AMVV und ApBetrO

Weniger Bürokratie und ein neues OTC-Triptan

Berlin - 18.09.2020, 16:45 Uhr

Der Bundesrat gibt grünes Licht für Änderungen in der Apothekenbetriebsordnung und Arzneimittelverschreibungsverordnung. (Foto: Sket)

Der Bundesrat gibt grünes Licht für Änderungen in der Apothekenbetriebsordnung und Arzneimittelverschreibungsverordnung. (Foto: Sket)


Die Chancen, dass die Meldepflichten für Apotheken bei Blutprodukten wieder zurückgeführt werden, stehen gut. Der Bundesrat hat jedenfalls seinen Teil dazu beigetragen: Er hat heute mit einer entsprechenden Maßgabe einer Verordnung zugestimmt, die unter anderem Änderungen an der Arzneimittelverschreibungsverordnung und der Apothekenbetriebsordnung vornimmt. Nun ist das Bundesgesundheitsministerium am Zug. Die neue Verordnung sieht überdies vor, bestimmte Sumatriptan-haltige Arzneimittel aus der Rezeptpflicht zu entlassen.

Im Zuge der Entscheidung, den Vertriebsweg für Hämophilie-Produkte in die Apotheken zu verlagern, wurden mit dem Gesetz für mehr Sicherheit in der Arzneimittelversorgung (GSAV) auch die Dokumentationspflichten bei der Abgabe von Blutprodukten geändert und eine Meldepflicht der Apotheke gegenüber dem verschreibenden Arzt eingeführt (§ 17 Abs. 6a ApBetrO). Die Meldepflicht soll gewährleisten, dass dem Arzt weiterhin alle für die Meldung an das Deutsche Hämophilieregister relevanten Behandlungsdaten vorliegen. Allerdings wurde sie nicht auf Hämophilieprodukte beschränkt, wie es laut Gesetzesbegründung eigentlich angedacht war. Vielmehr sind nun alle Blutprodukte erfasst, für die die Apotheke nach § 17 Abs. 6a ApBetrO dokumentationspflichtig ist.

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Die Länder hatten dies schon im GSAV-Verfahren moniert und per Entschließungsantrag „zur Prüfung und gegebenenfalls Rückführung der Meldepflichten der abgebenden Apotheke auf das notwendige Maß“ gebeten. Auch die ABDA hatte diese Forderung aufgestellt – zuletzt im Stellungnahmeverfahren zur jetzt beschlossenen Änderungsverordnung.

Nun nutzten die Länder die Chance, direkt in der Apothekenbetriebsordnung nachzubessern – denn sie mussten am heutigen Freitag ohnehin über die „Verordnung zur Änderung der Arzneimittelverschreibungsverordnung, der Apothekenbetriebsordnung und der Verordnung über apothekenpflichtige und freiverkäufliche Arzneimittel“ abstimmen. Wie es der Gesundheitssauschuss der Länderkammer empfohlen hatte, stimmte das Plenum einer entsprechenden Klarstellung – sowie einer weiteren – in der Apothekenbetriebsordnung zu.

Wird OTC: Sumatriptan und Ibuprofensaft ab drei Monaten

Die nun beschlossene Verordnung sieht überdies Änderungen in der Arzneimittelverschreibungsverordnung vor. So wird Sumatriptan zur oralen Anwendung in der Stärke 50 mg aus der Verschreibungspflicht entlassen. Eine entsprechende Empfehlung hatte der Sachverständigenausschuss für Verschreibungspflicht zuletzt 2019 abgegeben. Ein erster Versuch, bei dem der OTC-Switch für orales und nasales Sumatriptan sowie orales Zolmitriptan angedacht war, scheiterte im Jahr 2013 im Bundesrat.

Die OTC-Sumatriptan-Packung darf 100 mg, also zwei Tabletten, enthalten. Damit werden bald drei Triptane zur Migräne-Behandlung rezeptfrei in der Apotheke erhältlich sein. Naratriptan und Almotriptan sind es bereits. Zudem wird Ibuprofen-Saft schon für Kinder ab drei Monaten statt wie bisher ab sechs Monaten rezeptfrei.

Weitere Neuerungen in der AMVV

Weiterhin werden Voten des Sachverständigenrats für Verschreibungspflicht aus dem vergangenen Januar umgesetzt. So sind Anpassungen in folgenden in der Anlage 1 zur AMVV als verschreibungspflichtig vorgesehenen aufgeführten Positionen vorgesehen:

  • Naratriptan und Almotriptan (Anpassung der Ausnahme von der Verschreibungspflicht erfolgt entsprechend zur neuen Position zu Sumatriptan: Es entfällt eine Altersangabe)
  • Zubereitung aus Imidacloprid und Flumethrin und Einzelposition Flumethrin (Entlassung aus der Verschreibungspflicht zur Anwendung bei der Katze)
  • Lithium (statt: „zur Behandlung von Geisteskrankheiten und Psychosen“ soll es künftig heißen „zur Prophylaxe und Behandlung von psychiatrischen Erkrankungen wie z. B. bipolaren Störungen und Depressionen sowie Cluster-Kopfschmerzen“).

Nicht zuletzt wird für ein neues, zentral zugelassenes Esketamin-haltiges intranasales Arzneimittel gegen Depressionen (Spravato®), in § 2 AMVV ein neuer Absatz eingefügt. Danach hat die verschreibende Person auf der Verordnung schriftlich zu vermerken, dass das Arzneimittel nicht an den Patienten, sondern ausschließlich an die Praxis oder die Klinik des Verordners abgegeben werden darf. Denn das Arzneimittel darf nur unter Aufsicht von medizinischem Fachpersonal angewendet werden. Darüber hinaus soll dem Apotheker gestattet werden, eben diesen ärztlichen Vermerk unter bestimmten Voraussetzungen nachzutragen, falls dieser fehlt. Noch ist Spravato® allerdings gar nicht auf dem deutschen Markt zu haben.

In der Verordnung über apothekenpflichtige und freiverkäufliche Arzneimittel ist nur eine Änderung vorgesehen: Die Wirkstoffkombination aus Oxalsäuredihydratlösung (in einer Konzentration von 4,4 Prozent) und Ameisensäure (in einer Konzentration von 0,5 Prozent) zur Behandlung der Varroatose der Bienen wird aus der Apothekenpflicht entlassen.

Die Verordnung geht nun nochmals ins Bundesgesundheitsministerium. Entweder ist man dort mit den Änderungen einverstanden und setzt sie direkt eins zu eins um – oder aber nicht, dann wäre die ganze Verordnung gescheitert. Bislang äußerte sich das Ministerium auf eine Anfrage von DAZ.online, wie es zum Länderbeschluss stehe, nicht. Seitens der Länder ist aber zu hören, dass diese mit einem Einverständnis rechnen.

Die Verordnung wird am 1. Tag des auf die Verkündung folgenden Kalendermonats in Kraft treten – also vermutlich am 1. Oktober 2020.



Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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