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MC-Fragen im 2. Examen?
IMPP-Leiterin dementiert „Fake-News“ zum Pharmazie-Staatsexamen
Aktuell wird dem Institut für medizinische und pharmazeutische Prüfungsfragen (IMPP) unterstellt, die bisher mündlichen Prüfungen im zweiten pharmazeutischen Staatsexamen durch Multiple-Choice-Fragen ersetzen zu wollen. Darüber hinaus monieren Studierendenverbände eine zu voreilige Veröffentlichung von aktualisierten Gegenstandskatalogen. Was ist dran an den Gerüchten und Vorwürfen? Im DAZ-Interview stellt die IMPP-Leiterin Prof Dr. Jana Jünger klar, wie sich ihr Institut tatsächlich die Zukunft der pharmazeutischen Prüfungsabschnitte vorstellt.
Es war ein knapp formulierter Antrag der Apothekerkammer Berlin beim diesjährigen Deutschen Apothekertag (DAT) in Düsseldorf: „Aktuelle Bestrebungen des Instituts für medizinische und pharmazeutische Prüfungsfragen (IMPP) sehen vor, das 2. Staatsexamen in eine multiple-choice-basierte schriftliche Prüfung umzuwandeln, die dann vom IMPP betreut würde“, hieß es in der Begründung. Diese Entwicklung wollten die Delegierten aus der Hauptstadt verhindern und konnten ein positives Votum in der Vertreterversammlung erreichen – ohne größere Diskussion und weitere Nachfragen.
Doch stimmt das? Will das IMPP tatsächlich seinen Einfluss auf die pharmazeutischen Prüfungsabschnitte vergrößern und eine MC-Prüfung durchsetzen? Die amtierende Direktorin des IMPP, Prof. Dr. Jana Jünger, stellt in einem ausführlichen Interview in der aktuellen DAZ klar: Es handelt sich um unbestätigte Gerüchte. An diesen „Fake News“ sei überhaupt nichts Wahres dran. Dagegen ständen das IMPP und sie als Person aktuell im Kreuzfeuer der Kritik aus dem Lager der Pharmazeuten. Ihr gehe es vielmehr um eine grundlegende Auseinandersetzung mit den aktuellen Prüfungsformaten: „Mit MC alleine kann man vielleicht Wissen und Fakten abfragen, aber die klinische Entscheidungsfähigkeit wird mit dem Ankreuzen nicht erfasst.“ Jünger favorisiert dagegen multiple Prüfungen zu verschiedenen Zeitpunkten und in unterschiedlichen Formaten. „Das Ziel muss stets sein, dass den Absolventen sowohl das Lernen als auch das Behalten der Inhalte leicht fällt und vor allem, dass sie sicher in den Beruf starten“, so Jünger.
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BPhD fühlt sich ausgeschlossen
In der letzten Woche formulierte der Bundesverband der Pharmaziestudierenden in Deutschland (BPhD) zwei kritisierende Pressemitteilungen und Appelle in Richtung IMPP. In beiden Fällen ging es um offenbar voreilig veröffentlichte aktualisierte Gegenstandskataloge, einmal für die Mediziner, das andere Mal für die Pharmazeuten selbst. Das vorläufige Fazit dieser Kontroverse: Trotz stetigem Austausch mit dem IMPP seien die Verbände nicht über die Überarbeitung in Kenntnis gesetzt worden. Man sei lediglich durch eine E-Mail über die bereits erfolgte Veröffentlichung unterrichtet und somit vor vollendete Tatsachen gestellt worden. Zwar habe sich das IMPP bis jetzt stark um die Partizipation der Studierenden bemüht. Aus dem Prozess der Überarbeitung ihrer Gegenstandskataloges seien sie allerdings bewusst ausgeschlossen worden.
In einem Schreiben von Jünger an den BPhD, das der DAZ vorliegt, stellt die IMPP-Chefin den Studierenden in Aussicht, an dem nun beginnenden „innovativen, sicherlich länger andauernden Prozess zur kompetenzorientierten Neugestaltung des Gegenstandskatalog Pharmazie“ aktiv mitwirken zu können: „Die partizipativen Prozesse […] umfassen auch im kommenden Jahr Arbeitstreffen und Veranstaltungen, die nach unserer Vorstellung von einer wachsenden Beteiligung von ExpertInnen aus möglichst vielen pharmazeutischen Bereichen getragen werden.“
Einfluss der Hochschulpharmazie begrenzen
Die aufgeladene Stimmung gegenüber dem IMPP lässt sich wohl auch damit erklären, dass Jünger seit ihrem Amtsantritt vor mehr als drei Jahren versucht, die Prüfungen in Pharmazie, Medizin und Psychotherapie praxisnäher zu gestalten. Darum ist sie auf die Mitwirkung der Heilberufler aus den Standesvertretungen und der Praxis angewiesen. Gleichzeitig wird der Einfluss der Hochschule dadurch natürlich begrenzt. Das sorgt unweigerlich für Konfliktpotenzial.
Hinzu kommt, dass von Seiten der ABDA und Bundesapothekerkammer (BAK) im Zusammenhang mit dem „Perspektivpapier 2030“ zwar konkrete Vorschläge für eine Prüfungsreform erarbeitet wurden, diese aber offenbar nur unzureichend kommuniziert werden. Ein Schlüsselerlebnis für die IMPP-Chefin: Vor genau zwei Jahren, kurz vor Weihnachten, stieß sie eher zufällig auf den „Kompetenz-orientierten Lernzielkatalogs Pharmazie (KLP-P)“ auf der Website der ABDA. Dort haben die Apotheker ihre Vorstellungen von Lehr- und Prüfungsinhalten formuliert – und auf diesen Input ist Jünger angewiesen.
Professor im Ruhestand kämpft gegen die Klinische Pharmazie
Ausgerechnet die ABDA-eigene „Pharmazeutische Zeitung“ thematisiert diesen Umstand und die damit verbundene Chance aber derzeit nicht. Sie lässt mit Prof. Dr. Bernd Clement aus Kiel den Vorsitzenden der Konferenz der Fachbereiche Pharmazie des IMPP zu Wort kommen. Den 71-jährigen sehen manche jedoch als Hardliner unter den Pharmazeutischen Chemikern, der sich seit Jahren – sowohl öffentlich als auch hinter verschlossenen Türen – vehement gegen eine Weiterentwicklung der Approbationsordnung im Sinne einer Stärkung der Klinischen Pharmazie in Form eines eigenständigen Fachbereiches wehrt.
Darüber hinaus hört man immer wieder von Bestrebungen einzelner Hochschullehrer, die den zentralen Charakter der pharmazeutischen Prüfungsabschnitte am liebsten abschaffen würden und damit die Lehr- und Prüfungsinhalte selbst definieren wollen. Das würde ein Ende des Staatsxamenstudienganges Pharmazie bedeuten – eine zentrale und staatliche Überprüfung des Wissens und der Fähigkeiten der Absolventen bliebe außen vor.
Das wäre für IMPP-Chefin Jünger aus Sicht der Patienten und des solidarischen Gesundheitssystems der Super-GAU: „Überall in Deutschland müssen dafür gleiche Standards herrschen. Diese Frage kann daher nur einheitlich beantwortet werden, dafür braucht es eine zentrale Stelle.“ Ihr geht es um die Verbindlichkeit klinischer Empfehlungen, um Arzneimitteltherapiesicherheit und um ethische Standards. „Diese dürfen in Baden-Württemberg nicht anders sein als in NRW. Diese Vergleichbarkeit der Gesundheitsversorgung ist eine große Errungenschaft unseres Gesundheitssystems und unserer Demokratie. Das müssen wir bewahren und verstärken“, so Jünger im Interview in der aktuellen DAZ.
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