Nach jahrelangem Hin und Her

Endgültiges Aus für Kava-Kava

Stuttgart - 27.12.2019, 13:45 Uhr

Nach jahrelangem Hin und Her bei Kava Kava, ordnet das BfArM nun den Widerruf der Zulassungen für Kava-Kava-haltige Arzneimittel an. (b/Foto: Koji Ito / Yomiuri Shimbun/AP Images)

Nach jahrelangem Hin und Her bei Kava Kava, ordnet das BfArM nun den Widerruf der Zulassungen für Kava-Kava-haltige Arzneimittel an. (b/Foto: Koji Ito / Yomiuri Shimbun/AP Images)


Das BfArM widerruft die Zulassungen Kava-Kava-haltiger Arzneimittel. Das Nutzen-Risiko-Verhältnis sei ungünstig, eine Wirksamkeit nicht belegt, so die Begründung. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte folgt mit dieser Entscheidung dem Ausschuss für pflanzliche Arzneimittel (HMPC) der EMA und macht nach Jahren des Hin und Her an das Thema Kava-Kava einen Knopf.

Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) hat mit einem Bescheid vom 20. Dezember den Widerruf der Zulassung Kava-Kava-haltiger Arzneimittel angeordnet. Die Begründung: Das Nutzen-Risiko-Verhältnis sei ungünstig. Bereits im Sommer dieses Jahres nahm der Ausschuss für pflanzliche Arzneimittel (HMPC) der Europäischen Arzneimittel-Agentur eine ausführliche Beurteilung des Nutzen-Risiko-Verhältnisses Kava-Kava-haltiger Arzneimittel vor. Der HMPC kam zu dem Schluss, dass keine Pflanzenmonographie der Europäischen Union zur Verwendung von Piper methysticum G. Forst., Rhizom in Arzneimitteln erstellt werden kann, da das Nutzen-Risiko-Verhältnis zusammenfassend als negativ betrachtet werden müsse.

Hepatotoxisch und karzinogen

Insbesondere hatte der Ausschuss für pflanzliche Arzneimittel bei der EMA toxikologische Bedenken angeführt, unter anderem eine Hepatotoxizität und das karzinogene Potenzial, und in seiner Einschätzung berücksichtigt, dass spontan gemeldete Verdachtsfälle von Nebenwirkungen über das Auftreten von Leberschäden – einschließlich Fälle von Leberversagen, die zu Lebertransplantationen und tödlichen Verläufen führten – vorlägen.

Keine anerkannte Wirkung

Die regulatorischen Voraussetzungen könnten als nicht erfüllt angesehen werden, da die fraglichen arzneilich wirksamen Bestandteile weder eine anerkannte Wirksamkeit hätten noch ein akzeptables Sicherheitsniveau aufwiesen, so der HMPC. Nicht betroffen von dieser Einschätzung waren Arzneimittel, die nach einer im Homöopathischen Teil des Arzneibuches beschriebenen Verfahrenstechnik hergestellt werden und Kava-Kava-Zubereitungen in einer Endkonzentration enthalten, die geringer ist als die vierte Dezimalpotenz (D4). Zudem Arzneimittel, die nach einer im Homöopathischen Teil des Arzneibuches beschriebenen spagyrischen Verfahrenstechnik nach Zimpel (Vorschriften 25 und 26) hergestellt werden. Dieser Einschätzung ist das BfArM nun gefolgt.

Wirksamkeit bei Angststörungen nicht belegt

Das BfArM erklärt: „Die Beurteilung des HMPC stellt den aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstand dar. Das BfArM sieht keine Veranlassung, von dieser Beurteilung abzuweichen“. 
Das BfArM käme bei der Prüfung der für die betroffenen Arzneimittel eingereichten klinischen Unterlagen zum gleichen Ergebnis wie der HMPC in seinem Bewertungsbericht: Danach lägen keine hinreichenden Wirksamkeitsbelege für ethanolische Kava-Kava-Extrakte für die klinische Anwendung bei Angststörungen vor, schreibt die Behörde in dem ergangenen Bescheid vom 20. Dezember.

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Widerruf war rechtswidrig

BfArM akzeptiert Kava-Kava-Urteile

Bereits seit 2002 geht das Drama um Kava-Kava-haltige Arzneimittel – mit Ruhen der Zulassungen und Widerrufen der Zulassungen und teilweisem Comeback von Kava-Kava. Denn zwischenzeitlich wurde mit Urteilen vom 25.02.2015 (OVG 13 A 1371/14 – OVG 13 A 1378/14) des OVG NRW der Widerruf der Zulassungen bestimmter  Kava-Kava-haltiger Arzneimittel durch den BfArM-Bescheid vom 21.12.2007 aufgehoben. Wobei gleichzeitig das Gericht damals feststellte, dass das Nutzen-Risiko-Verhältnis der verfahrensgegenständlichen Arzneimittel ungünstig sei und deshalb Maßnahmen erforderlich seien, die eine weitere Verkehrsfähigkeit der Produkte ohne unvertretbare Gefahren für die öffentliche Gesundheit gewährleisten.

Bescheid sofort vollziehbar

Die Rechtmäßigkeit der mit dem Bescheid vom 28.08.2015 angeordneten Maßnahmen bestätigte zuletzt das Verwaltungsgericht Köln mit Urteilen vom 22.01.2019 (Urteile nicht rechtskräftig). 
Das VG Köln stufte die HMPC Bewertung jedoch dem BfArM zufolge „als insuffizient“ ein, diese sei „rechtskräftig als untauglich bewertet“. Das BfArM merkt in diesem Zusammenhang jedoch an, dass die Entscheidungen des VG Köln vom 22.01.2019 nicht – auch nicht teilweise – rechtskräftig sind, da der Antrag auf Zulassung der Berufung den Eintritt der Rechtskraft vollumfänglich hemme, so das BfArM.

HMPC-Bewertung liefert neuen Sachverhalt

Des Weiteren treffe es nicht zu, dass sich das VG Köln bereits (abschließend) positiv oder negativ zur HMPC-Bewertung positioniert habe, Gegenstand der Entscheidungen vom 22.01.2019 waren ausschließlich die mit dem Stufenplanbescheid vom 24.08.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15.12.2015 angeordneten Risikominimierungsmaßnahmen. Diese wurden nicht auf die – erst im Jahr 2017 veröffentlichte – HMPC-Bewertung gestützt.

Mit der HMPC-Bewertung liege folglich sehr wohl ein neuer Sachstand vor, der zur Grundlage eines neuen Stufenplanverfahrens gemacht werden könne, so das BfArM. Diese Entscheidung ist gemäß § 30 Abs. 3 Satz 4 AMG sofort vollziehbar. Widerspruch und Anfechtungsklage haben keine aufschiebende Wirkung, § 30 Abs. 3 Satz5 AMG.



Celine Müller, Apothekerin, Redakteurin DAZ.online (cel)
redaktion@daz.online


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4 Kommentare

Unkenntnis ist Beschämend

von Lorenzo O am 04.02.2020 um 0:34 Uhr

Die Unkenntnis auf der dieser Entscheidung beruht, ist schlichtweg beschämend.

Auf meinen vielen Reisen durch den Pazifik habe ich über zwei dutzend Inseln in sieben Staaten besucht. Die Menschen leben dort auf winzigen Inseln mit aktiven Vulkanen und voller böswilliger Naturgeister, in einem Gebiet mit der höchsten Hurrikanzahl jedes Jahr, umringt mit Gewässern voller Haifische. Angststörungen gibt es hier jedoch so gut wie nicht.

Ein grosser Teil der Erwachsenen trinken zusammen oft das hundertfache der "empfohlenen" Dosis von Kava beinahe jeden Abend.
Leberschäden gibt es jedoch AUCH dort bloss bei Alkoholikern und andersartig kranken Menschen.

Ein solches Gerichtsverfahren zieht sich ja jeweils über Monate hin. Da kann es ja nicht zuviel verlangt sein, sich die Sache selber anschauen zu gehen oder wenigstens bei einer dortigen Gesubdheitsbehörde nach Zahlen zu Lebererkrankten fragen, bevor man einen Entscheid fällt.
Schlichtweg beschämend!

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????

von Peter Boehm; Dipl-Biol. HP am 30.12.2019 um 11:47 Uhr

Ist ein so hervorragendes Mittel, ohne kognitive Einschränkungen.
WHO und FDA sehen nur geringe Gefahren für die Leber, abhängig von der Herstellung.
P. meth. wurde seit Jahrhunderten verwendet in natürlicher Form ohne bekannte Leberschäden, dese treten vorwiegend in Europa auf....
Paracetamol ist weiterhin frei verkäuflich......


» Auf diesen Kommentar antworten | 1 Antwort

AW: ????

von Baumgarth am 09.01.2020 um 8:45 Uhr

Ich verstehe eines nicht. Alle Gegner behaupten kava Produkte seien auch in homöopathischer Form gefaehrlich. Wie kann das sein, wenn angeblich keine Spuren des Medikamentes mehr durch die Verdünnung vorhanden sind. Wie kann etwas leberschaedigend sein wenn keine Spuren vorhanden sind. Ich bin froh gewesen als kava wieder auf dem Markt kam. Meine angststoerungen sind stark gemildert.

Unverständlich

von Dr. Kloebner am 27.12.2019 um 22:43 Uhr

Kann es sein, dass da nur Idioten am Werk sind? Oder ist es das unrühmliche Ende einer langen Intrige gg. ein super Phytopräparat? Ich habe mal gelernt, dass die Datenlage gut ist, was auch Fallberichte aus meinem Umfeld und der Apothekenpraxis widerspiegeln, und dass die NW beim BfArM nicht gut dokumentiert waren und in nahezu allen Fällen eine hepatoxische Komedikation vorlag. Schade, schade...

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

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