Antrag der Linksfraktion

Linke: Nur öffentliche Apotheken sollen E-Rezepte beliefern dürfen

Berlin - 07.05.2020, 10:15 Uhr

Geht es nach der Linksfraktion im Bundestag, sollen die technischen Voraussetzungen so gestaltet werden, dass das Einlösen von E-Rezepten nur in öffentlichen Apotheken möglich ist. (s / Foto: Imago/epd-bild/PhilippxReiss)

Geht es nach der Linksfraktion im Bundestag, sollen die technischen Voraussetzungen so gestaltet werden, dass das Einlösen von E-Rezepten nur in öffentlichen Apotheken möglich ist. (s / Foto: Imago/epd-bild/PhilippxReiss)


Versandapotheken etwa aus der Schweiz und den Niederlanden erhoffen sich von der Einführung des E-Rezepts in Deutschland deutliche Umsatzssteigerungen im Rx-Segment. Die Linksfraktion im Bundestag will den EU-Versendern nun aber einen Strich durch die Rechnung machen: Geht es nach ihr, soll schon die technische Infrastruktur des E-Rezepts so aufgebaut werden, dass nur öffentliche Apotheken E-Rezepte beliefern können.

Walter Oberhänsli macht keinen Hehl daraus, dass er den deutschen Präsenzapotheken die Kunden streitig machen will. Man habe in Deutschland derzeit etwa 6 Millionen OTC-Kunden.„Wenn man berücksichtigt, dass 20 Prozent der Bevölkerung eine chronische Krankheit haben, dann sind von diesen 6 Millionen rund 1,2 Millionen bereits potenzielle Rx-Kunden von uns“, sagte der Zur-Rose-Chef kürzlich in einem Interview mit dem Schweizer Finanzmagazin „The Market“. Das schmeckt der arzneimittelpolitischen Sprecherin der Linksfraktion im Bundestag, Sylvia Gabelmann, so gar nicht: Federführend für ihre Fraktion bringt sie jetzt einen Antrag in den Bundestag ein mit dem Ziel, ausländische Versandapotheken in ihre Schranken zu weisen.

Mehr zum Thema

Durch den elektronischen Übertragungsweg berge die Nutzung des E-Rezepts die Gefahr, dass „die freie Wahl der eigenen Apotheke durch Korruption untergraben wird“, fürchten die Abgeordneten. Das Problem verschärfe sich zudem durch das Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom Oktober 2016, in dem die Luxemburger Richter die hierzulande geltende Preisbindung als Hemmnis für die Warenverkehrsfreiheit innerhalb der EU gewertet und sie für Versender mit Sitz im EU-Ausland außer Kraft gesetzt hatten. „Nach wie vor können ausländische Arzneimittelversender Rabatte gewähren, die den inländischen Apotheken verboten sind“, heißt es im Antrag der Linken.

Das E-Rezept erleichtere es allen Beteiligten, Mittel aus dem solidarisch finanzierten deutschen Krankenversicherungssystem abzuzweigen. Statt aufwendig Papierrezepte zu sammeln und zu verschicken, reichten dann wenige Mausklicks, um Verordnungen zu bestimmten Apotheken zu versenden oder von dort per Zugangscode abrufen zu lassen. „Das bringt keine Verbesserung in der Versorgung, sondern diente nur der Bereicherung derjenigen, die hier Vorteile gewähren oder entgegennehmen“, schreiben die Linken.

Gefahr für die Versorgungsqualität

Erst kürzlich hat das Bundeskabinett das Patientendaten-Schutzgesetz (PDSG) gebilligt. Darin verankert Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) das Makelverbot neben Ärzten und Apothekern auch für Dritte, also kommerzielle Anbieter. „Die Regelungen zur Geltung für den ausländischen Versandhandel dürften jedoch in der Durchsetzung auf erhebliche Schwierigkeiten treffen“, prognostiziert die Linke. 

Mit Verweis auf die sogenannten Grenzapotheken sehen die Abgeordneten bereits in der bestehenden Überwachungssituation gravierende Lücken. Auch daher die Forderung:„Es wäre daher sinnvoll, dem Makeln auch technologisch einen Riegel vorzuschieben – etwa indem das Einlösen der Rezepte durch andere Stellen als öffentliche Apotheken technologisch nicht möglich ist.“ Näher geht die Linksfraktion nicht auf diese Forderung ein. In der Praxis würde das aber bedeuten, dass die meisten der großen Versender nicht an der E-Rezept-Belieferung beteiligt werden, weil sie keine öffentliche Apotheke betreiben.

Rx-Versandverbot bleibt die einzig saubere Lösung

Der Handel mit Rezepten gefährdet nach der Überzeugung der Abgeordneten der Linksfraktion nicht nur die freie Apothekenwahl, sondern auch die Versorgungsqualität. „Denn die Bezahlung von Rezeptmaklern muss in der Apotheke an anderer Stelle, in der Regel beim Personal, wieder eingespart werden.“ Die einzig saubere Lösung für die bestehenden Probleme bleibe das Rx-Versandhandelsverbot. „Bis dahin muss aber mindestens verhindert werden, dass das E-Rezept zum Förderprogramm für diejenigen Arzneimittelversender wird, die durch das EuGH-Urteil der deutschen Arzneimittelpolitik entzogen sind, deren Geschäftsmodell aber vor allem die Versorgung von Patientinnen und Patienten in Deutschland ist.“

Darüber hinaus dringen die Linken darauf, von der geplanten E-Rezept-Pflicht ab 2022 abzurücken. „Allen Menschen, die elektronische Angebote nicht nutzen können oder wollen, sollte eine gleichwertige analoge Alternative weiterhin angeboten werden", verlangen sie. Das diene nicht zuletzt auch der Krisenfestigkeit: „Auch wenn Internetverbindungen ausfallen, muss eine gute Versorgung gewährleistet sein."



Christina Müller, Apothekerin und Redakteurin, Deutsche Apotheker Zeitung (cm)
redaktion@daz.online


Diesen Artikel teilen:


Das könnte Sie auch interessieren

Die Linksfraktion im Bundestag will EU-Versender ausbremsen

E-Rezepte nur für Vor-Ort-Apotheken

Zur Rose-Chef Walter Oberhänsli erläutert Strategie und Pläne des DocMorris-Mutterkonzerns

Umsatzverdopplung auch mit Boni-Deckel

IQVIA: Lieferschnelligkeit der Versender und Apothekendichte beeinflussen Entwicklung

Das E-Rezept muss kein Turbo für die Versender sein

Reaktionen auf das IGES-Gutachten

Gabelmann: Scheitern des VOASG ist vorprogrammiert

Kleine Anfrage Zum Rx-Versandhandel

BMG weiß nichts über Inspektionen bei EU-Versendern

2 Kommentare

Ausfallsicherheit

von Carsten am 07.05.2020 um 10:23 Uhr

Der letzte Absatz hat mich stutzig gemacht:

Sollte die aktuelle Lösung keine Möglichkeit enthalten, ein Rezept auch offline zu beliefern, dann gehört sie sofort eingestampft.

Damit würde man offenen Auges in die totale Katastrophe laufen. Unsere deutschen Netze waren ja schon bei erhöhter Netflix-Quote total überlastet in den letzten Wochen.
Und selbst das wird ja eher mehr als weniger.

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

.

von Anita Peter am 07.05.2020 um 10:22 Uhr

Bevor unsere Regierung die ausländischen Versender in die Schranken weist, lässt man lieber seine Vor Ort Apotheken zu Grunde gehen. So einfach und skandalös ist das. In 10 Jahren wird das Ergebnis ( massive Versorgungslücken ) mit dem üblichen Schulterzucken und den üblichen Schuldzuweisungen abgehakt.

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.