Bei Nutzung der Standardzulassung

Apotheken müssen Abwesenheit von Nitrosaminen gewährleisten

Stuttgart - 28.04.2020, 10:15 Uhr

Wie können Apotheken Nitrosaminfreiheit gewährleisten? Sie benötigen die Unterstützung der Rohstofflieferanten. (s / Foto: Stella / stock.aodbe.com)

Wie können Apotheken Nitrosaminfreiheit gewährleisten? Sie benötigen die Unterstützung der Rohstofflieferanten. (s / Foto: Stella / stock.aodbe.com)


Es gibt sie wahrscheinlich in jeder Apotheke, auch wenn sich ihrer Existenz nicht jeder immer bewusst ist: Standardzulassungen. Ende März hatte das BfArM bekannt gegeben, dass sich die Aufklärung um Nitrosaminverunreinigungen verzögert – doch inwiefern sind Standardzulassungen davon betroffen? Müssen Apotheker aktiv werden?

Seit 1976 können bestimmte Fertigarzneimittel gemäß § 36 AMG aufgrund von Standardzulassungen von der Zulassungspflicht freigestellt werden. Standardzulassungen basieren auf Monografien, die das Bundesministerium für Gesundheit in Kraft setzt. Dabei kann es sich um chemisch definierte Substanzen, wie zum Beispiel Paracetamol, aber etwa auch arzneilich wirksame Tees handeln. 

Ein Gedankensprung: Am 26. März meldete das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM), dass sich das europäische Netzwerk der Arzneimittelbehörden darauf geeinigt habe, die Frist für den Abschluss der Nitrosamin-Risikobewertungen (Schritt 1) bis zum 1. Oktober 2020 zu verlängern. „Diese Fristverlängerung folgt aufgrund der Berichte über die Herausforderungen, die bei der Einhaltung der ursprünglichen Frist vom 26. März 2020 aufgetreten sind, sowie aufgrund der Auswirkungen der strengen Beschränkungen, die zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie gelten“, heißt es zur Erklärung. 

Was haben nun Nitrosamin-Verunreinigungen – wie sie im Sommer 2018 rund um den Wirkstoff Valsartan bekannt wurden – mit Standardzulassungen zu tun? 

Mindestens ein Prüfzertifikat des Rohstoffherstellers als Nachweis

Wer sich aktuell auf den Seiten des BfArM zu einer Standardzulassung informiert, der stößt dort auf die Passage: „Wichtige Mitteilung zu Nitrosaminverunreinigungen für Apotheken, die im üblichen Rahmen der Apothekenbetriebsordnung die Standardzulassung nutzen.” Daraus geht hervor, dass die Abwesenheit von Nitrosaminen in pharmazeutischen Produkten auch für entsprechende Präparate, die sich aufgrund einer Standardzulassung im Markt befinden, zu gewährleisten ist: 


Bei der Nutzung der Standardzulassung im üblichen Rahmen der Apothekenbetriebsordnung, muss der Apothekenleiter oder die Apothekenleiterin dafür Sorge tragen, dass die Abwesenheit, oder ein zulässiger Grenzwert, von Nitrosaminen in den eingesetzten Rohstoffen mindestens durch ein Prüfzertifikat des Rohstoffherstellers/-lieferanten bestätigt wird.“ 

Wichtige Mitteilung des BfArM zu Nitrosaminverunreinigungen für Apotheken, die im üblichen Rahmen der Apothekenbetriebsordnung die Standardzulassung nutzen


Liste der betroffenen Standardzulassungen 

Dazu wurde eine Liste der betroffenen Standardzulassungen veröffentlicht. Dort finden sich beispielsweise Wirkstoffe wie: Acetylsalicylsäure, Ambroxolhydrochlorid, Ascorbinsäure, Atropin, Bupivacain, Codein, Dimenhydrinat, Dimeticon, Folsäure, Glucose, Ibuprofen, Paracetamol usw.. Darüber hinaus müsse bei der Herstellung von Fertigarzneimitteln darauf geachtet werden, dass eine unzulässige Kontamination mit Nitrosaminen vermieden wird. 

Standardzulassungen in der industriellen Herstellung 

Bei der Nutzung einer Standardzulassung für betroffene Wirkstoffe im Rahmen der industriellen Herstellung ist (über den Rahmen der Apothekenbetriebsordnung hinaus) der zuständigen Bundesoberbehörde eine Risikobewertung entsprechend des Nitrosamin-Referrals gemäß Artikel 5 (3) EC Nr. 726/2004 zu übermitteln wie für eine reguläre Zulassung nach § 21 AMG. 

Da die Online-Anwendung „elektronische Standardzulassung“ derzeit nicht zur Verfügung stehe, wird gebeten, die erforderlichen Änderungsanzeigen im Rahmen des Nitrosamin-Referrals nicht als formlose E-Mail einzureichen. Man soll auf die Wiedereröffnung des e-Portals warten.

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Wer sich bislang nicht mit Standardzulassungen in der Apotheke auseinandergesetzt hat, der hat dies vielleicht im Rahmen der Corona-Pandemie nachgeholt. So teilte etwa erst kürzlich das Regierungspräsidium Tübingen auf Nachfrage von DAZ.online zur Herstellung von Hautdesinfektionsmitteln mit: „Jede Apotheke, die über Ethylalkohol oder Isopropylalkohol verfügt, kann daraus 70-prozentige Hautdesinfektionsmittel herstellen. Der Weg über Einzelrezepturen oder Defekturen ist nicht erforderlich, wenn man die bestehenden Standardzulassungen nutzt. Hierzu genügt – soweit bislang diese Standardzulassungen von der Apotheke nicht genutzt wurden – eine einfache Anzeige beim BfArM mit Übersendung einer Kopie an die zuständige Landesbehörde (= die Behörde, die die Apothekenbetriebserlaubnis erteilt hat).“

Später wurde über eine erlassene Allgemeinverfügung des BfArM informiert, die sich auf über Standardzulassung in Verkehr gebrachte Desinfektionsmittel aus der Apotheke bezog. Demnach werden für die alkoholhaltigen Arzneimittel, die ausschließlich zur Händedesinfektion zugelassen sind, Abweichungen vom Inhalt der Zulassung, befristet bis zum 30. Juni 2020, gestattet – beispielsweise „freie Wahl der primären Packmittel und Packmittelfarben für Flaschen, Spender und Kappen unter Beibehaltung der Qualitätsspezifikation und Vorgaben zur Qualifizierung“.



Diana Moll, Apothekerin und Redakteurin, Deutsche Apotheker Zeitung (dm)
redaktion@daz.online


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