Modellvorhaben zu Apotheken-Impfungen

Marburger Bund: Auch geschulte Apotheker sollten nicht impfen

Berlin - 12.11.2019, 16:15 Uhr

Die Jahreshauptversammlung des Marburger Bundes hat sich in einem Beschluss gegen Modellvorhaben zu Grippeimpfungen in Apotheken ausgesprochen. (m / Foto: imago images / Panthermedia)

Die Jahreshauptversammlung des Marburger Bundes hat sich in einem Beschluss gegen Modellvorhaben zu Grippeimpfungen in Apotheken ausgesprochen. (m / Foto: imago images / Panthermedia)


Mit dem Masernschutzgesetz könnte der Bundestag schon bald beschließen, dass Apotheken in Modellvorhaben Grippeimpfungen verabreichen. Der Protest der Ärzte gegen diese Regelung ebbt nicht ab. Am vergangenen Wochenende beschäftigte sich auch die Hauptversammlung des Marburger Bundes mit dem Thema. Der nicht überraschende Beschluss: Selbst geschulte Apotheker sind aus Sicht der Ärzte nicht in der Lage zu impfen.

Noch in dieser Woche könnte der Bundestag das Masernschutzgesetz beschließen. Die Große Koalition hatte daran kürzlich zwei Maßnahmen angehängt, die auch für die Apotheker sehr wichtig sind und ursprünglich im Apotheken-Stärkungsgesetz standen: die Wiederholungsrezepte und die Modellvorhaben zu Grippeschutzimpfungen in Apotheken. Mit beiden Maßnahmen will die Bundesregierung die Versorgung verbessern. Bei den Wiederholungsrezepten soll es Ärzten künftig möglich sein zu entscheiden, ob eine Wiedervorstellung des Patienten bei jeder Folgeverordnung wirklich notwendig ist. Und mit den Modellvorhaben soll erprobt werden, ob impfende Apotheker die Durchimpfungsrate gegen Influenza verbessern können.

Die Ärzte kämpfen jedoch schon seit Monaten gegen diese Pläne. Insbesondere die Impfungen in Apotheken, die übrigens in vielen Ländern Europas problemlos und mit positiven Ergebnissen schon jahrelang angeboten werden, haben es den Medizinern hierzulande angetan. Jüngstes Beispiel: der Marburger Bund. Auf der Jahreshauptversammlung winkten die anwesenden Delegierten einen Antrag durch, der vor den Modellvorhaben warnt. Wörtlich heißt es in dem Antrag:


Impfen ist eine ärztliche Tätigkeit und darf nur unter ärztlicher Aufsicht erfolgen. Zum Impfvorgang gehören immer eine Impfanamnese, eine Indikationsstellung, eine Abklärung von Kontraindikationen und eine Aufklärung. Im Rahmen der Impfung kann es zu seltenen, aber sehr schweren Zwischenfällen und Komplikationen kommen, die eine sofortige Einleitung von ärztlichen Notfallmaßnahmen benötigen. Andere Heilberufe, wie z.B. Apothekerinnen und Apotheker, erwerben diese Kompetenzen im heilkundlichen Bereich nicht. Eine Schulung reicht bei weitem nicht aus, um ausreichende Erfahrungen, Kenntnisse und Fertigkeiten zu erwerben, um die Patientensicherheit sicherzustellen. Aus diesen Gründen ist Impfen eine ärztliche Aufgabe.“

Beschluss der Jahreshauptversammlung des Marburger Bundes


ABDA verteidigt Impfungen in Apotheken

Die ABDA steht inzwischen hinter den Modellvorhaben. In der Anhörung vor dem Gesundheitsausschuss des Bundestages erinnerte die ABDA-Chefapothekerin Dr. Christiane Eckert-Lill an die Möglichkeiten, die Apotheker in diesem Bereich in vielen anderen europäischen Ländern haben. Sie legte auch Zahlen vor, die belegen, dass mit Hilfe der Apotheker die Durchimpfungsraten in bestimmten Indikationen deutlich verbessert werden konnten. In derselben Anhörung warnte hingegen die Vertreterin der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) vor Impfungen in Apotheken und verwies dabei auf mögliche Risiken, die Apotheker ihrer Meinung nach nicht kontrollieren können.

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Laut Neuregelung sollen Krankenkassen oder ihre Landesverbände mit Apothekern Verträge über Modellprojekte zur Durchführung von Grippeschutzimpfungen vereinbaren. In den Verträgen sollen die Voraussetzungen für die Durchführung von Grippeschutzimpfungen in Apotheken sowie deren Durchführung, Vergütung, Abrechnung und Dokumentation geregelt werden. Diese Modellprojekte sollen auf fünf Jahre begrenzt sein und wissenschaftlich begleitet und ausgewertet werden. Soweit das Berufsrecht nicht entgegensteht, könnten Apotheken, zumindest wenn es nach dem BMG geht, die Impfung in der Apotheke durchführen. Die Sicherheit der Patienten solle durch ärztliche Schulungen der Impfenden sichergestellt werden.

Diese Schulungen sollen dem Entwurf nach insbesondere umfassen:

  • Kompetenzen zur Durchführung von Grippeschutzimpfungen, einschließlich der Aufklärung und Einholung der Einwilligung,
  • Kenntnis und Beachtung von Kontraindikationen,
  • Kenntnis und Kompetenz zu Notfallmaßnahmen bei eventuellen akuten Impfreaktionen.


Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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4 Kommentare

Impfen

von Josef Lemke am 14.11.2019 um 21:55 Uhr

Ich will nicht impfen, aber Impfstoffe liefern zu gerechten Preisen und gerechter Bezahlung! Und möchte nicht retaxiert werden aus nichtigen Gründen.

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Wozu?

von Karl Friedrich Müller am 13.11.2019 um 13:42 Uhr

Wenn ich ärztliche Aufgaben übernehmen wollte, hätte ich Medizin studiert. Hätte ich können. Ich hab mich bewusst für Pharmazie entschieden.
Es ist im Prinzip ein toller, schöner, vielseitiger Beruf, in dem es genügend Betätigungsfelder gibt. Ich brauch keine Aufgaben der Ärzte dazu.
Ich brauch schon gar nicht die Bürokratie dazu, die die ABDA und Staat nur wieder zum Gängeln, überwachen, Stress bereiten nutzen. Dazu vermutlich miese Bezahlung

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Divide et impera

von So am Rande am 13.11.2019 um 8:29 Uhr

Als Apotheker würde ich mich strikt dagegen weigern, meine Patienten zu impfen. Ich glaube zwar, dass ich es technisch nach gewisser Zeit könnte, aber ich will mich nicht an dem Versuch der Krankenkassen beteiligen, einen weiteren Keil zwischen Ärzte und Apotheker zu treiben. Es ist politisch gewollt, dass es hier eine Diskussion über Zuständigkeiten entbrennt. Eine Forderung der Ärzteschaft könnte im Gegenzug, als Reaktion auf impfende Apotheker, ein Dispensierrecht sein. Und wahrlich: diese Forderung kann ich anhand impfender Apotheker sogar nachvollziehen. Die Grenzen zwischen den sich ergänzenden Berufsgruppen der Ärzte und Apotheker soll aufgelöst werden, damit beide Berufsgruppen in ihrer gesetzlichen Kompetenz geschwächt werden.

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AW: Divide et impera

von Heiko Barz am 13.11.2019 um 11:47 Uhr

Genau! Das ist exakt der „Spahnsche Sozialismus“! Vernichtung bestens bewährter Systeme, um aus dem entstehenden Chaos seine Zukunftsvisionen zu realisieren. Aus der entstehenden Neiddiskussion wird der Herr Spahn soviele gefrustete Patienten und Wähler generieren, die er für seine Kanzlerambitionen braucht.
„ Seht her, ich habe die Apotheker und Ärzte in die Knie gezwungen, da habe ich doch auch zumindest die Kraft, Euch als Kanzler zu führen“ !! Seid Ihr mir nun endlich mal dankbar!!

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