Bundesgerichtshof

Wie weit darf die Werbung der EU-Versender gehen?

Berlin - 24.10.2019, 14:45 Uhr

Der Bundesgerichtshof befasst sich mit Werbeaktionen der Europa Apotheek und von DocMorris. ( r / Foto: DAZ.online / hfd)

Der Bundesgerichtshof befasst sich mit Werbeaktionen der Europa Apotheek und von DocMorris. ( r / Foto: DAZ.online / hfd)


Douglas: „DocMorris pervertiert EuGH-Urteil“

Am gestrigen Mittwoch hat der Bundesgerichtshof in beiden Verfahren mündlich verhandelt. Unter anderem wurde intensiv über die Auffassung von DocMorris diskutiert, das Zugabeverbot müsse einschränkend ausgelegt werden, da anderenfalls die Entscheidung des EuGH ihre Geltung nicht voll entfalten könne. Der EuGH habe EU-Versendern ja das Recht zugesprochen, Kunden zum Ausgleich von Wettbewerbsnachteilen etwas zukommen lassen zu dürfen, betont DocMorris. Dieses Urteil werde aber konterkariert, wenn das Zugabeverbot weiter gelte.

Aus Sicht der AKNR versucht DocMorris die Entscheidung des EuGH zu überdehnen. Die Kammer und ihr Prozessvertreter Dr. Morton Douglas hoffen nun, dass der Bundesgerichtshof diesem Ansinnen entgegentritt. Die Sache sei differenzierter als von dem Versender dargestellt: Der EuGH habe zwar entschieden, zum Ausgleich der vermeintlichen Nachteile dürfte das Preisrecht nicht auf ausländische Anbieter angewendet werden. Er habe aber nicht entschieden, dass dies auch für andere Vorschriften gelten müsse, insbesondere wenn diese – wie die des Heilmittelwerbegesetzes – unmittelbar dem Gesundheitsschutz der Verbraucher dienen.

Lästiger Patientenschutz

Douglas befürchtet einen „Dammbruch“, wenn der Bundesgerichtshof dies anders sieht: Letztlich könnte dann nämlich jede Vorschrift mit dem Hinweis auf den vermeintlichen Wettbewerbsnachteil ausgehebelt werden: Müsste man DocMorris dann auch das Teleshopping erlauben (§ 8 HWG)? Oder dürfte DocMorris dann für Arzneimittel mit der Wiedergabe von Krankengeschichten werben (§ 11 Abs. 1 Nr. 3 HWG)?

Gegenüber DAZ.online sagte der Rechtsanwalt: „DocMorris hat mit seiner auf die EuGH-Entscheidung gestützten Forderung in der mündlichen Verhandlung, der Bundesgerichtshof müsse bei allen Regelungen des Heilmittelwerbegesetzes in Zukunft dessen Anwendbarkeit neu prüfen, ganz klar zu erkennen gegeben, dass der Patientenschutz DocMorris vollkommen egal ist und nur als lästig erachtet wird, bei dem Bestreben Geld zu verdienen.“ Letztlich, so Douglas, pervertiere DocMorris das EuGH-Urteil: „Der EuGH hat DocMorris attestiert, dass sein Produkt schlechter sei als das der deutschen Apotheken. Nun soll der Anbieter eines schlechteren Produktes gefördert werden, indem ihm das Recht eingeräumt wird, den Verbraucher in einer Weise unsachlich zu beeinflussen, die den Anbietern der besseren Produkte ohne weiteres untersagt ist.“

Nun heißt es erst einmal abwarten. Seine Urteile wird der Bundesgerichtshof erst am 20. Februar verkünden.



Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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1 Kommentar

Doc Morris ist KEINE Apotheke

von Hermann Eiken am 24.10.2019 um 15:56 Uhr

Auch wenn sie es immer wieder in der Werbung betonen, Doc Morris dürfte sich gar nicht als Apotheke bezeichnen, und deshalb nach deutschem Recht nicht mit Arzneimitteln handeln! Wann wird das endlich mal für die unkontrollierte "Grensapoteeke " und ihre ähnlich agierenden Auslandsversender festgestellt. Dr. Douglas argumentiert vollkommen richtig damit, das Patientenschutz ein Fremdwort für diese zweifelhaften Konstrukte sei, und es nur ums Geldverdienen gehe. Können die dort angestellten leitenden Apotheker dieses Geschäftsmodell überhaupt vor ihrem Gewissen verantworten. In Deutschland müsste DIE BUDE sofort zugemacht werden. Und sowas lässt die Politik seit Jahren ohne Revisionen agieren?

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