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Nichtmedikamentöse Optionen bei Migräne: wenig für die akute Attacke

Stuttgart - 30.11.2019, 10:00 Uhr

Nichtmedikamentöse Optionen werden als eine Möglichkeit zur sinnvollen Ergänzung zu Medikamenten betrachtet. Ihre Wirksamkeit bei akuten Attacken ist allerdings sehr begrenzt. (Foto: zinkevych / stock.adobe.com)

Nichtmedikamentöse Optionen werden als eine Möglichkeit zur sinnvollen Ergänzung zu Medikamenten betrachtet. Ihre Wirksamkeit bei akuten Attacken ist allerdings sehr begrenzt. (Foto: zinkevych / stock.adobe.com)


In der Migräne-Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Neurologie finden sich nicht nur Triptane und Co. sondern auch Nichtmedikamentöses. Sie werden als eine Möglichkeit zur sinnvollen Ergänzung zu Medikamenten betrachtet. Zudem kann im Einzelfall ihre Anwendung auch andere Gründe haben beispielsweise eine Kontraindikation gegen die pharmakologische Behandlung bzw. deren schlechte Verträglichkeit oder natürlich auch der Patientenwunsch nach einer nichtmedikamentösen Alternative. Ihre Wirksamkeit bei akuten Attacken ist allerdings sehr begrenzt.

Zur Wirksamkeit nichtmedikamentöser Verfahren bei akuten Migräneattacken liegen bisher nur wenige Daten vor. Beispielsweise hatte eine randomisierte kontrollierte Studie aus 2003 die Wirksamkeit von Akupunktur mit Sumatriptan (6 mg s.c.) bzw. Placebo in der akuten Attacke verglichen. Beide Interventionen waren in der Prävention der Entwicklung zu einer ausgeprägten Attacke etwa gleichwertig und Placebo signifikant überlegen. Bei der Behandlung einer schon schweren Migräneattacke war Sumatriptan signifikant überlegen. Gegenwärtig benennt die Migräne-Leitlinie lediglich das Vasokonstriktionstraining als geeignete nichtmedikamentöse Maßnahme bei einer akuten Attacke. Einige nichtmedikamentöse Maßnahmen können allerdings als Alternative zur medikamentösen Prophylaxe eingesetzt werden.

Nach der gegenwärtigen Datenlage gelten folgende nichtmedikamentöse Maßnahmen als effektiv in der Migräneprophylaxe:

Akupunktur: Sie eignet sich für Patienten, die eine medikamentöse Prophylaxe ablehnen oder nicht vertragen.

Regelmäßiger aerober Ausdauersport: Hierbei ist derzeit noch unklar, ob die Effekte eher unspezifisch im Sinne einer „Entspannung“ sind, oder ob spezifische Wirkungen durch eine Verbesserung der physischen Leistungsfähigkeit erreicht werden. Da Adipositas laut einer Studie mit einer höheren Kopfschmerzfrequenz einherzugehen scheint, könnte eine durch den Sport erzielte Gewichtsreduktion ebenfalls einen Effekt besitzen.

Psychologische Behandlung: Dafür kommen laut Leitlinie vor allem Patienten mit häufigen Migräneattacken infrage. Eingeteilt werden können die Verfahren in einfache (Biofeedback, Entspannung) und kombinierte (kognitiv-verhaltenstherapeutische). Für die kognitiv-verhaltenstherapeutischen Verfahren gibt es mittlerweile zahlreiche standardisierte Programme, die laut Studien in der Gruppendurchführung genauso wirksam wie in der Einzelintervention sind. Bei Patienten mit einer hochfrequenten Migräne sowie erheblicher Einschränkung der Lebensqualität sollten Verfahren der psychologischen Schmerztherapie (Schmerzbewältigung, Stressmanagement, Entspannungsverfahren) eingesetzt werden

Bisher ohne Wirksamkeitsnachweis

Wenn der Leidensdruck sehr hoch ist und alle Therapieversuche nicht den gewünschten Erfolg gebracht haben oder sich als zu nebenwirkungsreich erweisen, sind komplementäre oder alternative Maßnahmen für viele Migräne-Betroffene der letzte Rettungsanker. Die Leitlinienautoren verweisen jedoch darauf, dass wegen fehlender Studien für viele Verfahren keine Aussage zur Effektivität gemacht werden kann. Zu den Verfahren mit derzeit fehlendem Wirksamkeitsnachweis zählen unter anderem die chiropraktische Therapie, die Kolonhydrotherapie, die Entfernung von Amalgamfüllungen, die Gebisskorrektur sowie Aufbissschienen, die Frischzell-, Ozon- und hyperbare Sauerstoff-Therapie, die Magnetfeldbehandlung und die Neuraltherapie. Abgeraten wird von der Corrugator-Chirurgie, bei der der Musculus corrugator supercilii, ein Gesichtsmuskel oberhalb der Nasenwurzel, durchtrennt wird, sowie von sogenannten Daith Piercings, einem speziellen Piercing im Ohrknorpel. Eliminationsdiäten – nach vorheriger Bestimmung individueller Nahrungsmittelallergene – könnten bei Migräne effektiv sein, kontrollierte Studien liegen jedoch ebenfalls noch nicht vor.

Was bringen Apps?

Im Angebot der digitalen Stores für iOS- und Android-basierte Geräte finden sich auch einige Migräne-Apps wie Migraine Buddy, M-sense oder die Migräne App der Techniker Krankenkasse (entwickelt in Zusammenarbeit mit der Schmerzklinik Kiel), außerdem Bewertungen derselben. Wie beim herkömmlichen Migräne-Tagebuch werden in die App Auslöser und Symptome der Kopfschmerzen eingetragen. Der Krankheitsverlauf kann digital dokumentiert und mit wenigen Klicks analysiert und kontrolliert werden. Im Idealfall werden auf der Grundlage der eingegebenen individuellen Daten Verhaltensmaßnahmen vorgeschlagen. Sinnvoll erscheinen solche digitalen Helfer, bei denen der Patient mit der Anwendung nicht allein gelassen wird und wo auch der Arzt die aufbereitete Datenbasis nutzen kann. Die Migräne-Leitlinie hält sich – abgesehen von einem Verweis auf mögliche Potenziale – mit einer generellen Empfehlung digitaler Angebote zurück, da zum Zeitpunkt ihrer Fertigstellung im Januar 2018 für viele der verfügbaren Angebote weder Qualitätsstandards noch aussagekräftige Evaluationsstudien vorlagen.



Dr. Claudia Bruhn, Apothekerin / Autorin DAZ
redaktion@deutsche-apotheker-zeitung.de


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