Herzogenrath

SPD-Politikerin Moll und Ex-Kammerpräsident Engelen sprechen über Engpässe

Berlin - 06.03.2020, 17:00 Uhr

Die SPD-Bundestagsabgeordnete Claudia Moll und der SPD-Bürgermeisterkandidat Benjamin Fadavian (li.) diskutierten gemeinsam mit Ex-Kammerpräsident Lutz Engelen über die Arzneimittel-Lieferengpässe. (Foto: Max Zitzen, Wahlkreisbüro Claudia Moll)

Die SPD-Bundestagsabgeordnete Claudia Moll und der SPD-Bürgermeisterkandidat Benjamin Fadavian (li.) diskutierten gemeinsam mit Ex-Kammerpräsident Lutz Engelen über die Arzneimittel-Lieferengpässe. (Foto: Max Zitzen, Wahlkreisbüro Claudia Moll)


Seit September 2019 ist Lutz Engelen nicht mehr Präsident der Apothekerkammer Nordrhein. Trotzdem ist der Apotheker aus Herzogenrath politisch noch sehr aktiv. Das jüngste Beispiel dafür ist der Besuch der SPD-Gesundheitspolitikerin Claudia Moll in Engelens Grenzland Apotheke. Gemeinsam mit Dr. Benjamin Fadavian, Bürgermeisterkandidat der SPD Herzogenrath, sprachen die beiden über die Auswirkungen des Coronavirus und der Lieferengpässe auf die Arzneimittelversorgung.

Die SPD-Politikerin Claudia Moll ist seit 2017 im Bundestag. Damals gewann sie das Direktmandat im Wahlkreis Aachen II. Moll ist Altenpflegerin und sitzt für die SPD im Gesundheitsausschuss. In der AG Gesundheit der SPD-Bundestagsfraktion ist sie für Themen rund um die Pflege zuständig. Doch zuletzt hat sich Moll auch mit der Arzneimittelpolitik auseinandergesetzt. Denn in der vergangenen Woche besuchte sie gemeinsam mit dem SPD-Lokalpolitiker Benjamin Fadavian die Grenzland Apotheke von Lutz Engelen.

Engelen wies die beiden SPD-Politiker darauf hin, dass die Situation mit den Arzneimittel-Lieferengpässen immer prekärer werde. Allein im Jahr 2018 wurden vom Bundesamt für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) Lieferengpässe für 268 Arzneimittel gemeldet. Derzeit liegt die Zahl in der BfArM-Liste bei knapp 280. Engelen geht allerdings davon aus, dass diese Zahl für einzelne Apotheken weitaus höher liegt. Wie groß die Verunsicherung bei Ärzte und Patienten mittlerweile ist, schilderte der Arzt Tobias Meysen aus einer benachbarten Praxis in Herzogenrath, der dem Treffen ebenfalls beiwohnte.

Claudia Moll betonte, dass die Gründe für Lieferengpässe komplex sind: „Weltweite Lieferketten für die Arzneimittelproduktion sind mittlerweile extrem verkettet. Geht etwas in der Lieferkette schief, kommt es häufig zu Produktionsausfällen. Da die Rahmenbedingungen in Europa zu schlecht sind, konzentriert sich ein Großteil der Produktion auf China und Indien, die deutlich günstiger produzieren können. Wenn es plötzlich eine große Nachfrage nach bestimmten Medikamenten gibt, kommt die Produktion oft nicht hinterher, weil vieles just-in-time produziert wird.“ Gerade bei der aktuellen Ausbreitung des Corona-Virus sehe man, dass man in Krisensituationen auf standortnahe Produktion angewiesen ist, um schnell reagieren zu können. Außerdem gebe es zu wenig Wirkstoffhersteller, so Moll weiter.

Moll: EU-Ratspräsidentschaft nutzen!

Engelen erklärte gegenüber der Politikerin, dass aus seiner Sicht auch die gesteigerte Ökonomisierung in der Arzneimittelbranche ihre Spuren hinterlasse. „Unser solidarisch finanziertes Gesundheitssystem und eine fortschreitende Ökonomisierung in der Arzneimittelversorgung, passen nicht zusammen“, ist sich Engelen sicher. Weiterhin sieht Engelen die in Deutschland geltenden Rabattverträge kritisch. Günstige Arzneimittel könnten von Großhändlern in Deutschland aufgekauft und in andere Länder exportiert werden, wo sie wegen nicht vorhandener Rabattverträgen gewinnbringender weiterverkauft werden können, erklärte der Ex-Kammerpräsident.

Um die Versorgungssituation in den Apotheken zu verbessern, müsse man unter anderem über Vertragsstrafen für Hersteller, die Abschaffung von Exklusivverträgen, quotierte Abgabemengen (z.B. durch eine garantierte Mindestabnahme), wirtschaftliche Anreize und mehr Transparenz bei Vertragsabschlüssen sprechen. Darüber seien sich alle Gesprächsteilnehmer einig gewesen, heißt es in einer Mitteilung.

Demnach haben Engelen, Moll und Fadavian auch über verpflichtende Krisenpläne oder ein mögliches Exportverbot bei Lieferengpässen diskutiert. Ebenso müsse die EU-Ratspräsidentschaft Deutschlands im zweiten Halbjahr 2020 dazu genutzt werden, um in der EU gemeinsame Lösungen für Lieferengpässe in der Arzneimittelversorgung zu finden und Europa wieder als Standort für Arzneimittelproduktion zu stärken, heißt es weiter. Moll versprach abschließend, die weitergehenden Anregungen aus dem Gespräch mit in die Beratungen nach Berlin zu nehmen.



Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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1 Kommentar

Engpassgespräche

von Roland Mückschel am 06.03.2020 um 17:30 Uhr

Und mehr Kohle für die immer weniger werdenden
Apos hätte man sicher auch ansprechen können.
Ansonsten nettes Bildchen.

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