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Saarland
Kammer will Berufsordnung für Apotheken-Impfungen ändern
Ab März können Apotheker und Krankenkassen Modellvorhaben zu Grippeschutzimpfungen in Apotheken vereinbaren – denn dann tritt das kürzlich beschlossene Masernschutzgesetz in Kraft. Damit Apotheker aber auch aus rechtlicher Sicht impfen dürfen, müssen viele Apothekerkammern noch ihre Berufsordnungen ändern. Die Apothekerkammer Saarland hat eine solche Änderung bereits vorbereitet. Die Ärzte im Saarland sind allerdings wenig begeistert.
Kurz vor Weihnachten winkte der Bundesrat das Masernschutzgesetz durch. Neben den Wiederholungsverordnungen wird es Apothekern, Gruppen von Apothekern oder Landesapothekerverbänden demnach künftig möglich sein, mit Krankenkassen Modellvorhaben zu Grippeschutzimpfungen in den Apotheken zu vereinbaren. (Hier erfahren Sie mehr über die Modellvorhaben.) Die Apotheker müssen dafür allerdings vorher geschult werden.
Impfungen in Apotheken sind jedoch gar nicht so einfach einzuführen. Da wäre zunächst einmal das Berufsrecht: Die Berufsordnungen der Apotheker lassen solche – eigentlich ärztlichen – Tätigkeiten derzeit schlichtweg nicht zu. Für die Apotheker gibt es nicht – wie bei den Ärzten – eine bundesweit gültige Muster-Berufsordnung, an die sich die Kammern in den einzelnen Regionen dann anpassen (können).
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Nachdem der Beschluss des Bundestages und des Bundesrates zu den Modellvorhaben nun feststehen, gibt es bei den Kammern erste Regungen, das Berufsrecht zu ändern. Ein Sprecher der Kammer des Saarlandes erklärte gegenüber DAZ.online:
Es ist angedacht, die Berufsordnung der Apothekerkammer des Saarlandes mit Blick auf die ab März möglichen Modellvorhaben zu Grippeschutzimpfungen in Apotheken zu ändern. Derzeit heißt es in der Berufsordnung: ‚Die Ausübung der Heilkunde verstößt gegen das Berufsrecht‘. Künftig soll es aber heißen: ‚Die Ausübung der Heilkunde verstößt gegen das Berufsrecht, sofern nicht ausdrücklich vom Gesetzgeber vorgesehen.‘ Damit wollen wir den impfwilligen Apothekern/-innen die Möglichkeit geben, gesetzlich vorgesehene Instrumente umzusetzen.“
KV Saarland sieht Impfungen in Apotheken skeptisch
Damit eine solche Änderung des Berufsrechtes in Kraft tritt, muss die Kammerversammlung dies per Satzungsänderung beschließen. Wie bei jeder Änderung an der Satzung, muss dies dann durch die Aufsichtsbehörde – also durch das Sozialministerium – genehmigt werden.
Aber reicht eine Anpassung des Berufsrechts aus juristischer Sicht? Der Apotheker und Jurist Effertz hatte dies in der DAZ hinterfragt und darauf hingewiesen, dass es ein „weit verbreiteter Irrglaube“ sei, dass die Impfungen nur durch das Berufsrecht verboten seien. Vielmehr stehe auch im Heilpraktikergesetz, dass es einer „Erlaubnis“ bedürfe, „wenn man die Heilkunde, ohne als Arzt bestallt zu sein, ausüben will“. Effertz meint allerdings, dass Impfungen ohnehin nicht der Heilkunde zuzuordnen seien – sondern vielmehr der Prävention. „Folglich existiert auch keine Rechtsgrundlage für einen Arztvorbehalt für Impfungen, was deren häufige Durchführung durch nichtärztliche Mitarbeiter in der Praxis erklärt“, schreibt er.
Ärzte wehren sich weiter
Ganz unabhängig von der juristischen Debatte gibt es auch im Saarland eine politische Debatte um die neuen Modellvorhaben zu Impfungen in Apotheken. Denn die Vertreterversammlung der KV des Saarlandes hat die neue Aufgabe für Apotheker erst kürzlich in einem Beschluss explizit abgelehnt. Impfen ist eine originäre ärztliche Aufgabe und muss es auch bleiben. „Die VV ist daher gegen eine Aufweichung der Grenze zwischen ärztlicher und pharmazeutischer Tätigkeit“, heißt es in einer Mitteilung der KV.
Die Apothekerkammer Saarland reagierte am heutigen Montag auf diesen Beschluss in einer Pressemitteilung. Dort heißt es, dass man die Modellvorhaben „konstruktiv begleiten“ wolle. Kammerpräsident Manfred Saar erinnerte aber auch daran, dass die Apotheker die Impf-Neuregelung nicht forciert hätten. Saar wörtlich:
Wir wollen dazu beitragen, dass Menschen in Deutschland gegen Grippe geimpft werden. Apotheken sind niedrigschwellige Anlaufstellen für Millionen Menschen, die kompetente Gesundheitsberatung vor Ort suchen. Was in Amerika oder Frankreich möglich ist, könnte auch hierzulande funktionieren. Regionale Modellprojekte sind der richtige Weg, um auszuprobieren, ob und wie das Ziel erreicht werden kann, über Apotheken noch mehr Menschen mit der Impfung zu erreichen. Dies muss natürlich fachlich gut vorbereitet sein. Die Apothekerinnen und Apotheker sind sich ihrer Verantwortung und etwaiger Risiken durchaus bewusst. Klar ist aber auch, dass Grippeimpfungen in Apotheken nur eine Ergänzung für das bestehende Versorgungssystem sein können. Die Apothekerkammer des Saarlandes hat zu keinem Zeitpunkt die Grippeimpfung durch Apotheken aktiv eingefordert. Wenn aber der Gesetzgeber einen entsprechenden Auftrag erteilt, nehmen wir uns dessen an. Dass nicht jede Apotheke diese Leistung anbieten kann und will, ist allen Beteiligten bewusst. Die nunmehr anvisierten Modellprojekte sollen dazu dienen, erste Erfahrungen in diesem für Apotheken neuen Aufgabengebiet zu sammeln. Den vom Gesetzgeber vorgegebenen Weg wollen wir in sehr enger Zusammenarbeit mit der Ärzteschaft beschreiten.“
Brandenburger Ärzte und Apotheker im Schulterschuss gegen Impfungen
Klar ist auch, dass es nicht in allen Bundesländern entsprechende Änderungen im Berufsrecht geben wird. Denn die Brandenburger Ärzte- und Apothekerkammern hatten vor einigen Wochen eine gemeinsame Resolution verabschiedet, in der sie sich gemeinsam gegen Apotheken-Impfungen aussprechen. Kammerpräsident Jens Dobbert erklärte damals, dass es in Brandenburg keine Impfungen in Apotheken geben werde.
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