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27. September 2019
Tatort-Krimi, Teil 3: Zurück aus den USA und vor seiner Reise nach Afrika lässt es sich Bundesgesundheitsminister Jens Spahn nicht nehmen, dem Apothekertag einen Besuch abzustatten – und die Leviten zu lesen. Ja, Mist, er hatte die eigentlich gut kaschierte RxVV-Forderung des Apothekertags entdeckt. Er wusste, jetzt ist es höchste Zeit, in diesem Laden mal für Ordnung zu sorgen und zu zeigen, wo der Hammer hängt. Also setzt er sein Pokerface auf, strahlt gespielte Ruhe aus und erklärt den verdutzten Delegierten vollkommen relaxt dem Sinne nach: Hört mal zu, ihr Apothekers, es war nicht ich, der die Gleichpreisigkeit gekippt hat, es war der EuGH. Und die Preisbindung für EU-Versender im AMG kann ich gar nicht streichen, weil sie nach der EuGH-Entscheidung gar nicht mehr gilt. Tiefes Schweigen im Saal. Und Spahn setzt – immer noch ganz ruhig – eins drauf: In aller Deutlichkeit, liebe Apothekers, das RxVV hat keine Chance, mein Anwalt, das Bundesjustizministerium, dem ich voll vertraue, hält dieses Verbot für rechtlich nicht haltbar. Mein liebes Tagebuch, schon fast versöhnlich klingt Spahns Nachsatz: Und jetzt bring ich euch mit meinem Gesetz eine Gleichpreisigkeit zurück, die für 90% des Versichertenbereichs gilt, außerdem schenke ich euch pharmazeutische Dienstleistungen und Botendienst und und und, Chancen über Chancen! Doch, mein liebes Tagebuch, dabei bleibt es nicht. Wie ein Fanal klingen seine Worte, mit denen er den Delegierten klar macht mit Blick auf deren Liebe zum Bundesratsbeschluss: „Wenn Sie meinen, die Länder können das besser, stelle ich die Dinge in Berlin gerne ein, bis der Bundesrat seinen Gesetzentwurf vorlegt. Das meine ich sehr ernst.“ Mein liebes Tagebuch, wie versteinert sitzen die Delegierten im Saal. War das eine Drohung? Meint er das ernst? Kann er das überhaupt? Wer ist hier eigentlich der Gesetzgeber? Müssen wir unsere RxVV-Forderung in die Tonne kloppen?
Tatort-Krimi, Teil 4: Mein liebes Tagebuch, du kannst dir gar nicht vorstellen, wie groß die allgemeine Verunsicherung nach Spahns Auftritt war. Man fühlte sich ertappt, durchschaut, das Verstecken der RxVV-Forderung hatte nicht geklappt. Sitzt Spahn am längeren Hebel? Wie soll es jetzt nur weitergehen? Sitzungsleiter Andreas Kiefer stellte die Gewissensfrage: „Was sollen wir machen?“ Und Thomas Preis, Chef des AV Nordrheins: Sind 90%-Absicherung besser als keine, ja oder nein?“ Der ABDA-Präsident Friedemann Schmidt zeigte auf Alternativen, wie er sie sieht: „Entweder wir unterstützen die weitere Entwicklung des Spahnschen Apotheken-Stärkungsgesetzes oder wir verfolgen eine Gesetzgebungsinitiative des Bundesrates. Stehen wir hinter dem VOASG oder schaffen wir einen Initiativantrag im Bundesrat?“ Die Debatte wurde nachdenklicher. „Das Schlimmste ist, kein Gesetz zu bekommen“, so Overwiening. Und ein Delegierter: „Wir müssen die Chancen nutzen statt gegen die Wand zu rennen.“ Ein anderer: „Aber der Gesetzgeber ist nicht allein der Gesundheitsminister!“. Alles wahr, mein liebes Tagebuch. Schließlich verdichtete es sich: Wir wollen Spahn wissen lassen, dass wir das Gesetz weiterverfolgen, das Gesetzgebungsverfahren aber dennoch kritisch begleiten wollen. Denn Einfluss nehmen können wir, wenn’s denn endlich im Bundestag ist. Hauptsache, es kommt schnellstmöglich in den Bundestag – diese Strategie konnte am Ende eine große Mehrheit der Delegierten unterschreiben. Also, ein sanftes Endes dieses Krimi? Fast, denn das Dumme dabei ist: Wann und sogar ob das VOASG in den Bundestag kommt, steht in den Sternen. Die EU lässt grüßen.
23 Kommentare
Klugheit und Geduld
von Wolfgang Müller am 30.09.2019 um 13:27 Uhr
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Eigentlich wollte ich endlich die Kappe halten
von Karl Friedrich Müller am 30.09.2019 um 7:24 Uhr
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AW: Eigentlich wollte ich endlich die Kappe
von Karl Friedrich Müller am 30.09.2019 um 7:53 Uhr
AW: Eigentlich wollte ich auch die Klappe halten
von Reinhard Rodiger am 30.09.2019 um 11:19 Uhr
AW: Bitte nicht!
von Holger am 30.09.2019 um 14:57 Uhr
AW: Eigentlich wollte ich endlich die Kappe
von Gregor Dinakis am 30.09.2019 um 21:04 Uhr
Zukunftsperspektiven
von Apotheker 08 am 29.09.2019 um 18:36 Uhr
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Chance nicht vergeben.
von Reinhard Rodiger am 29.09.2019 um 18:10 Uhr
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Alles Müller oder was?
von Dr Schweikert-Wehner am 29.09.2019 um 16:12 Uhr
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Zukunftsfähigkeit Fehlanzeige ...
von Reinhard Herzog am 29.09.2019 um 14:41 Uhr
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AW: Die Zukunftsfähigkeit steckt im eigenen Hosenboden ...
von Christian Timme am 29.09.2019 um 16:23 Uhr
AW: Zukunftsfähigkeit Fehlanzeige?
von Wolfgang Müller am 29.09.2019 um 18:19 Uhr
AW: Zukunftsfähigkeit Fehlanzeige
von Gregor Dinakis am 30.09.2019 um 0:28 Uhr
AW: Konkurrenz
von Holger am 30.09.2019 um 15:34 Uhr
Weder RXVV noch VOASG
von Dr. Radman am 29.09.2019 um 13:11 Uhr
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AW: Sorry, aber ....
von Gunnar Müller, Detmold am 29.09.2019 um 13:59 Uhr
AW: Weder RXVV noch VOASG
von Dr. Radman am 29.09.2019 um 14:26 Uhr
Ernsthaft: Was für ein großartiger DAT!
von Wolfgang Müller am 29.09.2019 um 12:11 Uhr
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Spahns „Stöckchen“ kann mehr ...
von Christian Timme am 29.09.2019 um 10:09 Uhr
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Na denn: Alles auf „Anfang“!!
von Gunnar Müller, Detmold am 29.09.2019 um 9:49 Uhr
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AW: Brechtstange
von Holger am 30.09.2019 um 16:46 Uhr
Spahn und die Delegierten
von Ulrich Ströh am 29.09.2019 um 8:55 Uhr
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AW: Spahn und die Delegierten
von Conny am 29.09.2019 um 9:26 Uhr
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