Pharma Mall und Co.

Schon wieder die Betriebserlaubnis nachweisen?

Stuttgart - 28.01.2020, 10:15 Uhr

Wird Ihnen der Papierkram in der Apotheke manchmal auch zu viel? (Foto: imago images / Westend61)

Wird Ihnen der Papierkram in der Apotheke manchmal auch zu viel? (Foto: imago images / Westend61)


Der Bürokratieaufwand gehört in Apotheken zum Alltag, und doch schafft er es immer wieder, das Blut der Apotheker in Wallung zu bringen. Zuletzt haben DAZ.online entsprechende Beschwerden über die Pharma Mall erreicht: Es wurde – mal wieder – nach der Betriebserlaubnis gefragt. Könnte ein Zentralregister für Apotheken, wie beispielsweise beim DAT 2018 gefordert, in solchen Fällen Abhilfe schaffen? 

Dass der alltägliche bürokratische Aufwand in Apotheken groß ist, wird niemand bestreiten, mancher wird gar von Bürokratiewahnsinn sprechen. Kommen dann in größeren Abständen weitere bürokratische Forderungen zum normalen Tagesgeschäft hinzu, kann die fordernde Partei durchaus zum Objekt des Zorns mancher Apotheker werden. Zuletzt haben DAZ.online mehrere Beschwerden aus Bayern über Pharma Mall erreicht. Das „Gemeinschaftsunternehmen führender Arzneimittelhersteller“ möchte Transaktionsprozesse zwischen Pharmaherstellern und Kunden eigentlich optimieren und hatte nach der aktuellen Betriebserlaubnis der Apotheker gefragt.

  • Die Pharma Mall wolle „mal wieder“ die Betriebserlaubnis, heißt es da beispielsweise – jetzt reiche die viel geschwärzte erste Seite des Dokumentes nicht mehr.
  • In einem weiteren Fall geht es nicht nur um die Bestellplattform Pharma Mall, sondern auch um die Firma Novartis. Laut Schilderung wurde ein sehr wichtiges Arzneimittel schon seit über einem halben Jahr monatlich über Pharma Mall von Novartis bestellt, weil es nicht über den pharmazeutischen Großhandel zu beziehen sei. Pharma Mall habe Ende vergangenen Jahres dann aber erneut die Apohekenbetriebserlaubnis angefordert, um den gesetzlichen Auflagen Genüge zu tun. 
  • In einem dritten Fall lagen wie im ersten Fall nicht alle Seiten der Betriebserlaubnis vor, zudem bemängelte Pharma Mall eine fehlende Unterschrift und einen fehlenden Stempel der ausstellenden Behörde. 

Doch nicht nur die bayerischen Apotheker treibt das Thema um: Die Fraktion der Basisapotheker (Kammerversammlung der AKWL) fordert in einer Mail zudem: „Initiative zum Bürokratieabbau: Schaffung eines bundeseinheitlichen Apothekenregisters.“ Gerichtet war diese an Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU). Dort ging es zwar nicht um die Pharma Mall, aber um das gleiche Bürokratie-Ärgernis, das in den oben genannten Beispielen deutlich wird. Der Großhändler Noweda fragte demnach kürzlich ebenso nach der Betriebserlaubnis von Apotheken. Wörtlich wird in der E-Mail moniert:


Offensichtlich sind weder die Bundesapothekerkammer – immerhin gut drei Jahre nach unserer ersten Anfrage – noch die Firma IQVIA (nach eigener Auskunft aktuell ca. 13.000 erfasste Apotheken) derzeit in der Lage, eine elektronisch abrufbare, vollständige und verbindliche Auskunft über den Status von Apotheken in Deutschland zu geben, so dass nach wie vor Einzelanfragen der Lieferanten bei den Apotheken erforderlich sind“

E-Mail der Fraktion Basisapotheker vom 16. Januar, gerichtet an Bundesgesundheitsminister Spahn


Dabei würde doch „nach den umfangreichen Meldungen im Zusammenhang mit der Einführung des Systems Securpharm“ das Einrichten eines solchen Verzeichnisses ein Leichtes sein, heißt es. 

Ist das geschilderte Problem wirklich so ärgerlich und doch so leicht zu lösen, wie dargestellt wird? DAZ.online hat unter anderem bei Pharma Mall nachgefragt.

Initiative zum Bürokratieabbau

Schon 2016 hieß es in einem entsprechenden Schriftwechsel (angehängt an die E-Mail der Basisapotheker vom 16. Januar 2020), dass solche Anfragen nach Betriebserlaubnissen offenbar immer wieder „gieskannenartig“ Apotheken erreichen – selbst wenn kein Geschäftsverhältnis bestehe. 2017 äußerte sich in diesem Schriftwechsel dann auch die BAK zum Sachverhalt. „Die Errichtung eines vollständigen und richtigen Bundesapothekenregisters setzt eine enge Zusammenarbeit mit einer Vielzahl von Landesbehörden voraus, die für die Erteilung und gegebenenfalls den Einzug von Betriebserlaubnissen zuständig sind“, heißt es dort. Die Chancen für eine solche (digitale) Kooperation wurden damals als nicht unwahrscheinlich dargestellt, jedoch sei zu diskutieren, ob die Daten schließlich auch Herstellern zugänglich gemacht werden könnten. Außerdem hieß es von Seiten der BAK 2017:


Unabhängig von einer noch zu errichtenden Datenbank besteht nach unserer Kenntnis ein Konsens zwischen den obersten Landesgesundheitsbehörden der Bundesländer, dass nach einmaliger Abfrage der Betriebserlaubnis durch den Hersteller allein der fortgesetzte Betrieb der Apotheke hinreichend Gewähr für deren Fortbestand leistet. Mehrfache Abfragen durch denselben Hersteller werden danach nicht verlangt.“ 

Schreiben der Bundesapothekerkammer, Januar 2017


Dass die Hersteller das anders sehen, zeigen bereits die eingangs geschilderten Beispiele. Das Problem wurde 2017 damit also nicht gelöst. Beim Deutschen Apothekertag (DAT) im Oktober 2018 erhielt es unter dem Schlagwort „Apothekenregister“ dann eine neue Aufmerksamkeit. Ein Antrag der Apothekerkammer Berlin (Ziffer 3.5.1) lautete: „Die Hauptversammlung der deutschen Apothekerinnen und Apotheker fordert das Bundesministerium für Gesundheit auf, eine Rechtsgrundlage für ein Zentralregister der in der Bundesrepublik Deutschland tätigen bzw. wohnhaften Apothekerinnen und Apotheker zu schaffen. Dieses Zentralregister soll unter der Leitung der Bundesapothekerkammer geführt werden.“ Zur Begründung des Antrags hieß es unter anderem, dass die Approbationsbehörden der Länder sich nach eigener Aussage außerstande sehen, Auskunft über die Gültigkeit von Approbationen und Berufserlaubnissen zu geben. 

Der Antrag wurde in den Ausschuss verwiesen. Im Dezember 2018 erkundigte sich die Fraktion der Basisapotheker erneut nach dem Sachstand: „Mit der bevorstehenden Einführung von Securpharm dürften ja nun auch die letzten Daten für ein solches Register bei der Netzgesellschaft Deutscher Apotheker mbH (NGDA) vorliegen, so dass unser bereits Ende 2016 geäußerter Vorschlag wohl bald umgesetzt werden dürfte“, heißt es in dem entsprechenden Schreiben. Die Antwort der ABDA verweist schließlich wieder auf ihre Stellungnahme von 2017, dass noch nicht absehbar sei, ob die Securpharm-Datenbank auch für andere Zwecke genutzt werden könnte. Außerdem beziehe sich der angesprochene Antrag vom DAT ausschließlich auf Daten zu Approbationen und Berufserlaubnissen, nicht aber auf die Betriebserlaubnisse.

Betriebserlaubnis ist eine Möglichkeit – keine Verpflichtung?

Nun ist es kein Geheimnis, dass Direktbestellungen in Apotheken nicht sonderlich beliebt sind. Schon im September 2015 widmete sich ein Beitrag des damaligen stellvertretenden Geschäftsführers und Justiziars des Bayerischen Apothekerverbandes, Klaus Laskowski, den „Tücken bei der Direktbestellung“. Schon damals ging es – in Bezug auf Pharma Mall – um die Frage, ob eine Kopie der Betriebserlaubnis Pharma Mall beziehungsweise den Pharmaherstellern, deren Dienstleister Pharma Mall ist, vorgelegt werden muss. Dass Pharma Mall – für die Pharmahersteller – die Betriebserlaubnis einfordern kann, legt demnach die EU-Leitlinie für die gute Vertriebspraxis von Humanarzneimitteln vom 5. November 2013 (2013/C 343/01) nahe. Allerdings meint Laskowski 2015: „Warum, anders als beim Nachweis der Lieferberechtigung, eine bloße Angabe von Erlaubnisbehörde und Ausstellungsdatum der Erlaubnisurkunde nicht ausreichen soll, bleibt somit auch im Lichte der EU-Leitlinie unbeantwortet.“ Eine erneute Anfrage beim Bayerischen Apothekerverband (BAV), wie die Lage denn nun aktuell einzuschätzen sei, ergab dass dem Artikel von 2015 eigentlich nichts hinzuzufügen ist, außer dass Herr Laskowski inzwischen nicht mehr beim BAV tätig ist, sondern bei der Bayerischen Landesapothekerkammer.

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Wörtlich heißt es zur EU-Leitlinie auf Anfrage beim BAV 2020 erneut: „Auch die EU-Leitlinie für die gute Vertriebspraxis von Humanarzneimitteln vom 5. November 2013 (2013/C 343/01) greift in Kapitel 5.3 neben der ebenfalls enthaltenen Verpflichtung, sich der Bezugsberechtigung der Abnehmer zu vergewissern, die Möglichkeit (keine Verpflichtung) auf, um Kopien der Genehmigungen nach nationalem Recht zu ersuchen.“

Pharma Mall will das Leben einfacher machen

DAZ.online hat auch mit Pharma Mall ein klärendes Gespräch gesucht. Dabei kristallisieren sich einzelne Probleme heraus – so zum Beispiel die uneinheitliche Handhabe je nach Bundesland. Auch könnte an wenigen Stellen die Kommunikation zwischen Pharma Mall und Apotheke nicht ganz glücklich verlaufen sein. Doch insgesamt beruft sich Pharma Mall darauf, den Apotheken das Leben – als Vermittler zur Pharmaindustrie – nicht schwerer, sondern leichter machen zu wollen. Pharma Mall betont, dass man als Dienstleister den Vorgaben der Pharmahersteller folge, welche wiederum den Vorgaben der einzelnen Aufsichtsbehörden folgten. Für Pharma Mall scheint die Diskussion um „Möglichkeit“ oder „Verpflichtung“ an dieser Stelle also keine echte Relevanz zu haben. Denn Pharma Mall ist sich sicher: Würden es nicht die Dienstleister gebündelt tun, würden die Hersteller alle einzeln bei den Apotheken um die Aktualisierung der Betriebserlaubnis bitten. Und das wäre auch für die Apotheker ein noch größerer Aufwand. Die Anzahl der Beschwerden, die Pharma Mall erreicht haben, ordnet man in dem Unternehmen so ein: Von 19.000 Stammsätzen die kürzlich überprüft wurden, seien letztlich 296 Accounts (vorübergehend) gesperrt worden, weil von Seiten der Apotheke niemand reagiert habe. Also alles halb so schlimm?

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Nun geht aus dem Schriftwechsel der Basisapotheker auch hervor, dass sich die Apotheken nicht nur an der Abfrage der Betriebserlaubnis durch die Pharma Mall stören, auch die Noweda bezieht sich in einem Schreiben vom Januar 2020 auf die europäischen „Leitlinien für die gute Vertriebspraxis“ und bittet um die Kopie der Betriebserlaubnis. Und auch das Marktforschungsunternehmen IQVIA (vormals IMS Health) verwaltet laut einem Schreiben vom Januar 2019 „zentral für die Pharmaindustrie und den pharmazeutischen Großhandel die Apotheken-Kontaktdaten“. IQVIA schreibt: „Anstatt von jedem Ihrer Pharmalieferanten angesprochen zu werden, werden Sie von uns zur Übermittlung der Apothekenbetriebserlaubnis nur einmal alle ein bis zwei Jahre kontaktiert.“ Auf direkte Anfrage von DAZ.online äußert IQVIA zudem die Hoffnung, „dass möglichst viele Offizinen die Betriebserlaubnis bei Bedarf zur Verfügung stellen, weil damit auch das Interesse der Pharmaunternehmen, diesen Service zu nutzen anstatt die Erlaubnisse jeweils selbst einzuholen, deutlich steigt und der Aufwand insgesamt sich reduziert.“ 

Apothekenregister – vfa zeigt sich nicht abgeneigt

Die Apotheken dürften also durchaus von diversen Interessenten wiederholt um ihre Betriebserlaubnis gebeten werden. Dass dabei die Frage nach einem zentralen Register – hinter dem keine Firmen mit Marktinteressen stehen – aufkommen kann, erscheint nachvollziehbar. Schließlich zeigt sich auch der Verband Forschender Arzneimittelhersteller e.V. (vfa) auf Anfrage von DAZ.online von einem solchen Register nicht abgeneigt:


Ein zentrales Register, in dem Apotheken ihre Betriebserlaubnis hinterlegen, und auf das Pharmafirmen zugreifen, könnte ein Beitrag sein, Dinge im Gesundheitswesen einfacher zu machen.“

Verband Forschender Arzneimittelhersteller e.V. 


Außerdem erklärt der vfa, dass das deutsche Gesundheitssystem sicher unter einer Überbürokratisierung leide. Was Ärzten, Apothekern oder auch Unternehmen abverlangt wird, könne einen gelegentlich an der Kosten-Nutzen-Relation mancher Vorschrift des Gesundheitswesens zweifeln lassen. Aber Unternehmen müssten sich an ihre gesetzlichen Pflichten halten. 



Diana Moll, Apothekerin und Redakteurin, Deutsche Apotheker Zeitung (dm)
redaktion@daz.online


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