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US-Studie
Arme städtische Gebiete leiden am meisten unter Apothekenschließungen
In den USA wurde zwischen 2009 und 2015 jede achte Apotheke geschlossen. Besonders traf es Apotheken in einkommensschwachen städtischen Regionen und unabhängige Apotheken. Welche Faktoren könnten speziell dafür verantwortlich sein? Das haben Wissenschaftler jetzt untersucht.
Wissenschaftler von der Universität von Illinois in Chicago und der Johns Hopkins Universität in Baltimore, Maryland haben Trends bei Apothekenschließungen in den USA untersucht und die Faktoren analysiert, die mit solchen Schließungen verbunden sein könnten. Nach ihrer Erhebung, die in JAMA Internal Medicine veröffentlicht wurde, stieg die Gesamtzahl der Apotheken in den USA zwischen 2009 und 2015 von 62.815 auf 67.721. Von den 74.883 Apotheken, die zu irgendeinem Zeitpunkt in Betrieb waren, waren bis 2015 9.564 (12,8 Prozent) geschlossen worden, das heißt etwa jede achte.
Unabhängige Apotheken und ärmere städtische Gegenden stärker betroffen
Die meisten Schließungen betrafen unabhängige Apotheken, also Apotheken die nicht in Ketten-Hand sind, und Standorte in ärmeren städtischen Gebieten. „Ärmere“ Gebiete assoziieren die Autoren mit unverhältnismäßig vielen Patienten mit geringem Einkommen, nicht versicherten und öffentlich versicherten Personen. Insgesamt war das Risiko einer Schließung in städtischen Regionen im Vergleich zu nichtstädtischen signifikant höher. In nichtstädtischen Gebieten waren die genannten Faktoren auch nicht mit den Schließungen assoziiert.
„Dies ist ein besorgniserregender Indikator für Apotheken, die Gemeinden versorgen, in denen es für Patienten mit niedrigem Einkommen ohnehin schwierig sein kann, an ihre Medikamente zu kommen“, kommentiert die Senior-Autorin Dima Qato vom College of Pharmacy an die Universität von Illinois die Ergebnisse.
„Die Bemühungen, den Zugang zu verschreibungspflichtigen Medikamenten zu verbessern, konzentrierten sich fast ausschließlich auf die Senkung der Arzneimittelkosten“, fügt Qato an, „aber erschwingliche Medikamente sind nicht leicht zugänglich, wenn eine lokale Apotheke schließt". Sie fordert deshalb Richtlinien, die speziell die Schließung von Apotheken regeln.
Landapotheken bekommen höhere Erstattungen
Die Wissenschaftlerin vermutet, das städtische Apotheken anfälliger sein könnten, weil sie nicht die gleichen finanziellen Anreize haben wie ländliche Apotheken. Viele Staaten hätten Programme eingeführt, die höhere Erstattungssätze für ländliche Apotheken vorsehen, um sicherzustellen, dass keine Apothekenwüsten entstehen.
Anhebung der Erstattungssätze von Medicare und Medicaid könnte helfen
In städtischen einkommensschwächeren Gebieten müssten die Apotheken mit den niedrigeren Erstattungssätzen im Rahmen von Medicare und Medicaid zurechtkommen. Medicare ist die öffentliche, bundesstaatliche Krankenversicherung in den USA für ältere Bürger ab 65 Jahren oder Behinderte. Medicaid ist ein sozialhilfeartiges Gesundheitsfürsorgeprogramm für Personenkreise mit geringem Einkommen, Kinder, Ältere und Menschen mit Behinderungen. Es wird von den einzelnen Bundesstaaten organisiert. Der Zugang zu Medicaid ist nur nach einer Bedürftigkeitsprüfung möglich. Ungefähr 6,5 Millionen Amerikaner erhalten Leistungen aus beiden Programmen. Laut Qato könnte eine Anhebung der Erstattungssätze von Medicare und Medicaid dazu beitragen, die Ungleichheit bei der Schließung von Apotheken zu beseitigen.
Unabhängige selten in „preferred pharmacy networks“
Außerdem stellen die Forscher die Hypothese auf, dass unabhängige Apotheken deswegen mit größerer Wahrscheinlichkeit schließen, weil sie häufig nicht an den „preferred pharmacy networks“ teilnehmen. Damit sind Gruppen von Apotheken gemeint, die sich bereit erklärt haben, Medicare im Rahmen der Versorgungsprogramme für verschreibungspflichtige Arzneimittel einen größeren Rabatt als andere Apotheken zu gewähren. Die Patienten können dann zwischen bevorzugten oder nicht bevorzugten Apotheken wählen. Wer sich für die bevorzugten Apotheken entscheidet, spart Geld, weil er weniger zuzahlen muss.
„Den Pharmacy Benefit Managern ausgeliefert“
Für den erhöhten Druck machen die Apotheker vor allem die Pharmacy Benefit Manager (PBM) in staatlichen Programmen für verschreibungspflichtige Medikamenten von Medicaid und Medicare verantwortlich, die als Kostenbremse die Erstattungssätze beschneiden. „Wir sind den Pharmacy Benefit Managern ausgeliefert", sagt Ronna Hauser, Apothekerin und Vizepräsidentin für Politik und Regulatorische Angelegenheiten bei der National Community Pharmacists Association. „Wir sind leider von ihnen abhängig, und es wird immer schwieriger." Zur Erklärung: Die PBM-Konzerne verhandeln in der Regel die Preise zwischen den Herstellern, den Versicherungen und den Apotheken. Zumeist kontrollieren die PBM-Konzerne auch selbst Versandapotheken oder Apothekenketten.
1 Kommentar
Muß USA immer ein Vorbild sein? Nein !!
von Heiko Barz am 31.10.2019 um 19:27 Uhr
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