Patientendaten-Schutzgesetz

Bundesrat winkt PDSG durch

Berlin - 18.09.2020, 11:45 Uhr

Das Plenum des Bundesrats verzichtet beim PDSG darauf, den Vermittlungsausschuss anzurufen. (Archivbild, Foto: imago images / Metodi Popow) 

Das Plenum des Bundesrats verzichtet beim PDSG darauf, den Vermittlungsausschuss anzurufen. (Archivbild, Foto: imago images / Metodi Popow) 


Der Deutsche Bundesrat hat heute das Patientendaten-Schutzgesetz passieren lassen. Die Länderkammer folgte der Empfehlung ihres Gesundheitsausschusses und verzichtete darauf, den Vermittlungsausschuss anzurufen. Damit ist der Weg frei für das Gesetz, das auch Regelungen zum E-Rezept enthält und das Makelverbot mit elektronischen Verordnungen sichern soll. Doch die Kritik am PDSG ist massiv. Es droht sogar eine Verfassungsbeschwerde.

Das Plenum des Bundesrats hat bei seiner heutigen Sitzung unter anderem das Patientendaten-Schutzgesetz durchgewunken. Gemäß der Empfehlung des Gesundheitsausschusses der Länderkammer sieht das Plenum davon ab, den Vermittlungsausschuss anzurufen. Der Bundesrat hatte es sogar auf die sogenannte Grüne Liste gesetzt – ein ungewöhnlicher Vorgang für solch ein umfassendes und richtungsweisendes Gesetz. Um Zeit zu sparen, werden dort üblicherweise Tagesordnungspunkte zusammengefasst, die unstreitig sind. Über die Liste stimmt das Plenum dann in einer einzigen Abstimmung gesammelt ab.

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Herzstück des Gesetzes ist die elektronische Patientenakte, in der Versicherte künftig zum Beispiel ihren Impfpass, Behandlungsdaten und arzneimittelbezogene Informationen sammeln können. Bereitstellen sollen sie die Krankenkassen. Auch die Regeln für den elektronischen Medikationsplan finden sich im PDSG sowie der gesetzliche Rahmen für das E-Rezept. Dieses soll ab Mitte 2021 nutzbar sein. Ab 2022 wird der Einsatz demnach verpflichtend.

Zuletzt hagelte es von verschiedenen Seiten deutliche Kritik am PDSG. Der Datenschutzbeauftrage der Bundesregierung, Ulrich Kelber, warnte die Krankenkassen davor, die Vorgaben zur elektronischen Patientenakte wie im PDSG vorgesehen umzusetzen. Er und seine Kollegen aus den Bundesländern sind der Auffassung, dass die Regelungen zum Zugriffsrecht auf die elektronische Patientenakte (ePA) sowie das Authentifizierungsverfahren nicht den Anforderungen des europäischen Datenschutzrechts genügen. Kelber will die Krankenkassen anweisen, die insgesamt 44,5 Millionen Versicherten per Warntext über einen mangelnden Datenschutz zu informieren.

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Was das Makelverbot betrifft, zweifeln Experten daran, ob die Vorgaben im PDSG ihren Zweck erfüllen werden. Die beiden Juristen Dr. Elmar Mand und Professor Hilko Meyer weisen darauf hin, dass dieses Verbot nach dem Gesetzestext zwar für das E-Rezept gelten werde, nicht aber für den sogenannten Token, dem Zugriffscode für die elektronischen Verordnungen. So könnte das Makelverbot leicht umgangen werden, meinen Mand und Meyer. Ihr Aufsatz „Arzneimittelpreisrecht auf dem Prüfstand“ erschien kürzlich in der Zeitschrift „Arzneimittel und Recht“.

Droht dem PDSG gar eine Verfassungsbeschwerde?

Ihre Ansicht teilt auch der Bundesverband der Versorgungsapotheker (BVVA): Während der Verbändeanhörung am vergangenen Mittwoch im Gesundheitsausschuss des Bundestags zum Vor-Ort-Apotheken-Stärkungsgesetz betonte BVVA-Vertreter Michael Marxen, der E-Rezept-Token sei vom Makelverbot nicht erfasst. „So läuft der Ansatz der Gematik ins Leere“, bemängelte er.

Der Wettbewerb zwischen Vor-Ort-Apotheken und Versandapotheken verlagere sich damit auf die Ebene der App-Bereitstellung, wo er „über die ‚App-Stores‘ der marktbeherrschenden Betriebssystemanbieter geführt und nach den ökonomischen Gesetzen dieses globalen Marktes entschieden wird“, hatte der BVVA in seiner Stellungnahme zum VOASG gewarnt. In der Anhörung forderte Marxen den Gesetzgeber auf, solche Apps und Geschäftsmodelle ausdrücklich zu verbieten.

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Das Hamburger Start-up meinRezept.online ist mit der Ausgestaltung des Makelverbots im PDSG ebenfalls nicht einverstanden – jedoch aus anderen Gründen. Es sieht in den Formulierungen im Gesetz praktisch ein Berufsverbot für sein Unternehmen. Das Geschäftsmodell sieht vor, dass die Patienten sich die App„meinRezept.online“ herunterladen und darüber den Arztkontakt sowie die Weiterleitung der Verordnung an eine Apotheke ihrer Wahl abwickeln. So ein Verfahren wäre nach dem PDSG künftig nicht mehr erlaubt.

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Das Start-up will es nicht nur bei Kritik am Gesetz belassen: Es plant, Verfassungsbeschwerde gegen das PDSG einzureichen. Diesen Schritt wolle man gehen, sobald das Gesetz in Kraft getreten ist. Das ist der Fall, sobald es nun von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (SPD) unterzeichnet wurde und im Bundesanzeiger erschienen ist.



Christina Müller, Apothekerin und Redakteurin, Deutsche Apotheker Zeitung (cm)
redaktion@daz.online


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