx-Versandhandel behalten. Abgemacht? Abgemacht! 

 

Bei ärztlichen Verschreibungen soll grundsätzlich die Dosierung auf dem Rezept vermerkt werden – das soll mit der kommenden Änderung der Arzneimittelverschreibungsverordnung gesetzlich verankert werden. Ist ja auch sinnvoll, mein liebes Tagebuch, es war übrigens eine Forderung, die von apothekerlicher Seite, sprich von unserer Standesvertretung eingebracht wurde. Die ABDA hat nun zu dieser vorgesehenen Änderungsverordnung Stellung genommen und darauf hingewiesen, „dass das Fehlen der ärztlicherseits vorzunehmenden Angabe der Dosierung auf einer Verordnung oder des entsprechenden schriftlichen Hinweises nicht zu einem erhöhten Retaxationsrisiko zulasten der Apotheke führen darf“. Vollkommen richtig, mein liebes Tagebuch, genauso wie die Forderung, dass bei Fehlen einer Dosierungsangabe auf dem Rezept der Apotheker auch ohne Rücksprache mit dem Arzt die Verschreibung entsprechend ergänzen kann. Na, dann wollen wir mal hoffen, dass das so kommt.

 

Mein liebes Tagebuch, ob wir Apothekers eine Nachricht wie diese noch jemals in unserem Leben lesen werden: „Der Deutsche Apothekerverband und der GKV-Spitzenverband haben ihre jährlichen Honorarverhandlungen abgeschlossen. Beide Parteien haben eine Preissteigerung für apothekerliche Leistungen vereinbart, die den Apothekern im kommenden Jahr rund XXX Mio. Euro mehr einbringen soll. Hinzu kommen noch Extra-Honorare für …“. Tja, eine Meldung mit diesem Tenor steht beispielsweise auf DAZ.online – einziger Unterschied: Es handelt sich um die abgeschlossenen Honorarverhandlungen zwischen GKV-Spitzenverband und Kassenärztlicher Bundesvereinigung. Mein liebes Tagebuch, die Ärzte haben es wieder geschafft, ihre jährliche Honorarsteigerung unter Dach und Fach zu bringen. Und was passiert bei uns Apothekers? Während wir um eine einmalige marginale Honorarerhöhung für den Nachtdienst und für die BtM-Doku ringen, während uns die Honorierung pharmazeutischer Dienstleistungen als Möhre vor die Nase gehalten wird, damit wir uns weiterhin abstrampeln für lau, laufen bei den Ärzten die Honorarverhandlungen en passant. Und dieses Mal gibt’s ein paar Extra-Bonbons als Add-on, zum Beispiel eine Anschubfinanzierung von 500 Euro pro Arztpraxis und Quartal, wenn die Ärzte  Videosprechstunden durchführen. – Und wir werden um ein paar lausige Cents für das Ausfüllen eines Medikationsplans kämpfen müssen. Ist diese Welt noch gerecht?



Peter Ditzel (diz), Apotheker / Herausgeber DAZ
redaktion@deutsche-apotheker-zeitung.de


Diesen Artikel teilen:


7 Kommentare

Wahnsinn

von Karl Friedrich Müller am 25.08.2019 um 18:04 Uhr

Warum kann man nicht antworten? Mist, nun muss ich noch mal schreiben

Man hat doch alles geahnt, nun haben wir es schwarz auf weiß.
Die Standesvertretung verrät uns und braucht nicht mal ein schlechtes Gewissen zu haben, „vertritt“ sie doch nur die 34. ein Klatschverein zum Abnicken ohne eigene Meinung. Die sollten allerdings uns vertreten.
Altmaier vertritt Kohl. Dafür sollte er zurücktreten. Spahn in seiner Selbstherrlichkeit ignoriert die Kompetenz des BMWi und sorgt für noch mehr Probleme. Alle halten zumindest Teile der Kollegen für Betrüger. Sehr bedrückend. Und keine gute Voraussetzung für Verhandlungen.
Alle müssten ihre Posten räumen - keiner sieht eine Veranlassung dazu.
Wir sind die Deppen, zumindest so lange, wie wir es nicht schaffen, wenigstens die ABDA Spitze abzulösen.
Wir müssen mit dem Müll zurecht kommen. Und mit der Gier der Versender und KK nach einem „Systemwechsel“, den der Patient teuer bezahlen wird.
Ich bin deprimiert und mag mich nicht aufregen.

» Auf diesen Kommentar antworten | 1 Antwort

AW: Noch mehr Wahnsinn

von Bernd Jas am 25.08.2019 um 23:31 Uhr

Keine "Angst" Herr Müller,

alles hier und im weiteren Gesundheitssystem sind von uns aus gesehen nur die ersten Vorzeichen, dass es bald ein Ende haben wird mit der Gelddruck- und Niedrigzinspolitik.
Dann wird Ihnen auferlegt, dass Sie im Krisenfall alle Medikamente die Ihnen eben noch noch als Eigentum anzurechnen waren, an die Bevölkerung abzugeben haben, und zwar unentgeltlich.
Ihre Konten werden auch auf der Grundlage des SAG (siehe Gesetze im Internet; ein Gesetz was unter aller Klammheimlichkeit verabschiedet wurde und NICHT der Öffentlichkeit kundgetan werden sollte) "geplündert". Und dann lieber Kollege dürfen Sie Sich richtig ärgern.

Bis jetzt haben wir uns nur besonders gut vera....en lassen, was uns für unsere künftige Rolle im Krisenmanagement bestens prädestiniert.

Skandal

von Reinhard Rodiger am 25.08.2019 um 15:53 Uhr

Das Verkauft -und-Veratenwerden durch die Standesvertretung ist so peinlich, dass es hier gar nicht erwähnt wird.
Dazu passt die Stellungnahme der ABDA zum Gesetz.
Dort wurde auf die Forderung nach der Erhöhung der Basishonorierung zugunsten der Zusatzleistungen verzichtet.
Diese wiederum wurden stillschweigend halbiert.Auch darüber
hier nichts. Doch am gefährlichsten ist die Formulierung im Gesetz, wonach Automaten mit geringen Voraussetzungen
verstellbar sind.Besonders gefährlich in Kombination mit dem e-Rezept.Dann ist die Supply-line zum Versand geschlossen.
Dies ist die eigentliche Sprengbombe. Auch nicht erwähnt.
Das gilt auch für die naheliegende Makelfunktion bei e-Rezepten. In allen Programmen ist die Zuweisung zu einer Apotheke vorgesehen.Man kennt das Prinzip von den Diabetespraxen. Ein kleines Kreuz der Einverständniserklärung, jetzt noch einfacher.Richtig virulent wird das in Verbindung mit Wiederholungsrezepten.
Nur nicht berichtet oder nicht bemerkt?
Wo wurde die Postion des BGH und mancher Kammer angegangen,dass der Versand erst die Struktur zerstört haben muss,bevor etwas unternommen wird? Warum wird die Aufgabe des Staates, das zu verhindern nicht aufgenommen und thematisiert? Zufall? Wohl eher nicht.

Alle Aufmerksamkeit wird dem Erkaufen der Option von noch nicht einmal definierten Zusatztätigkeiten geschenkt zu Lasten der Basisfinanzierung.

Ist die und das Nichtansprechen vieler vitaler Punkte ein Skandal oder eben nicht berücksichtigenswert , weil schon aufgegeben im Tausch ?

In jedem Fall ist Übersehen oder Ignorieren gefährlich und existenzbedrohend.


» Auf diesen Kommentar antworten | 1 Antwort

AW: Skandal

von Redaktion DAZ.online am 26.08.2019 um 9:16 Uhr

Lieber Herr Rodiger,

das Nicht-Erwähnen hat allein organisatorische Gründe. Der liebe Herr Ditzel erstellt das Tagebuch in seiner Freizeit, als diese Dinge ans Licht kamen, war es schlicht schon fertig und keiner verlangt von ihm Samstagabend noch auf aktuelle Entwicklungen zu reagieren. Oder wie man im Printjargon sagen würde: Das wurde nach Redaktionsschluss bekannt
Viele Grüße
Ihre Redaktion

Ich sag mal so

von Karl Friedrich Müller am 25.08.2019 um 12:44 Uhr

Die Ärzte haben zwar die TI, zumindest die meisten, aber eine grausame Software. So lange die Praxen nicht endlich den Datenstand aktualisieren, den alten Kram rausschmeißen und endlich ihre Mitarbeiter schulen, ist das System für das E Rezept nicht bereit und auch nicht allgemein anwendbar.

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Das letzte ... umfängliche Altmaierei ... aus dem AKK-Revier ...

von Christian Timme am 25.08.2019 um 8:53 Uhr

Killed by friendly fire ... zur Wahl bitte nachladen ... und bitte weiter so ...

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Haifische und Verkehrsregeln

von Ulrich Ströh am 25.08.2019 um 8:53 Uhr

Unstrittig wird der Wettbewerb um die besten Einlöse-Apps zunehmen und in dem zitierten Haifischbecken zählen keine Verkehrsregeln!

Es wird sich nur um Reichweite und Bekanntheit drehen.

Wo wird der betuliche DAV mit seiner gemeinsamen App da wahrgenommen werden?
Von den anderen aktuellen Nischenanbietern mal abgesehen.

Der Patient entscheidet!

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.