Die letzte Woche

Mein liebes Tagebuch

19.07.2020, 08:00 Uhr

Online-Sprechstunde, E-Rezept und Arzneiversand quasi unter einem Dach – Zur Roses neue Strategie. Das Ende der Trennung von Arzt und Apotheker? (Foto: Alex Schelbert) 

Online-Sprechstunde, E-Rezept und Arzneiversand quasi unter einem Dach – Zur Roses neue Strategie. Das Ende der Trennung von Arzt und Apotheker? (Foto: Alex Schelbert) 


17. Juli 2020 

Wie sieht es denn in unserer Bundeshauptstadt mit dem Thema Grippeschutz-Impfprojekt aus? Kammerpräsidentin Kerstin Kemmritz zeigt sich zufrieden im DAZ.online-Interview: Die Hausaufgaben sind gemacht, jetzt fehlen nur die geeigneten Vertragspartner, die Krankenkassen und Zusammenschlüsse von Apotheken, die mitmachen wollen. Der Berliner Apothekerverein ist bereits am Verhandeln. Kemmritz zeigt sich überzeugt, dass es durchaus Sinn macht, die Apotheken zusätzlich mit ins Boot zu holen, um die Durchimpfungsraten zu steigern. Für Kemmritz ist allerdings eine faire Vergütung die Grundvoraussetzung, damit das Modell funktioniert. Was eine faire Vergütung ist, sagte sie allerdings nicht. Mein liebes Tagebuch, hoffen wir, dass das Impfprojekt gerade in Berlin möglichst schon in diesem Herbst an den Start gehen kann. Dass Brandenburg nicht mitmacht, kann die Berliner Kammerpräsidentin allerdings wohl nicht so recht verstehen. Sie meint, es sollte doch „jeder Apotheker die Möglichkeit haben, am Modellprojekt teilzunehmen, um die Impfquote zu steigern, wenn ein Bedarf gesehen wird“. Genau. Auch wenn die Kammer Brandenburg schon jetzt der Meinung sei, dass sich Impfen auf dem Land angeblich nicht lohne. Mein liebes Tagebuch, warum überlässt die Kammer Brandenburg diese Entscheidung nicht den Apotheken selbst?

Die Berliner Kammerpräsidentin  sieht das Impfen in der Apotheker allerdings nicht als pharmazeutische Dienstleistung, sondern als allgemeine weitere Dienstleistung, womit sie richtig liegt. Und so träumt Kemmritz davon, dass das Vor-Ort-Apotheken-Stärkungsgesetz endlich in Kraft tritt und wir Apothekers uns auf pharmazeutische Dienstleistungen konzentrieren und gute, wertschätzende Verträge dafür bekommen. Manchmal gehen Träume auch in Erfüllung.

 


Das ist der Knaller der Woche: Die Schweizerische Zur Rose AG, zu der u. a. auch DocMorris gehört, kauft den deutschen Telemedizin-Pionier Teleclinic, eine Fernbehandlungsplattform, die auch elektronische Verschreibungen anbietet. Mein liebes Tagebuch, na, wenn jetzt nicht die Alarmsirenen im Spahnschen Büro angehen! Denn dadurch gibt es wohl alles aus einer Zur-Rose-Hand: Mehrere Versandapotheken, die E-Rezepte einlösen wollen, und ein telemedizinisches Portal, auf dem Ärzte online konsultiert werden – und dann E-Rezepte ausstellen. Nun raten wir mal, mein liebes Tagebuch, in welchen Online-Apotheken diese E-Rezepte landen werden! So wird die seit Jahrhunderten bewährte Trennung von Arzt und Apotheker einfach mal eben so über den Haufen geworfen. Soll das die Richtung sein, in die unser zukünftiges Gesundheitssystem marschiert? Alles aus einer Zur-Rose-Hand – Arztkonsultationen, E-Rezepte und die verordneten Arzneimittel? Mein liebes Tagebuch, ich bin wirklich gespannt, wie das unser Herr Bundesgesundheitsminister sieht und ob er sich dazu äußern wird. Bei aller Sympathie für digitale Innovationen im deutschen Gesundheitswesen – das ist der Dammbruch, wenn in einem Hause Zur Rose eine Plattform für Teleärzte sitzt, die E-Rezepte verordnen für Arzneimittel, die in dem dazugehörigen Arznei-Versandhaus verschickt werden. Aus Zur Rose-Sicht ist das natürlich ein strategischer Schachzug sondersgleichen. Im Zur-Rose-Sprech hört sich das recht niedlich so an: Ziel sei es, „die Konsumenten (…) zu begleiten und zu befähigen, die eigene Gesundheit ‚mit nur einem Klick‘ zu managen“ so die Pressemitteilung. Und Zur-Rose-Chef Walter Oberhänsli wird mit den Worten zitiert: „Mit TeleClinic als integriertem Akteur in der Zur-Rose-Gesundheitsplattform werden wir, zusätzlich zum Medikations- und Apotheken-Produktportfolio, digitale Lösungen anbieten können, die den Patientinnen und Patienten ein besseres Leben ermöglichen.“ Mein liebes Tagebuch, wie putzig ist das denn? Ein besseres Leben? Ja, vielleicht für DocMorris und Co, weil zur Rose seinen so digital ausgelieferten Patienten das Geld noch leichter aus der Tasche ziehen kann. Oder seine Patienten beeinflussen kann, das E-Rezept doch bitteschön im gleichen Haus einzulösen, weil’s so einfach ist. Mein liebes Tagebuch, so wird die Trennung der Heilberufe – bisher für die Patienten die Garantie für eine sachgerechte und unbeeinflusste Therapie – auf dem Digitalisierungs-Altar geopfert. Für die Teleclinic-Gründerin und Chefin Katharina Jünger war nach eigenen Angaben ausschlaggebend, dass Zur Rose einen Wandel hin zu einem Plattform-Anbieter für alle Apotheken vollzogen habe. Mein liebes Tagebuch, ist auch eine recht niedliche Ansicht, dies als Grund zunehmen, sein Unternehmen in die Hände von Zur Rose zu geben, oder? Plattform-Anbieter! Wie viele Apotheken werden sich denn dieser Plattform anschließen? Wie dem auch sei, wie wird nun Jens Spahn reagieren? Kann sein kommendes Makelverbot diesem Dammbruch wirksam entgegenwirken? Reicht der Arm unseres Makelverbots auch in die Schweiz, in die Niederlande?

 



Peter Ditzel (diz), Apotheker / Herausgeber DAZ
redaktion@deutsche-apotheker-zeitung.de


Diesen Artikel teilen:


8 Kommentare

Spahn

von Gilbert Ernst am 20.07.2020 um 7:00 Uhr

Gibt ein Vielfaches an Geld für Werbung aus im Vergleich zu seinen Vorgängern. Für sich und seine Projekte.
Ob das wohl erlaubt ist? Er nutzt alle Mittel, um sich nach vorne zu bringen, gar zum Kanzler?
Spahn ist gefährlich. Spahn ist kein Demokrat. Spahn veruntreut Steuergelder auf diese Weise. Spahn hat viel zu viel Macht.

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Impfen

von Conny am 19.07.2020 um 18:27 Uhr

Impfen ja oder nein. Was für ein Quatsch. Ob wir impfen egal. Merken dann die ganzen Deppen nicht das wir überrollt werden? Ich habe meine Schäfchen gottseidank im Trocken und bin von den ganzen Blinden nicht mehr abhängig.Mir tun nur Kollegen leid wie Herr Bühler. Die ganzen Speichellecker gegenüber Spahn sollten sich ein Beispiel nehmen.

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Die LAK Brandenburg…?

von Gunnar Müller, Detmold am 19.07.2020 um 17:34 Uhr

DER würde ich dann doch gerne beitreten/ersatzweise: beipflichten!
Denn, liebes Tagebuch: DAS kann doch bitte wohl nicht dein Ernst sein!
„... das Impfangebot doch ‚nutzen zur Kundenbindung‘ und um sich ‚als Apotheke zu beweisen‘, die ihren Kunden und Patienten einen ‚Mehrwert’ bietet.“
Ich weiß zwar, dass Du immer schon ein großer Freund des Impfens bist.
Aber ich bin doch wohl nicht Apotheker geworden, um jetzt neuerdings meinen Broterwerb damit zu sichern, dass ich die Leute jetzt auch noch piekse…
Oder??
Einmal abgesehen von den anderen ABDA-Abenteuern wie das tolle Overwiening-AMTS usw.
Hauptsache, die Apotheken zahlen die Rechnung, überweisen brav ihre Beiträge an Kammer und ABDA und machen ohne groß zu murren mit bei securPharm, Rahmenvertrag, Kassenanpassung und IT-Anbindung.
Kunden binden – sich beweisen – Mehrwert bieten:
Mein liebes, armes Tagebuch, wo ist die traditionelle Apotheke und:
Wo bist du gelandet…?
AMTS - Apotheken-morituri te salutant!

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Apothekenstaatsvertrag oder wie wir unsere Daseinsberechtigung zementieren

von Bernd Jas am 19.07.2020 um 14:59 Uhr

Guten Morgen Herr Ditzel,
guten Morgen liebe Knöttergroup,

wo Sie grad´ sagen Allgemeinwohlaufgaben zum Nulltarif Frau Längert, da fällt mir grad´ ein, dass wir diese unverzichtbaren Tätigkeiten wie neuerdings Grippeimpfungen, sowie Medikationsplan, QMS, Pflichtberatung, KK-Zwangsrabatt, Botendienste, Notdienste, Laboreinrichtung, Zertifizierungen (z.B. zur Klopapierabgabe im Vollschutz mit Hygieneberatung als extra Service für SWR-Agenten), Medikationsmanagement, TI-anbindung mit Hartwarebereitstellung und Softwarepflege, usw. usf., unter einen Staatsvertrag stellen sollten.
Dann könnten wir wie die öffentlich frechtlichen, die ja dadurch 8 Milliarden €uronen jährlich einstreichen (das wären übertragen auf die 19.000 Apotheken jeweils ca.430 Tausend €uronen), uns endlich mal entspannt zurücklehnend unser Personal ordentlich für ihre Superleistungen bezahlen.
Nur eins widert mich dabei an. Wie wir es schaffen sollen der Politik derart nach dem Mund zu reden um eine derartige sich selbst erhaltende Symbiose herzustellen. Irgend wann ist es so weit, dass die Gewaltenteilung gänzlich versagt. Dann können wir so richtig loslegen wie Mock Dorris mit AM-Herstellung, Verschreibung der AM und deren Distribution. Alles in einer und aus einer Hand. Phantastisch!
Da stelle ich dann freiwillig meine zertifizierte Werkbank zur Verfügung und setze den Hobel an, auf dass es ordentlich Späne regnet, denn mit denen lässt es sich das System zum Machterhalt vorzüglich anheizen.
Und wenn jemand aufmuckt, dann halten wir es wie Mario Adorf „ Ich scheiß dich zu mit meinem Geld“, denn wie das mit dem Geld drucken funktioniert bekommen wir ja auch gerade vorgemacht.
Aber wehe die Bombe platzt mal!

Ach nee, …lieber nicht, ... man darf ja mal täumen, … lassen wir´s doch lieber beim Alten und erfüllen unsere Allgemeinwohlaufgaben, das ist zwar eine arme Geschichte, aber es ist wenigstens ehrlich.

Ave Spahn, Morituri te salutant.
Und wie heißt es in den letzten Jahren immer so nett:

Ein´ schön´n Tach noch!

Ps.: Es kommt besonders nett rüber, wenn jemand mit Schmerzen da steht.
Im übertragenen Sinne: Schön´n tach noch mit euren Apotheken.

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Zukunftsfähigkeit

von Reinhard Rodiger am 19.07.2020 um 13:29 Uhr

Vorweg: Die entscheidende Voraussetzung, präventiv, arztunterstützend glaubwürdig tätig zu werden ist weder gegeben noch beabsichtigt.Das ist die Anerkennung als integraler Bestandteil des Gesundheitssystems als medizinisches Personal.

Aus Erfahrung bekannt, dass der Erfolg von Impfstrategien davon abhängig ist, dass die „Payer“ und die Politik erkennen, dass die notwendigen Ressourcen bereitzustellen sind.Dazu gehört Vertrauen der Öffentlichkeit und Stärkung der Rolle der Apotheken als Schlüsselfunktion. Ziel war die Erhöhung der Durchimpfungsquote.In Canada war das erfolgreich ,in UK nicht (n.F.Escamot). In C.wurde wohl bezahlt, in UK nur umgeschichtet.Nur ein Beispiel für Prüfungsnotwendigkeit der Honorarsituation

Fast genial wurden hier Hausaufgaben der Politik wegdelegiert und dem schlanken Fuß gefolgt.

Unklar bleibt welche Personen mit Aktivitäten in welcher Breite
von wem geimpft werden sollen.Impfen nur in Ballungsgebieten, nur in außergewöhnlichen Räumlichkeiten,
nur bei Querfinanzierung aus anderen Quellen ? Ist Flächendeckung überhaupt möglich? Wie wird sie gesichert? Nur ein paar offene Fragen.

Impfendürfen reicht nicht.Wer macht die Voraussetzungen geltend? Oder ist nur ein willkommener Hebel zur Marktbereinigung gefragt? Vertrauensbildung schein jedenfalls nicht das politische Motiv zu sein.

Wohlgemerkt, es geht nicht um für oder wider,sondern um realistische Einschätzung. Dazu fehlt fast alles außer der Notwendigkeit für neue Marketingtools deren Kosten primär uninteressant sind.

Nicht zuletzt wird hier die zugelassene eRezeptsteuerung
schnellere Entscheidungen herbeiführen.Eine Flächendeckung rückt damit in weite Ferne.Also zusammen betrachten.

Zukunftsfähigkeit mit Flächendeckung geht nicht ohne politisches Wollen.Das muss sich anders äußern als durch Fehdehandschuh, Nebelkerzen und Honorarentzug.Sonst bleibt nur Leistung von wenigen für wenige.

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Äpfel und Birnen

von Karl Friedrich Müller am 19.07.2020 um 11:16 Uhr

Taler Schnickschnack und Impfen.
OTC und Heilberuf.
Wird OTC vergessen, ist das abgeschrieben, weil im Versand?
Und soll durch Impfen, Medikationsmanagement und andere Aufgaben ersetzt werden? Von Rx alleine kann eine Apotheke nicht leben.
Ach nein, es fallen die Begriffe "Kundenbindung", "Mehrwert". ha! Da denkt man doch gleich wieder an eine Mischkalkulation und "irgendwas wird der Kunde schon noch kaufen" Strategie.
Es wird sich bestimmt für einige Apotheken lohnen. Für die meisten nicht. Weil halt wieder der Unterbau, das Normale vergessen wird. Man kann schon zusätzliche Dienstleistungen anbieten, warum nicht? Aber nur, wenn der Rest stimmt. Apotheken "retten" zu wollen mit einer Aufgabe, die nur Geld kostet. geht nicht. Das ist auch nicht im Sinn der Akteure.
Spahn will die Versender "retten".
Die ABDA will ein paar Großapotheken "retten".
Wo bleiben die Normalos? Die gnadenlos fertig gemacht werden? Es braucht ja nicht nur Spezialisten, sondern auch den Praktiker. Wie bei den Ärzten. Hier wie dort werden die Normalos aber verdrängt, zum Aufgeben getrieben oder in den Ruhestand. Die Konsequenz merkt man bei den Ärzten, wo händeringend Leute für die Landpraxen gesucht werden.
Digitial, Notfallzentren, Gemeinschaftspraxen in den s
Stadtzentren usw reichen nicht. Wenn nun auch die Apotheken ausfallen, wohin sollen die Leute?
Auch mit Impfen bleibt der Schnickschnack. Oder ist gerade das der Schnickschnack?
Eine Apotheke ist ein Betrieb und muss Gewinn machen. Der wird uns vorenthalten.
Apotheken, denen es heute noch gut geht, kann es morgen schon nicht mehr geben. Ärzte ziehen weg. Kundenverhalten ändert sich. Corona zeigt es. Wir haben in Rx den Vorjahreswert um 10% im Juni überschritten OTC fehlt nach wie vor. Da haben die Kunden wohl Blut geleckt. Keiner wird , wenn er mal im Versand war, in der Apotheke 50% mehr bezahlen. Damit ist obige Mischkalkulation schon mal weg. Die Digitalisierung mit E-Rezept wird die Ströme weiter Richtung Versand lenken. Dann ist auch da die Mischkalkulation weg.
Der Staat, ABDA, SPAHN zerstören launig gesunde Betriebe.
Zudem bin ich mal auf die Impfbürokratie gespannt. Sicher wird eine Impfqualitätsüberwachungsstelle geschaffen, die ebenso launig wie andere Stellen im Apothekenbereich permanent neue Vorschriften erfinden werden, damit man auch beschäftigt ist. Und teure jährliche Fortbildungen. Einen Sterilraum, der 13x am Tag von eine nachgewiesen qualifizierten Hygieneputzfachkraft desinfiziert werden muss, nachweisbar durch Videos, die täglich hochgeladen werden müssen. Selbstverständlich gibt es Vorschriften für Liegen uns Stühle, Material und Größe. Abweichungen maximal 1mm.....
Lange Rede, kurzer Sinn: Die Grundaufgaben und vor allem deren Bezahlung in der Apotheke werden sträflich vernachlässigt, gehen zusätzlich im Impf-und digitalisierungshype unter.
So wird es nicht funktionieren. Nur für manche.

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Zur Rose und die Apothekerorganisationen

von Ulrich Ströh am 19.07.2020 um 9:13 Uhr

Teleclinik und Doc-Morris/ Zur Rose seit dieser Woche jetzt als strategische Zukunftseinheit....

Währenddessen wehren sich Apothekerverbände gegen das Impfen...

Wer von beiden gestaltet Zukunft?


» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Corona verschiebt virtuelle Grenzen ... in Buxtehude ... und die Welt geht unter ...

von Christian Timme am 19.07.2020 um 8:38 Uhr

Nach Jahren im Corona-Homeoffice kann sich kein Apotheker mehr daran erinnern mit welchem Arzt er noch vor 5 Minuten "kommuniziert" hat ... weil es keine Patienten mehr gibt ...

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.