Primärer Endpunkt verfehlt

COVID-19: Tocilizumab scheitert in Phase III

Berlin - 29.07.2020, 13:00 Uhr

In der Roche-Zentrale in Basel ist man enttäuscht über das schlechte Abschneiden von Tocilizumab gegen COVID-19. (s / Foto: imago images / Daniel Schvarcz) 

In der Roche-Zentrale in Basel ist man enttäuscht über das schlechte Abschneiden von Tocilizumab gegen COVID-19. (s / Foto: imago images / Daniel Schvarcz) 


Das ist der nächste Rückschlag bei der Suche nach einem Medikament gegen COVID-19: Wie der Pharmakonzern Roche heute mitteilt, hat sein Hoffnungsträger Tocilizumab in Phase III der klinischen Testung den primären Endpunkt – eine Verbesserung des Zustands schwer erkrankter Patienten – verfehlt. Auch auf die Sterblichkeitsrate wirkte sich die Gabe des monoklonalen Antikörpers nicht signifikant aus.

Das sind keine guten Nachrichten aus Basel: Heute informiert der dort ansässige Pharmahersteller Roche über die aktuellen Resultate der COVACTA-Studie. In Phase III sollte der gegen den Interleukin-6-Rezeptor gerichtete monoklonale Antikörper Tocilizumab zeigen, dass er Zytokinstürme bei schwer an COVID-19 erkrankten Menschen abmildern und so zu einer Verbesserung ihres Allgemeinzustands beitragen kann. Doch weder diesen primären noch den sekundären Endpunkt, eine Senkung der Mortalitätsrate, erreichte das Mittel.

In der randomisierten, doppelblinden Studie erhielten die eingeschlossenen COVID-19-Patienten im Krankenhaus ergänzend zur Standardtherapie entweder Tocilizumab oder ein Placebo. Anhand von sieben Kriterien bewerteten die Forscher vier Wochen nach der Anwendung den Zustand der Behandelten. Dabei orientierten sie sich zum Beispiel daran, ob eine intensivmedizinische Behandlung, künstliche Beatmung oder die Gabe von Sauerstoff notwendig wurde. Dem Studienregister clinicaltrials.gov zufolge nahmen insgesamt 450 Menschen an der Erhebung teil.

Weder war der Allgemeinzustand der Patienten, die Tocilizumab erhalten hatten, vier Wochen nach der Behandlung besser als bei jenen aus der Kontrollgruppe, noch konnten die Wissenschaftler einen Unterschied bezüglich der Mortalität feststellen. In der Verumgruppe waren nach 28 Tagen 19,7 Prozent der Patienten verstorben, in der Placebogruppe waren es 19,4 Prozent.

Zeit bis zur Entlassung – ein positiver Trend

Ein positiver Trend zeichnete sich der Pressemitteilung zufolge lediglich bei der Zeit bis zur Entlassung aus dem Krankenhaus ab. Während diejenigen, die Tocilizumab erhalten hatten, im Median nach 20 Tagen entlassen werden konnten, mussten die Teilnehmer in der Kontrollgruppe 28 Tage in der Klinik ausharren. „Um die Daten vollends zu verstehen, sind weitere Analysen nötig“, schreibt Roche. Man werde die Studienergebnisse jetzt zur Veröffentlichung in einem Fachjournal einreichen. Derzeit laufen nach Angaben des Unternehmens weitere Studien, in denen Tocilizumab gegen COVID-19 getestet wird.

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„Menschen auf der ganzen Welt warten auf weitere effektive Behandlungsoptionen gegen COVID-19 und wir sind enttäuscht, dass COVACTA keinen Benefit für die Betroffenen nach vier Wochen zeigen konnte“, sagt Roche-Entwicklungschef Dr. Levi Garraway. „Wir sind den Ärzten und Patienten auf der ganzen Welt dankbar, die uns geholfen haben, diese Studie während der Gesundheitskrise so schnell abzuschließen und gleichzeitig höchste wissenschaftliche Standards einzuhalten.“ Man werde weiter nach Evidenz suchen, wie genau sich Tocilizumab auf COVID-19-assoziierte Lungenentzündungen auswirke, und den Kampf gegen das Virus unterstützen.



Christina Müller, Apothekerin und Redakteurin, Deutsche Apotheker Zeitung (cm)
redaktion@daz.online


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2 Kommentare

Immunsuppressiv, ach wieso?

von Peter am 29.07.2020 um 13:39 Uhr

Welcher Wissenschaftler bei Roche auf die Idee gekommen ist, einen immunsuppresiv wirkenden Antikörper in eine Studie einzubringen, ist mir schleierhaft.
Dann auch noch Tocilizumab, der sich in seinem Nebenwirkungsprofil besonders durch Atemwegsinfektionen und eine Erhöhung von schweren Infektionskrankheiten auszeichnet.....
Da fehlen mir die Worte.
Ich würde die Frau oder den Mann vor die Tür setzen.

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AW: Immunsuppressiv, ach wieso

von A. Fischer am 29.07.2020 um 13:59 Uhr

Da auf zellulärer Ebene die Entzündungen den grössten Schaden bei Covid 19 anrichten, macht das erstmal Sinn. Auch ein Dexamethasone wird eine Lungeninfektion beim Patienten fördern, trotzdem muss gegen die Entzündung vorgegangen werden. Hier die Balance zu finden ist nun etwas für mehrere Studien. Jegliche Negativstudien sind für mich sowieso gewichtiger als manche Positivstudien.

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