STIKO

Warum ist der Meningokokken-B-Schutz keine Standardimpfung?

Stuttgart - 24.08.2020, 15:00 Uhr

Keine Standardimpfung für Säuglinge: der Schutz vor Meningokokken B. (s / Foto: comzeal / stock.adobe.com)

Keine Standardimpfung für Säuglinge: der Schutz vor Meningokokken B. (s / Foto: comzeal / stock.adobe.com)


Meningokokken C-Impfquote: fast 90 Prozent

Auch wird die Impfempfehlung der STIKO gut umgesetzt. Das zeigen Daten zu den Impfquoten. Die neusten Daten zu MenC-Impfquoten bei der Schuleingangsuntersuchung stammen aus dem Jahr 2017, veröffentlicht wurden sie mit dem Epidemiologischen Bulletin 18/2019. „Bei der von der STIKO seit dem Jahr 2006 empfohlenen einmaligen Impfung gegen Meningokokken C im zweiten Lebensjahr wurde im Jahr 2017 eine durchschnittliche Impfquote von 89,5 Prozent erfasst“, schreib das RKI. Man sehe seit der ersten Datenübermittlung für das Jahr 2007 eine fortwährend steigende bundesweite Impfquote.

Meningokokken-B-Impfung nicht standardmäßig empfohlen

Warum jedoch spricht sich das RKI nicht für eine standardmäßige Impfung gegen Meningokokken der Serogruppe B aus? An fehlenden Impfstoffen liegt es nicht, vor MenB schützen in Deutschland zwei Impfstoffe: Bexsero® und Trumenba®. Seit 2015 empfiehlt die STIKO eine MenB-Impfung zwar, jedoch ausschließlich für Risikogruppen, also Personen, die ein erhöhtes Risiko einer invasiven Meningokokken-Erkrankung haben: angeborene und erworbene Immundefizienz oder -suppression mit T- und/ oder B-zellulärer Restfunktion oder unter Therapie mit Eculizumab (Soliris®, eingesetzt bei einer lebensbedrohlichen Erkrankung der blutbildenden Stammzellen: Paroxysmale nächtliche Hämoglobinurie).

Meningitis – was ist das?

Unter einer Meningitis versteht man eine Entzündung der Hirn- und Rückenmarkshäute. Nicht immer ist eine klare Abgrenzung zu einem Befall des Gehirns – einer Meningoenzephalitis – möglich, vor allem bei Kindern. In den meisten Fällen liegt einer Meningitis eine bakterielle oder virale Infektion zugrunde. Häufigste Erreger von bakteriellen Meningitiden sind Meningokokken (Neisseria meningitidis) und Pneumokokken (Streptococcus pneumoniae), wobei das Erregerspektrum vom Erkrankungsalter abhängig ist.

Bei Neugeborenen (≤ 6Wochen) liegen häufig Infektionen mit Gruppe-B-Streptokokken (Streptococcus agalactiae) und E. coli vor, gefolgt von Listerien (Listeria monocytogenes), Staphylokokken, Klebsiellen, Pseudomonas aeruginosa, Salmonellen und gramnegativen Erregern.
Im Kindesalter sind vor allem Pneumokokken und Meningokokken für eitrige Meningitiden verantwortlich. Seit Einführung der Impfung gegen Haemophilus influenzae ist die Inzidenz invasiver Infektionen mit dem gramnegativen Keim mit Meningitis-Komplikationen stark zurückgegangen.

Die häufigsten Erreger einer bakteriellen Meningitis im Erwachsenenalter sind Pneumokokken und Meningokokken, Listerien, Haemophilus influenzae, Staphylokokken, gramnegative Enterobakterien und Pseudomonas aeruginosa.
Zu den wichtigsten Erregern einer viralen Meningitis bei Erwachsenen zählen Enteroviren wie das Coxsackie-Virus. Aber auch Arboviren, Influenza-, HI-, Herpes- oder FSME-Viren zeichnen für Meningitiden verantwortlich. Weiter treten sie als Komplikation bei Infektionen mit Masern-, Mumps- oder Rötelnviren auf.

Virale Meningitiden zeigen einen akuten Verlauf über Stunden bis Tage, klingen bei Immunkompetenten (Immungesunden) dann häufig spontan ab. Bakterielle (eitrige) Entzündungen der Hirnhäute zeigen einen hochakuten Verlauf, sie stellen stets absolute Notfälle dar und enden – untherapiert – meist innerhalb von Stunden bis Tagen tödlich.

Seit 2011 ist eine invasive Meningokokken-Infektion eine meldepflichtige Erkrankung.

Die jüngste ausführliche Stellungnahme der STIKO zu MenB-Impfungen ist vom November 2017, veröffentlicht wurde sie im Epidemiologischen Bulletin 3/2018. Ihr Fazit: „Die Krankheitslast durch Meningokokken der Serogruppe B (MenB) ist derzeit niedrig und weiterhin abnehmend. Vor diesem Hintergrund hält die STIKO an ihrer gegenwärtigen Position fest, dass weitere Daten notwendig sind für eine Entscheidung darüber, ob die MenB-Impfung nicht nur Risikogruppen, sondern überdies als Standardimpfung für alle Kinder empfohlen werden sollte.“ Inwieweit die STIKO diese Einschätzung weiterhin vertritt, ist fraglich, denn den aktuellsten Infektionszahlen zufolge sind invasive MenB-Erkrankungen auf dem Vormarsch.



Celine Müller, Apothekerin, Redakteurin DAZ.online (cel)
redaktion@daz.online


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