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Bundestag
Fachverbände streiten über Exklusivverträge und Bevorratung
Der Gesundheitsausschuss des Bundestages hat am gestrigen Mittwochnachmittag die zuständigen Fachverbände zum Thema Arzneimittel-Lieferengpässe befragt. Anlass der Anhörung ist das geplante GKV-Faire-Kassenwettbewerb-Gesetz, mit dem die Bundesregierung auch Maßnahmen gegen Lieferengpässe auf den Weg bringen will. Die für Apotheker vorgesehene 24-Stunden-Regel wurde beispielsweise kritisiert. Uneinigkeit gab es beim Thema exklusive Generika-Ausschreibungen. Eine besonders heftige Reaktion zeigte der Großhandelsverband Phagro auf den Wunsch der Koalition, neue Pflichten zur Bevorratung einzuführen.
Mit dem Faire-Kassenwettbewerb-Gesetz (GKV-FKG), das eigentlich die Mechanismen in der GKV-Finanzierung neu regeln soll, wollen die Bundesregierung und die Regierungsfraktionen auch auf die zunehmenden Lieferengpässe reagieren. In einem Änderungsantrag zu dem Gesetz wollen Union und SPD beispielsweise festlegen, dass Apotheker 24 Stunden nach Auftauchen eines Defekts unter gewissen Bedingungen ein nicht-rabattiertes Arzneimittel abgeben dürfen. Außerdem soll das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) mehr Kompetenzen bekommen: Es soll künftig leichter sein, importierte Arzneimittel bei einem Engpass in Umlauf zu bringen. Außerdem soll sich ein Beirat mit mehreren Akteuren aus dem Gesundheitswesen bilden, der die Versorgungslage regelmäßig checkt. Das BfArM soll im Engpass-Fall auch weitere Maßnahmen anordnen dürfen und etwa Daten zur Versorgungslage bei Herstellern und Großhändlern abrufen sowie eine Bevorratung anordnen können.
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Im Zentrum der Debatte stand aber zunächst ein Thema, das im Gesetzentwurf bislang nicht enthalten ist: die Streichung der exklusiven Rabattvertragsausschreibungen. Mehrere Experten sprachen sich für eine Abschaffung der Exklusivität aus. AkdÄ-Chef Prof. Dr. Wolf-Dieter Ludwig hält zwar die Rabattverträge an sich für „nötig“, würde aber ein Modell mit „drei Anbietern“ bevorzugen, in dem zudem „mehr Transparenz“ darüber herrsche, wo die Wirkstoffe hergestellt werden. Auch ABDA-Hauptgeschäftsführer Dr. Sebastian Schmitz hält die „Institution Rabattverträge“ für notwendig. Man müsse sie nicht abschaffen, sondern ändern, so Schmitz. Allerdings würde auch die ABDA eine obligatorische Mehrfachausschreibung „sinnvoll“ finden – „mindestens bei zwei Anbietern“, so Schmitz. Denn dann könnten Apotheker schneller versorgen und im Engpass-Fall schneller Ersatzpräparate aussuchen. Die ABDA wünscht sich zusätzlich, dass in den Ausschreibungen vorgegeben wird, dass die Wirkstoffe bei verschiedenen Herstellern bezogen werden.
Gegen diese Forderung stellte sich Martin Litsch, Chef des AOK Bundesverbandes. Zur Erinnerung: Die AOK schreibt einen Großteil ihrer Rabattverträge exklusiv aus. Erst kürzlich hatte Dr. Christopher Hermann, Chef der federführenden AOK Baden-Württemberg, im DAZ.online-Interview erklärt, dass Exklusivverträge die Planungssicherheit der Hersteller erhöhen und somit zur Versorgungssicherheit beitragen. Litsch erneuerte diese Aussage am gestrigen Mittwoch im Bundestag. „Für die Anbieter ergibt sich in Exklusivverträgen eine sehr gut kalkulierbare Situation“, so der AOK-Chef. Sollte es verpflichtende Mehrfachverträge geben, werde es „wie früher“ werden, als die Anbieter versuchten mit Werbung ihre Produkte beim Apotheker zu platzieren und dadurch „andere in die Röhre guckten“.
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Litsch kann sich zumindest über die Unterstützung aus dem Bundesgesundheitsministerium (BMG) sicher sein: DAZ.online hatte kürzlich aus einem BMG-Papier berichtet, demzufolge das Ministerium die Exklusivverträge verteidigt und keinen Zusammenhang zu den Engpässen sieht. So ganz ist die Situation aber noch nicht entschärft: Schließlich hatten sich beide Regierungsfraktionen in Positionspapieren für die Streichung der Exklusivität ausgesprochen.
Auch die für die Apotheker geplante 24-Stunden-Regel war Thema in der Fachanhörung. Über eine schriftliche Stellungnahme hatte die ABDA bereits moniert, dass diese Regelung hinter die Austauschmöglichkeiten zurückfallen würde, die der neue Rahmenvertrag ermöglicht. In der mündlichen Anhörung wurde die ABDA dazu nicht gefragt, sondern zunächst der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv). Die vzbv-Vertreterin erklärte, dass der Austausch im Engpass-Fall möglichst kurzfristig möglich sein müsse und für die Patienten keine Mehrkosten entstehen dürften. Heftige Kritik gab es dazu von Wolf-Dieter Ludwig. Es sei „unbedingt zu befürworten“, dass die Austauschbarkeit erhöht werden soll. Diese Regelung habe aber wohl ein „Nicht-Mediziner“ formuliert, so Ludwig. Schließlich gebe es Arzneimittel, die schneller als innerhalb von 24 Stunden beliefert werden müssten. Ludwig kritisierte auch die „psychologische Belastung“ für den Patienten, wenn das versprochene Arzneimittel erst einen Tag später verfügbar werde. Die Frist sei also „nicht gerechtfertigt“.
Porstner und Ludwig uneinig über Bevorratung
Ludwig sorgte auch für einen kleinen Aufreger, der sich zwischen ihm und dem Großhandelsverband Phagro abspielte. Der AkdÄ-Chef sprach gleich zu Anfang der Befragung davon, dass eine Ausweitung der Bevorratungspflichten für Großhändler und Hersteller auf mehrere Wochen sinnvoll sei. Phagro-Geschäftsführer Thomas Porstner reagierte empfindlich auf diese Forderung. Offenbar gebe es ein „fehlendes Verständnis für die Funktion des Großhandels“, sagte Porstner. Und weiter: „Wir kaufen, um zu verkaufen.“ Die Auswirkungen einer neuen Pflicht wären für die Händler „fatal“ und „nicht geeignet“, um Lieferengpässe zu bekämpfen. Sie wären auch „nicht zumutbar“, weil die Unternehmen neue Lager aufbauen müssten, auch die gesteigerte „Kapitalbindung“ sprach Porstner an. Ludwig antwortete später, dass er kein Verständnis für den Phagro habe. Er appellierte an alle Beteiligten, gemeinsam an der Lösung des Problems zu arbeiten.
Schließlich äußerte sich die ABDA auch noch zu einem möglichen Export-Verbot. Die AfD-Fraktion hatte einen Gesetzesantrag entworfen, nach dem von Engpässen bedrohte Arzneimittel grundsätzlich vom Export ausgeschlossen werden sollen. ABDA-Chef Schmitz erklärte, dass er eine Export-Beschränkung „grundsätzlich für erwägenswert“ halte. Allerdings solle dieses Verbot „nur im Einzelfall“ gelten, weswegen er die geplanten Befähigungen im GKV-FKG bevorzuge. Eine generelles Export-Verbot sei europarechtlich schwer umzusetzen, so Schmitz.
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