Analyse

IGES-Gutachten: Viele Ideen und keine Konsequenzen

Süsel - 10.09.2020, 10:30 Uhr

Das IGES-Gutachten hinterlässt Fragen: Welche Konsequenzen sollen Politik und Apotheker daraus ziehen?  (Foto: sdecoret /stock.adobe.com)

Das IGES-Gutachten hinterlässt Fragen: Welche Konsequenzen sollen Politik und Apotheker daraus ziehen?  (Foto: sdecoret /stock.adobe.com)


Spieltheorie liefert nur Tendenzen

Dann folgt eine theoretische Analyse des Apothekenmarktes, aus der ein spieltheoretisches Modell entwickelt wird. Untersucht werden nur die derzeitige Situation nach dem EuGH-Urteil und ein Rx-Boni-Verbot. Es geht nicht darum, was die Rx-Preisbindung im Inland bewirkt. Das Modell hat einen sehr hohen Abstraktionsgrad. Es beschreibt eine Modellwelt mit drei Apotheken, die gleichmäßig auf einem Kreis angeordnet sind, auf dem auch die Patienten leben. Die Autoren machen deutlich, dass sich daraus keine quantitativen Prognosen für die Realität ableiten lassen. Das kann man als Spielerei kritisieren, aber solche Modelle sind in der Ökonomie durchaus üblich, um Zusammenhänge und Tendenzen zu zeigen.

OTC-Preise als Wettbewerbsfaktor im Rx-Markt

Die Studie benennt klar, dass die derzeitige Situation den Wettbewerb verzerrt. Die Autoren erklären auch, dass sinkende Preise zu Marktaustritten, also zu Apothekenschließungen, führen. Dies wird jedoch nicht quantifiziert. Die theoretische Analyse vermittelt die Idee, dass die Vor-Ort-Apotheken die OTC-Preise als Wettbewerbsinstrument nutzen, wenn die Versender Rx-Boni bieten. Ein Rx-Boni-Verbot würde demnach zu steigenden OTC-Preisen führen, weil sich dieser Wettbewerb erübrigen würde. In der Modellwelt ist das sogar ein erheblicher Effekt mit Preissteigerungen von über 25 Prozent. Dies beruht allerdings auch auf den recht künstlichen Annahmen, dass sich die OTC-Nachfrage linear zu den Preisen entwickelt und dass die Relation zwischen den OTC-Preisen in den Vor-Ort-Apotheken und im Versand konstant ist. Außerdem wird argumentiert, dass ein Rx-Boni-Verbot die Gewinne der Versender erhöhen könnte, weil sie die Boni sparen würden. Allerdings geht das Modell nur von minimalen Veränderungen beim Rx-Marktanteil der Versender aus, was nicht unbedingt realistisch erscheint. Doch auch andere Modellannahmen wären wieder an irgendeiner Stelle unrealistisch. Entscheidend ist daher, die Begrenzungen solcher Modelle zu akzeptieren.



Dr. Thomas Müller-Bohn (tmb), Apotheker und Dipl.-Kaufmann
redaktion@daz.online


Diesen Artikel teilen:


2 Kommentare

Steilvorlage für ABDA

von Thomas Eper am 10.09.2020 um 11:42 Uhr

"Die Auswertung zeigt, wie gering die Versorgungsdichte im ländlichen Raum und teilweise auch in Kleinstädten ist."

"Wie viele Apotheken überleben langfristig ohne eine sichere Grundlage für ihre Preise?"
Gilt natürlich nicht nur für OTC, denn ca. 80% unseres Ertrages generieren wir mit Rx. -> also Packungshonorar.

Also wird durch da Einfrieren des Packungshonorars die Zahl der Apotheken reduziert (Schließungen) bei einer nicht zu üppigen Apothekendichte. Mit und ohne Versand-Apotheken und mit und ohne Rx.-Boniverbot.

Somit wird die flächendeckende AM-Versorgung gefährdet.

Bin mal gespannt, wer in der Politik und/oder Standesvertretung (v.a. ABDA) das begreift.

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

.

von Anita Peter am 10.09.2020 um 11:18 Uhr

"Das Gutachten enthält auch keine quantitativen Prognosen, wie sich der Markt in welchem Fall entwickeln wird"

Genau DAS hätte ich von dem Gutachten erwartet! Eine Äusserung zum RXVV hingegen nicht, weil das gar nicht Gegenstand des Gutachtens war.
Wie ändert sich die Lage der Vor Ort Apotheken bei 1,2,3,4 Euro Bonus und bei einer Abwanderung von RX durch das erezept bei 3,4,5,6% Marktanteil RX der Versender.
Wenn das klar herausgearbeitet werden würde, was ohne weiteres problemlos möglich ist, dann würde so ein Gutachten Sinn machen.

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.