Kommentar

Makelverbot und Dienstleistungen nicht vergessen!

Süsel - 17.10.2019, 11:24 Uhr

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) und die Regierungsfraktionen nehmen derzeit das Apotheken-Stärkungsgesetz auseinander. Dabei sollten sie nicht zwei weitere wichtige Neuregelungen vergessen, meint DAZ-Autor Thomas Müller-Bohn. (Foto: Schelbert)

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) und die Regierungsfraktionen nehmen derzeit das Apotheken-Stärkungsgesetz auseinander. Dabei sollten sie nicht zwei weitere wichtige Neuregelungen vergessen, meint DAZ-Autor Thomas Müller-Bohn. (Foto: Schelbert)


Die Fragmentierung der Neuregelungen für Apotheken ist das beherrschende Thema dieser Tage. Damit drängt sich die Frage auf: Warum werden dabei ausgerechnet die bedeutenden Themen Makelverbot und Dienstleistungen ausgespart? Wenn diese wichtigen Aspekte fehlen, untergraben die Bundesregierung und die Regierungsfraktionen das Vertrauen in die eigene Arbeit, meint DAZ-Redakteur Thomas Müller-Bohn in einem Kommentar.

In den vergangenen Tagen häuften sich die Meldungen über die verschiedensten Projekte des Bundesgesundheitsministeriums für die Apotheken. Die ursprünglichen Pläne für ein Apotheken-Stärkungsgesetz zerfallen in Einzelprojekte. 

Begonnen hat dies mit der Abspaltung einer Sammelverordnung zur Änderung der Arzneimittelpreisverordnung und der Apothekenbetriebsordnung. Diese wurde mittlerweile vom Bundeskabinett beschlossen. Für die Apotheken bedeutet dies voraussichtlich ab Januar 2020 mehr Geld für Notdienste und Betäubungsmittel. Das ist erfreulich für die Apotheken. Bei dieser Abspaltung ging es wohl um formale Zuständigkeiten: Schließlich ist der Königsweg zur Änderung der Arzneimittelpreisverordnung eine Verordnung aus der Bundesregierung, die nicht den Bundestag passiert, sondern direkt in den Bundesrat wandert. Aber schon da musste man sich fragen: Wie groß ist das Vertrauen des Bundesgesundheitsministeriums in das Überleben seines eigenen Gesetzes?

Aufteilung des VOASG

Dagegen verwundern die weiteren Fragmentierungen. Aus dem Vor-Ort-Apotheken-Stärkungsgesetz (VOASG) sollen die Modellversuche für Impfungen und die Wiederholungsverordnungen in einem anderen Gesetz eingeführt werden. Hier stellt sich die Frage, warum ausgerechnet die Neuerungen umgesetzt werden sollen, die das Verhältnis zwischen Ärzten und Apothekern belasten können.

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Das Digitale-Versorgung-Gesetz (DVG) hat bisher unverständlicherweise geradezu einen Bogen um die Apotheken gemacht, obwohl das E-Rezept sich als Thema aufgedrängt hätte. Doch nun soll dort die Anbindung der Apotheken an die Telematikinfrastruktur geregelt werden. Außerdem soll über einen Änderungsantrag zum DVG eine Datenbank mit verbindlichen Wirkstoffbezeichnungen für E-Medikationspläne eingeführt werden.

Zukunftsweisende Ideen sichern

Damit erscheint immer merkwürdiger, warum gerade die besonders zukunftsweisenden Ideen bisher nicht berücksichtigt werden: das Makelverbot und die neuen Dienstleistungen. Die Bundesregierung sollte zu diesen guten Ideen aus dem VOASG stehen und damit nicht warten, bis die Unklarheiten um die sozialrechtliche Preisbindung geklärt sind. 

Die Regeln zur Preisbindung sollen der EU-Kommission vorgelegt werden. Doch bleibt offen, wann sie sich konstituieren wird. Darum sollen diese Regeln warten. Doch wenn die Apotheken gestärkt werden sollen, müssten die anderen Maßnahmen jetzt weiter vorangetrieben werden. Sonst würde sich erneut die Frage stellen, ob die Regierung noch von ihrem eigenen Entwurf für das VOASG überzeugt ist.

Warum werden das Makelverbot und die Dienstleistungen im VOASG gelassen?

Auf die geplante Neuregelung zu automatischen Abgabestationen mag gerne verzichtet werden, weil sie eher neue Unklarheiten aufwirft. Doch warum werden die neuen Dienstleistungen und das Makelverbot für E-Rezepte zurückgehalten? Sollen dies doch „Entschädigungen“ der Apotheken für die unsichere Reform der Preisbindung sein? Unterscheidet das Ministerium zwischen mehr oder weniger wichtigen Maßnahmen? Das erscheint nicht plausibel. Denn bei den Impfungen geht es nur um Modellversuche auf einem eng begrenzten Gebiet. Die neuen Dienstleistungen sollen dagegen allgemein die Arzneimitteltherapiesicherheit für die Patienten verbessern und ganz neue Perspektiven eröffnen. Sie sind längst überfällig. Das Makelverbot erscheint mindestens ebenso wichtig und noch eiliger. Denn es ist eine dringend nötige ordnungspolitische Grundlage für die Digitalisierung, die alle Beteiligten schnell vorantreiben möchten. Dafür müssen die Weichen am Anfang richtig gestellt werden. 

Darum dürfen das Makelverbot und die neuen Dienstleistungen als Grundpfeiler für die Arzneimittelversorgung der Zukunft jetzt nicht vergessen werden.



Dr. Thomas Müller-Bohn (tmb), Apotheker und Dipl.-Kaufmann
redaktion@daz.online


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