Mutterschutzgesetz

Schwangere Arbeitnehmerinnen in Zeiten von Corona

Stuttgart - 13.05.2020, 16:29 Uhr

Was gilt für schwangere Apothekenmitarbeiterinnen während der Coronakrise? ( r / Foto: imago images / Westend61)

Was gilt für schwangere Apothekenmitarbeiterinnen während der Coronakrise? ( r / Foto: imago images / Westend61)


Schwangere ins Backoffice?

Ein Blick in die aktuellen Empfehlungen der Bundesapothekerkammer (BAK) zu den Tätigkeiten in der Apotheke während einer Pandemie (Stand 8.4.2020) zeigt zunächst die Ausgangssituation auf: Nach Auffassung der Weltgesundheitsorganisation (WHO) scheint eine Infektion mit Coronaviren oder eine daraus resultierende COVID-19-Erkrankung bei Schwangeren kein höheres Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf hervorzurufen als bei der übrigen Bevölkerung. Auf Grundlage von Daten aus China gebe es bislang keine Hinweise darauf, dass COVID-19 auf das Kind im Mutterleib übertragbar ist. Dagegen sei eine Übertragung auf das Neugeborene über den engen Kontakt und eine Tröpfcheninfektion möglich. In der Muttermilch wurden bislang keine Coronaviren nachgewiesen. Eine abschließende Beantwortung sei aber auf Grundlage der aktuellen Datenlage nicht möglich, so die BAK. Die Entscheidung über Beschäftigungsverbote und Schutzmaßnahmen für Schwangere oder Stillende liege somit beim Arbeitgeber nach Durchführung einer Gefährdungsbeurteilung und sollte unter Berücksichtigung des (Betriebs-)Arztes getroffen werden.

Arbeitsmedizinische Einschätzung zur Beschäftigung schwangerer Frauen des Landesinstituts für Arbeitsgestaltung NRW

  • Wie hoch ist die Anzahl von COVID-19-Infizierten in der konkreten Region?
  • Kann ein Mindestabstand von 1,5 m zu anderen Personen sicher eingehalten werden?
  • Besteht ein Kontakt zu ständig wechselnden Personen/Patienten/ Publikum in hoher Zahl?
  • Ist ein Gesichtskontakt im Rahmen z. B. eines persönlichen Gesprächs (z. B. „face to face“-Patientengespräch) unvermeidbar und dauert länger als 15 Minuten?
  • Wie sind die Raum- und Lüftungsverhältnisse am Arbeitsplatz?
  • Besteht Umgang mit an den Atem­wegen erkrankten oder krankheitsverdächtigen Personen? Werden Tätigkeiten durchgeführt, die mit einer erhöhten Aerosolbildung einhergehen?

Das Dokument können Sie auf DAZ.online abrufen, wenn Sie in das Suchfeld den Webcode F6SM5 eingeben.

Die Bayerische Landesapotheker­kammer (BLAK) zitiert auf ihrer Homepage ein Schreiben des Bayerischen Staatsministeriums für Familie und Arbeit. Darin wird für Schwangere und Stillende die Gewährleistung eines erhöhten Schutzniveaus (am Arbeitsplatz) empfohlen, das sich in einer Minimierung von Per­sonenkontakten und Vermeidung von Infektionen durch Patienten äußert. Die Weiterbeschäftigung einer Schwangeren wäre demnach nur im hinteren Bereich der Apotheke möglich – im besten Fall nur noch im Rahmen einer Home-Office-Tätigkeit.

Zu beachten ist, dass sich das Schreiben und die Empfehlungen des Staatsministeriums auf den Zeitraum der Ausgangsbeschränkungen beziehen.



Dr. Armin Edalat, Apotheker, Chefredakteur DAZ
redaktion@deutsche-apotheker-zeitung.de


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4 Kommentare

Beschäftigungsverbot

von Jessica am 15.05.2020 um 10:08 Uhr

Hallo, würde das auch für stillende Krankenschwestern zutreffen? Ich arbeite auf einer internistischen IMC und stille mein Kind, welches gerade ein Kleinkind geworden ist noch.
Die Gefährdungseinschätzung bei meinem Arbeitgeber war ein Witz. Mir wurde mehr oder weniger gesagt das alles nur für Schwangere relevant ist. Danke für Antworten.

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Kontakt mit Biostoffen nRG 2,3 oder 4?

von Andreas Grünebaum am 13.05.2020 um 19:00 Uhr

"Und dazu gehört der Kontakt mit Biostoffen der Risikogruppen 2, 3 oder 4 (§ 11 Abs. 2 und § 12 Abs. 2 MuSchG)."
Es ist geradezu absurd, diesen Paragraphen des MuSchG auf die Arbeit in einer Apotheke anzuwenden, es sei denn diese würde im Labor mit solchen Stoffen hantieren. Das Risiko für eine HV- oder auch Backoffice Kraft, sich in der Apotheke mit zum Beispiel Röteln (!) anzustecken, dürfte ebenso wie eine möglich Ansteckung mit SARS-CoV2 mit dem Risiko anderer Berufsgruppen mit Kundenkontakt vergleichbar sein. Auch das Lebensrisiko, sich beim Einkaufen, in Bus und Bahn, sowie auch durch den eigenen Ehepartner oder Lebensgefährten an einer potentiell gefährlichen Krankheit anzustecken besteht für Schwangere selbstverständlich auch. Die Frauenärzte der bei uns beschäftigten und betroffenen Frauen sahen und sehen bis heute keinen Grund für ein Beschäftigungsverbot. Ebenso die zuständige Aufsichtsbehörde hatte keine Einwände nach vorschriftsmäßiger Meldung der betroffenen Fälle. Davon abgesehen erfüllen wir - wie alle Apotheken - am Arbeitsplatz die vorgeschriebenen arbeitsplatzbezogenen Vorgaben im Zuge der Covid19 Pandemie und reagieren jederzeit flexibel auf geänderte Randbedingungen wie es z.B. bei einem endemischen "Outbreak" im nähren Umkreis der Apotheke oder auch der Infektion eines Teammitgliedes erforderlich sein könnte.

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AW: Kontakt mit Biostoffen nRG 2,3 oder 4

von Sandra Knopp am 22.05.2020 um 15:00 Uhr

https://rp.baden-wuerttemberg.de/Themen/Wirtschaft/Documents/Corona_Info_schwangere_Frauen.pdf

AW: @Sandrea Knopp

von Andreas Grünebaum am 22.05.2020 um 18:50 Uhr

Vielen Dank für den Link. Inzwischen hat auch unsere Aufsichtsbehörde ihre Einschätzung angepasst (Nicht Verabreichung möglicherweise notwendiger Arzneimittel bei Covid19 aufgrund der Schwangerschaft). Unser Fachanwalt warnte davor, dass ohne ärztliche Stellungnahme eine Kostenübernahme über das U2 Verfahren fraglich sein könnte. Wir haben dennoch an die beiden betroffenen Frauen vorsorglich ein betriebliches Beschäftigungsverbot ausgesprochen. Dies hätten ihre Ärzte schon längst tun können, haben sie aber aus unerfindlichen Gründen nicht getan. Der Betriebsarzt hat ebenfalls abgewunken: Risikobewertung ist Sache des Unternehmers und wir richten uns nach den Angaben des Arbeitsschutzes. Mal schauen was die Krankenkassen sagen werden.
Was die beiden Frauen angeht, wünschen wir ihnen dass sie gesund bleiben und sich nicht Zuhause oder beim Einkauf anstecken lassen.

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