Die letzte Woche

Mein liebes Tagebuch

20.09.2020, 08:00 Uhr

Wochen wie diese sind alles andere als stärkend – sie bringen einen zum Verzweifeln! (Foto: Alex Schelbert)

Wochen wie diese sind alles andere als stärkend – sie bringen einen zum Verzweifeln! (Foto: Alex Schelbert)


War das der Wirecard-Skandal der Apowelt? Der Rezeptabrechner AvP kann nicht zahlen, er hat Insolvenzantrag gestellt. Und rund 3500 Apotheken warten auf Beträge von durchschnittlich 100.000 Euro. Für manche existenzbedrohend. Ein Mega-Desaster! Wie’s weiter geht, ist offen. Auch in dieser Woche: die Verbändeanhörung zum Vor-Ort-Apothekenstärkungsgesetz – mit viel Gegenwind für die Apotheken. Was besonders runterzieht: Eine Äußerung der EU-Kommission – sie  freut sich aufs E-Rezept, weil es die Verbraucher stimulieren könnte, von der Vor-Ort-Apotheke zum Versender zu wechseln. Und ob das geplante Rx-Boni-Verbot mit dem EuGH-Urteil vereinbar ist, ist immer noch ein Vabanquespiel. Klingt alles nicht nach Stärkung der Vor-Ort-Apo. Was für eine Woche! 

14. September 2020

Hier spricht der neue Präsident der Bundesapothekerkammer in spe: Thomas Benkert, derzeit Präsident der Bayerischen Landesapothekerkammer. Ja klar, er muss erst noch gewählt werden, aber bis jetzt steht ihm keiner im Weg. Im DAZ-Interview erklärt er seine Ziele – es sind keine neuen, es sind die, die bereits die derzeitige ABDA- und BAK-Spitze verfolgt: das Vor-Ort-Apothekenstärkungsgesetz mit Gleichpreisigkeit, mit honorierten pharmazeutischen Dienstleistungen, die möglichst viele Apotheken leisten können, zusätzlich ein Botendiensthonorar, das unser Dienstleistungsbudget nicht mindert, ein E-Rezept mit technisch abgesichertem Makelverbot – um die wichtigsten zu nennen. Alles richtig, alles wichtig. Jetzt muss er’s nur schon schaffen. Wie er das machen will, hat er natürlich nicht verraten. Aber genau darauf wird’s ankommen.

 

Das Vor-Ort-Apothekenstärkungsgesetz (VOASG) stand bereits auf der Tagesordnung des Bundestags – jetzt hatten die Verbände im Rahmen der Verbändeanhörung Gelegenheit, ihre Stellungnahmen abzugeben. Der Bundesverband der Arzneimittel-Hersteller (BAH) machte in seiner schriftlichen Stellungnahme zum VOASG deutlich, dass die Patienten mit ihrer Arzneimitteltherapie überfordert sein können. Der BAH befürworte daher ausdrücklich eine Lotsen- und Beraterfunktion des Apothekers. Denn auf diesem Gebiet gebe es eine Lücke, die die Pharmazeuten füllen können. Der BAH sieht in dieser Funktion durchaus eine pharmazeutische Dienstleistung. Mein liebes Tagebuch, das hat der BAH vollkommen richtig erkannt: Die Arzneitherapie, Rx und OTC, wird für viele Patienten immer komplexer, der Patient braucht einen kompetenten Lotsen und Berater – der Apotheker ist prädestiniert dafür. Aber das muss auch herausgestellt und als Dienstleistung honoriert werden. Außerdem setzt sich der BAH für einen einheitlichen Apothekenabgabepreis ein, auch die Versicherten der PKV und die Selbstzahler sollten hier mit einbezogen werden.

 

Auch der Verband der Privaten Krankenversicherung (PKV) zeigt sich in seiner Stellungnahme zum VOASG nicht damit einverstanden, dass für privat Versicherte nicht die Gleichpreisigkeit gilt und für sie kein unmittelbarer Anspruch auf neue pharmazeutische Dienstleistungen eingeräumt wird. Nach Auffassung der PKV dürfen sich die Preise für gesetzlich und privat Versicherte nicht auseinanderentwickeln, unterschiedliche Preise für gleiche – gesundheitlich notwendige – Produkte seien nicht zumutbar. Richtig, mein liebes Tagebuch, und genau darin wird enormes Sprengstoffpotenzial liegen, wenn das VOASG wie vorgesehen in Kraft tritt. Ob sich da überhaupt noch etwas machen lässt?

 

Der Telemedizin Anbieter TeleClinic, der erst vor Kurzem von Zur Rose übernommen wurde, hat juristischen Ärger am Hals. Jetzt will er den Vorwürfen des Zuweisens von Rezepten offenbar aktiv entgegensteuern – und verheddert sich in neuen Fallstricken: TeleClinic hat sich ein neues Procedere ausgedacht, bei dem die Patienten ihre gewünschte Apotheke auf einer „Landing-Page“ eintragen und ihre Privatverordnung per Mail durch TeleClinic dorthin versenden lassen können. Die jeweilige Apotheke erhält dann das Rezept mit der qualifizierten elektronischen Signatur als Link. Laut TeleClinic kann das Rezept nur ein einziges Mal eingelöst werden. Die Patienten selbst würden nie die unterschriebene Rezept-Datei erhalten. Diese werde nur an die Apotheke weitergeleitet, heißt es in der E-Mail an die Apotheken. Aber, mein liebes Tagebuch, es bleibt offen, wie TeleClinic die vom Patienten angegebene Apotheke authentifiziert. Außerdem ist offen, was passiert, wenn die Apotheke das Rezept nicht beliefern kann. Da gibt’s noch etliche Fragen…

15. September 2020 

Auch unser Nachwuchs in Person des Bundesverbands der Pharmaziestudierenden in Deutschland  (BPhD) macht sich Gedanken zum VOASG. Mit ihrer Stellungnahme fordern die angehenden Pharmazeutinnen und Pharmazeuten unter anderem ein Werbe- und Rabattverbot –auch für OTC. Ja, mein liebes Tagebuch, wir lesen richtig: für OTC. Der Studierendenverband möchte die Arzneimittel nicht zu einer bloßen Ware degradiert sehen. Er möchte, dass „ein Wettbewerb zwischen Apotheken nur auf einer qualitativen Ebene stattfinden darf.“ Schön wär’s, mein liebes Tagebuch – doch der Zug dürfte wohl abgefahren sein. Gleichzeitig lehnen die Nachwuchsapothekers ein Versandverbot mit Rx-Arzneimitteln ab – ups, mein liebes Tagebuch, wie passt das wiederum zu den hehren ethischen Ansprüchen, dass Arzneimittel nicht nur eine einfache Ware sein sollen? Irgendwie scheint mir da etwas nicht zu Ende gedacht zu sein.

 

Während wir Apothekers, die Politik und wohl alle vernünftigen Teilnehmer an unserem Gesundheitswesen der Auffassung sind, dass das mit dem Patientendatenschutzgesetz (PDSG) geplante Makelverbot für (E-)Rezepte der richtige Weg ist, um die freie Apothekenwahl des Patienten zu erhalten, gibt es natürlich auch Unternehmen, denen das ein Dorn im Auge ist. Sie wollen mit einer eigenen App die Patienten und Apotheken an sich binden und daran verdienen. Das Hamburger Start-Up meinRezept.online ist so ein Kandidat. Apotheken, die bei dieser App mitmachen wollen, sollen nun sogar per View bezahlen, d.h. wenn die Apotheke dem Kunden zur Auswahl angeboten wird – und selbst wenn gar keine Bestellung erfolgt. Mein liebes Tagebuch, da ist klar, wer an dieser Masche verdient. Allerdings wird das Geschäftsmodell durch das PDSG in Frage gestellt: Das Makelverbot steht im Weg! Und dagegen will nun das Start-up-Unternehmen juristisch vorgehen und plant eine Verfassungsbeschwerde, sobald das Gesetz verabschiedet ist. Und es wurde verabschiedet. Der Bundesrat hat es durchgewunken – und damit ist der Weg frei fürs PDSG, nur noch der Bundespräsident muss seine Unterschrift druntersetzen. Na fein, mein liebes Tagebuch, dann werden wir sehen, ob die Verfassungsbeschwerde eintrudelt.

16. September 2020 

So etwas gab es noch nie! Ein Abrechnungszentrum hat Insolvenzantrag gestellt! Ist das der Wirecard-Skandal der Apowelt? Rund 3500 Apotheken, die mit dem privaten Rezeptabrechner AvP zusammenarbeiten und dort ihre August-Rezepte eingereicht haben, warten vergeblich auf ihr Geld. Es sind Beträge, die im Durchschnitt 120.000 Euro ausmachen, in Einzelfällen aber bis zu 400.000 Euro betragen können, heißt es. Mein liebes Tagebuch, das ist eine Katastrophe für die Apotheken! Für manche geht das in Richtung Existenzbedrohung! Und es betrifft nicht nur Apotheken – AvP zählt auch Krankenhausambulanzen, Ärzte und sonstige Leistungserbringer zu seinen Kunden.

Was bei AvP schiefgelaufen ist, wo genau die Gründe für das Versiegen der Geldflüsse liegen, ist noch nicht bekannt. Allerdings muss es dafür wohl recht drastische Gründe geben. Über Unregelmäßigkeiten in den Bilanzen wird hinter vorgehaltener Hand gesprochen. Erste Vermutungen gehen davon aus, dass es mit AvP-Chef Mathias Wettstein zusammenhängt. Der Firmenchef ist bereits wegen eines Steuervergehens vorbelastet und darf daher selbst keine BaFin-Lizenz führen. Er musste die Geldgeschäfte in seinem Unternehmen Geschäftsführern überlassen. Ein Blick in das Handelsregister offenbart die Firmenstruktur von AvP: Mathias Wettstein ist Chef der AG und nicht der GmbH, die in der Unternehmensdatenbank der Bankenaufsicht BaFin als Finanzdienstleistungsinstitut geführt wird. Wettstein soll sich bereits in Untersuchungshaft befinden, ein Gerücht, das allerdings nicht bestätigt wurde.

Und wie geht es nun für die betroffenen Apotheken weiter? Gibt es Hoffnung, dass die Zahlungen bald erfolgen können? Nein, mein liebes Tagebuch, denn wie sich mittlerweile zeigt, wird noch darüber spekuliert, ob das Geld auf einem sicheren Treuhandkonto liegt oder nicht. Rechtsanwalt Dr. Morton Douglas wandte sich mit einem Rundschreiben an die AvP-Apotheker und erläuterte Einzelheiten, was nun zu tun sei. Er riet den AvP-Apotheken, die Verträge in jedem Fall fristlos zu kündigen. Und sich umgehend um die Aufnahme bei einem anderen Rechenzentrum zu kümmern. Allerdings sagte er auch, dass eine Auszahlung von AvP-Geldern in den nächsten Tagen nicht zu erwarten sei.

Wie sich auch zeigte, hat AvP mit den Apotheken sehr unterschiedliche Vereinbarungen getroffen, was die Aufarbeitung für die Betroffenen umso schwerer macht, sagt Dr. Rainer Eckert, Fachanwalt für Insolvenzrecht. Er rät den AvP-Kunden, gemeinsam für die Herausgabe ihres Geldes zu streiten.

Die Apobank hat bereits angekündigt, Unterstützung für  betroffene Apotheken zu leisten. Und die meisten der 17 Wettbewerber von AvP stünden bereit, Neukunden aufzunehmen. Noventi, das nach eigenen Angaben größte europäische Abrechnungsunternehmen im Gesundheitsmarkt, hat ein Hilfsprogramm von 250 Mio. Euro entwickelt, um die nötige Sicherheit und Liquidität für den laufenden Betrieb der Apotheken vor Ort sicherzustellen. Das Geld soll als vorgezogene Abschlagszahlung innerhalb kürzester Zeit bereitstehen. Auch das Norddeutsche Apothekenrechenzentrum (NARZ) signalisierte: Wir schaffen das. Man könne doppelt so viele Kunden bedienen wie bisher, die Serverkapazitäten reichten aus.

Mein liebes Tagebuch, der Schock sitzt tief. Die Hilfsangebote der etablierten Abrechner geben Hoffnung: Es geht weiter. Die Frage bleibt: Wann gibt es den August-Umsatz? Oder ist das Geld verloren? Welche juristischen Auseinandersetzungen drohen uns da? Und natürlich brennen wir alle, eine Antwort darauf zu bekommen: Wie konnte es bei AvP soweit kommen?

17. September 2020 

Das Vor-Ort-Apothekenstärkungsgesetz (VOASG) kommt in die Gänge, die erste Lesung im Bundestag ist durch. Aber die Unsicherheit, die Sorgen bleiben: Wird das Gesetz vor europäischen Recht Bestand haben? Das Handelsblatt hakte bei der EU-Kommission nach, wie der Gesetzentwurf vor dem Hintergrund des IGES-Gutachten bewertet werde. Die Antwort zeigt, dass da noch lange nicht alles in trockenen Tüchern ist: Es fänden immer noch konstruktive Gespräche zwischen der Kommission und Deutschland statt, ob ein Verbot von Preisnachlässen mit dem EuGH-Urteil vereinbar sei, tönt es aus Brüssel. Mein liebes Tagebuch, irgendwie alles unfassbar, wir Apothekers in Deutschland sitzen auf einem Pulverfass – und man gibt uns zu verstehen, es kann explodieren. Unser VOASG  wird uns da null Schutz bringen. Und was so richtig runterzieht, ist das, was ein Kommissionssprecher dem Handelsblatt noch sagte: Die EU-Kommission hoffe jedoch, dass die geplante Einführung des elektronischen Rezepts in Deutschland auch die Barrieren für Versandapotheken aus der EU beseitige. Man erwartet, ja man freut sich darauf, dass die Einführung von elektronischen Rezepten das Potenzial habe, eine Verlagerung des Verbraucherverhaltens von der stationären Apotheke zum Online-Anbieter zu stimulieren. Die Entwicklung von Online-Apotheken sehe die EU-Kommission in Europa positiv. Der Marktzugang für ausländische Online-Apotheken könnte so verbessert werden. Mein liebes Tagebuch, klingt das nicht wirklich so, als ob die EU die Vor-Ort-Apotheken platt machen möchte? Alle Macht den Online-Versendern? Was ist das für ein Europa? Mich schaudert’s.

 

Nach Ansicht des FDP-Bundestagsabgeordneten Andrew Ullmann geht das VOASG nicht die echten Probleme der Apotheken an und werde sie auch nicht lösen können. Und er geht übrigens auch davon aus, dass der Europäische Gerichtshof das Rx-Boni-Verbot des VOASG wieder kassieren wird. Dass bis heute keine Stellungnahme der EU-Kommission zum VOASG vorliegt, deutet er als kein gutes Zeichen. Ullmann glaubt, Boni-Deckel hätten eine größere Chance gehabt als Rx-Verbote. Mein liebes Tagebuch, kann sein, kann nicht sein, ehrlich gesagt, weiß das kein Mensch.

 

Im Rahmen der Anhörung der Verbände und Sachverständigen im Gesundheitsausschuss des Bundestags zu den einzelnen Regelungen im Gesetzentwurf des Vor-Ort-Apothekenstärkungsgesetzes (VOASG) kam auch die geplante Vergütung des Botendienstes zur Sprache – und bei vielen Verbänden überhaupt nicht gut an. Die Caritas beispielsweise geht davon aus, dass von einer solchen Vergütung vor allem Apotheken in Städten profitierten. Und die  BAG Selbsthilfe hält ebenfalls nichts von einer pauschalen Vergütung der Lieferdienste.

Die CDU-Gesundheitspolitikerin Karin Maag machte in der ersten Ausgabe des Online–ABDA-Talks, einem neuen Videoformat der ABDA auf Facebook und youtube, deutlich: Mehr als 2,50 Euro für den Botendienst sind nicht drin. Immerhin sagte sie auch, dass der Botendienst nicht aus dem Topf der pharmazeutischen Dienstleistungen komme. Aber sie sagte auch, dass das Honorar für Dienstleistungen –  anders als bei den Ärzten – nicht von der Mehrwertsteuer freigestellt werde. Mein liebes Tagebuch, 2,50 Euro – das ist kein „Honorar“, es soll ein Anreiz für Apotheken sein, den Botendienst anzubieten, sagt der ABDA-Präsident Friedemann Schmidt. Und er fügt hinzu, dass eine Botendienstvergütung „notwendig und sinnvoll“ sei. Richtig. Aber irgendwie scheint er damit nicht recht durchzudringen.

18. September 2020 

Und natürlich kam auch die ABDA bei der Verbändeanhörung zum VOASG zu Wort. Beim Thema, welche honorierten pharmazeutischen Dienstleistungen denn die ABDA plane, blieb ABDA-Präsident Friedemann Schmidt allerdings vage. Er sagte, das Angebot werde sich am Leistungsspektrum der Apotheken orientieren und nannte als Beispiele Medikationsanalysen, therapiebegleitende Leistungen und den Medikationsplan. Mein liebes Tagebuch, geht’s noch ein bisschen allgemeiner, offener, schwammiger? Also ehrlich gesagt, wenn ich Mitglied des Gesundheitsausschusses wäre und die Apothekers würden mir das als ihre pharmazeutischen Dienstleistungen anbieten, würde ich schon fragen: Ist das alles? Wie habt ihr euch denn das konkret vorgestellt? Habt ihr noch keinen Leistungskatalog an Dienstleistungen? Weiterer Diskussionsbedarf beim Thema Dienstleistungen zeigte sich bei der Frage, ob Dienstleistungen regional oder bundesweit geregelt werden sollten. Ein Krankenkassenvertreter, aber auch andere Verbände sähen es nämlich lieber, Regelungen zu pharmazeutischen Dienstleistungen regional zu verankern. Doch da zeigte der ABDA-Präsident klarer Kante: Grundsätzlich brauche man hier eine bundesweite Lösung, regionale Vereinbarungen mit Krankenkassen könnten allenfalls ergänzend sinnvoll sein. Mein liebes Tagebuch, da geben wir dem ABDA-Präsidenten Recht. Was sollen hier regional verankerte Dienstleistungen? Warum sollten die bayerischen Patienten ein anderes Dienstleistungsangebot bekommen als die niedersächsischen? Das ist doch Unfug. Wir brauchen hier wirklich Dienstleistungen, die man bundesweit in Apotheken erwarten kann.

 


Die einzig halbwegs erfreuliche Nachricht in dieser Woche: Die Botendienstpauschale von 250 Euro wird in diesen Tagen über den Nacht- und Notdienstfonds ausgezahlt. Diese Pauschale erhalten alle Apotheken, die im Zeitraum vom 22. April 2020 bis zum 30. Juni 2020 mindestens einmal einen Botendienst abgerechnet haben. Mein liebes Tagebuch, die Auszahlung ließ schier unendlich lang auf sich warten, nun ist sie also da. 
Wie es aber Ende des Monats mit der Botendienstvergütung, die derzeit noch bei 5 Euro pro Botengang liegt, weitergeht, steht noch immer in den Sternen. Eigentlich soll mit dem VOASG eine dauerhafte Botendienstvergütung in Höhe von 2,50 Euro eingeführt werden. Eigentlich. Bei der Verbändeanhörung im Gesundheitsausschuss des Bundestags war dafür wenig bis keine Sympathie zu spüren – auf keinen Fall werde es mehr als die 2,50 Euro geben, war zu hören. Mein liebes Tagebuch, wie gesagt, alles nur halbwegs erfreulich…



Peter Ditzel (diz), Apotheker / Herausgeber DAZ
redaktion@deutsche-apotheker-zeitung.de


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6 Kommentare

Verantwortung

von Reinhard Rodiger am 20.09.2020 um 22:13 Uhr

Wir haben eine Führung, die zu relevanten Fragen schweigt und gleichzeitig unser letztes Hemd verkauft.Und eine Art Mimikri macht sich auf den Weg.Auch der eigentliche Auftraggeber, der jedes Risiko,seine Verantwortung wahrzunehmen, schweigt.Ist es die klammheimliche Freude,dass das Geschick dafür sorgt, dass eigentliche Ziel schneller als gedacht erreicht wird? Es ist doch unverkennbar,dass die Strategie aller Verantwortlichen auf die Elimination möglichst vieler Apotheken zielt.
Es ist die Stunde, Glaubwürdigkeit zurück zu gewinnen. Das gilt für eine abgetauchte Standesvertretung, die ihr Heil in nicht definierten Hoffnungen sucht und dabei die Grundlage verkauft.Dies betrifft auch die, die jetzt in Ihrer Not übergangen werden . Etwas wie Sorge, Mitdenken,helfen , Ressourcen mobilisieren wird
vermisst.Da ist etwas offen.Sehr traurig.Aber nicht gerade überraschend.
Der Politik kann nicht vorgeworfen werden, nicht die Katze im Sack kaufen zu wollen.Sie hat den Sack eben sehr klein gemacht und lieber andere gefördert.Jetzt wird sie aber damit konfrontiert, dass sie als Auftraggeber gefordert ist der stets dafür gesorgt hat, für einen Großteil weder Risikovorsorge noch die üblichen kaufmännischen Wahlmöglichkeiten gegeben sind.Es besteht ein Handlungszwang,dem nicht ausgewichen werden kann.Dabei muss man sich auf die BAFIN respektive Auftraggeber verlassen können.Auf wen sonst? Also ist hier Verantwortung zu fordern und die Bedingungen sind zu überdenken,zu denen gearbeitet werden soll. Das Risiko , für den Staat tätig zu werden ist nicht gedeckt.Das hat Konsequenzen für die Sicherheit und den Willen,das weiter zu tun. Allein die sittenwidrige Praxis der Krankenkassen unberechtigt und wegelagernd zu Retaxieren sollte im vorliegenden Fall ein Verbot Auslösen.Aber selbst dazu ist nichts zu hören.Ja,schwierig.Aber Fürsorge ist gefragt, denn das System ist gefährdet.Hier ist ebenfalls eine Glaubwürdigkeitslücke zu schließen.Was wird gewollt: Apotheken reduzieren oder wirklich fördern, um krisengerecht handeln zu können.

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Komplettes System in Frage gestellt

von Nikolaus Guttenberger am 20.09.2020 um 18:04 Uhr

Der AVP Fall stellt das komplette deutsche System der Arzneimittelversorgung in Frage.

Wir können gar nicht anders abrechnen, als mit solchen Factoring Instituten. Der ganze Vorgang mit 170 Krankenkassen, Herstellerabschlägen, Rabatten, Fixpauschalen etc. ist derart kompliziert, dass wir keine andere Wahl haben.

Gleichzeitig kann man in den Branchen News verfolgen, dass Rechenzentren fröhlich Mitarbeiter und Manager untereinander abwerben. Im Gegenzug heisst das, dass niemand weiss, wer in der Zukunft wann wo arbeitet. Für mich bedeutet die Tatsache, dass so etwas passieren kann: Es kann jederzeit woanders wieder Probleme geben. Unabhängig von irgendwelchen Verträgen und AGBs schützt absolut nichts davor, dass nicht dagegen verstoßen wird. (Mord ist auch verboten, und passiert dennoch...) Die Bafin beweist zum zweiten Mal in diesem Jahr, dass sie sowieso erst kommt, wenn es zu spät ist.

Dieses Risiko ist nirgends in unserem Honorar abgebildet, einen Monatsumsatz als Rücklage zu bilden ist vollkommen illusorisch. Man kann praktisch jederzeit wirtschaftlich ausgelöscht werden.

Gleichzeitig handelt es sich bei unserem Umsatz um Versichertengelder nach Maßgaben des SGB V. Wir unterliegen reglementiertem Einkauf, haben Kontrahierungszwang und müssen eine Fülle von Gemeinwohlpflichten erfüllen. Treibt jemand Unrecht mit diesen Versichertengeldern bleibt es aber am Einzelbetrieb hängen?

Sorry, da passen fundamental einige Dinge überhaupt nicht zusammen. Kammern und Verbände, die nicht sehen, dass so eigentlich keine Versorgung aufgestellt sein kann braucht bei allem Respekt kein Mensch !

Genauso ist hier natürlich auch die Politik gefragt. Was hier gerade passiert kann niemals ordnungspolitisch zugelassen werden, weil es ALLE Grundsätze eines Solidarsystems in Frage stellt.

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Anerkennung durch Duldung ... wie ein Berufsstand langsam den eigenen Risiken und Nebenwirkungen erliegt ...

von Christian Timme am 20.09.2020 um 18:00 Uhr

Ich empfinde es mittlerweile als beschämend wie diese Apotheker(gemein)schaft alle diese Niederschläge und Herabsetzungen mit einer Geduld, Ausdauer und fast Selbstverständlichkeit über sich "ausschütten und ergehen " lässt ohne etwas dagegen zu unternehmen ... das Wort "kämpfen", will mir schon gar nicht mehr über die Lippen kommen ...

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AvP und ABDA

von Dr.Diefenbach am 20.09.2020 um 10:37 Uhr

An diesem Wochenende sitzen garantiert mehr als 1ooo ApothekerInnen zu Hause und denken nach WIE es für sie weitergeht, wenn sich-juristisch offenbar völlig offen(siehe die diversen Stellungnahmen)-der Skandal um AvP entwickelt.Hier ist eine solche grosse Zahl von KollegInnen unverschuldet in eine Situation geraten, dass man auch von unserer ABDA Spitze mal irgendein Wort hätte erwarten MÜSSEN,nicht KÖNNEN??!! Ich ärgere mich bereits über das breiige Argument, man könne da sowieso nichts machen usw.Dass dieser AvP Problemkreis offenbar auch in der ABDA bis ganz nach oben durchschlagen könnte, hat im Glashaus in der Berliner Kommandozentrale wohl noch gar keiner realisiert.Wieso:Einfaches Rechnen:Es gehen uU etliche Apotheken in die Insolvenz, selbst wenn in 2021 (!) diverse Treuhandkontengelder fliessen;Es werden Beitragsreduktionsanfragen in allen Bereichen erfolgen(Versorgungswerke!!!,Kammerbeiträge!!! je nach Bundesland,ggf Mitarbeiterfreistellungen!!! ,)es kommen Zinslasten und auf jeden Fall Geldverluste auf Viele zu die doch Heute noch gar nicht verifizierbar sind.Und DA hört man NICHTS von ABDA bzw DAV.Das ist unser Wirtschaftsverband!! Das ist für mich ein Skandal erster Güte, die Damen und Herren beschäftigen sich mit eirigen Umschreibungen warum was wie wo im §78 ff des AMG zu platzieren ist, statt wenigstens mal ein Wort der Fürsorge(!!) an die Betroffenen zu richten.Ehrlich gesagt, man verliert allmählich jeden Respekt vor dieser Führungsriege.Derart ignorantes Verhalten(ich wiederhole:man wird wieder sagen, dass es nicht Sache der ABDA usw. sei, hier Stellung zu beziehen-dies hätte übrigens bereits erfolgen müssen) .DAS IST aber Sache der ABDA bzw. des DAV:Denn Beiträge werden ja, wie oft wurde es gesagt, nach wie vor jährlich nach oben angepasst.Dies ist bald vorbei angesichts einer Gefährdung tausender Apotheken.Mag sein, dass Vieles entspannt(er) ausgeht als hier gesagt, dass sich aber Etliche im Stich gelassen fühlen:dies darf niemand im Politbüro Berlin wundern.Sicher kommt auch die Frage:Ja, was soll denn die Spitzenorganisation überhaupt tun:Einige Antworten fallen sogar mir als Einzelperson ein:unsere Spitzenjuristen könnten sich angesichts der Fülle offener Frage zu einer Aussage bereit finden, unsere Hauptgeschäftsführung Bereich Wirtschaft könnte Handlungsoptionen ausgeben.Es ist doch so dass zB KollegInnen,die NICHT bei der Apobank sind-das einzige System, was natürlich unter Beachtung entsprechender Kautelen-sofort Hilfe anbot, vielleicht auch massiv überfordert sind mit Handlungsoptionen.Auch dazu zahlen wir alle Beiträge an das lahmende System in Berlin!!!!!Man könnte als ABDA Spitze gerade JETZT auf die Politik zugehen, wie wichtig Hilfsmassnahmen für Betreffende wären(der Herr Scholz deckte doch einige Problemfälle der letzten Zeit dank seines Amtes ab),das sind einige der Ideen die man selbst auf die Schnelle entwickelt.Ich empfinde dieses Nichtverhalten aus Berlin als beschämend und es zeigt deutlicher denn je, wie weit entfernt und abgehoben von der Basis dort gearbeitet wird.Ich hoffe als Einzigen auf Herrn Dr. Schmitz als auch für Wirtschaftsfragen zuständigem Verantwortlichen, dass da ein paar sachdienliche Hinweise kommen.Allein Herr Graue hat bisher durch seine Funktion auch im Rechenzentrum im Norden Offerten gemacht.Dass vor Allem aus anderen Verbänden nichts auftaucht, ist ein Armutszeugnis !! Hier färbt offenbar der Antigeist von Oben ab...Ich wünsche allen betroffenen KollegInnen,dass wenigstens von unterschiedlicher Seite die Sachlage derart geregelt werden kann, dass sie weiter existieren !!Auch im Sinne ihrer MitarbeiterInnen, denn diese könnten genauso betroffen werden.Und dass das ganze System durch solche Situationen wie eine AvP -Problematik in FRAGE gestellt werden könnte, was die "Wirtschaft" betrifft, dies hat wohl in der Zentrale wohl noch keiner realisiert.

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AW: AvP und ABDA

von Monika Herzog am 20.09.2020 um 21:09 Uhr

Vielen Dank für Ihre Ausführungen, hinter denen ich voll und ganz stehe!.

Viele ApothekerInnen haben sich heute bei mir gemeldet und eine Selbstverwaltung der Rezeptabrechnungen unter staatlicher Aufsicht gefordert. Unser Ziel muss es sein, ein ähnliches System wie die kassenärztliche Vereinigung (KV) anzustreben.

Mir ist sehr wichtig, dass diese von Ihnen angeführten Gesichtspunkte nicht nur in apothekeninternen Foren verbleiben, sondern auch die Öffentlichkeit und die Politik erreichen. Nur so kann es uns gelingen, die von uns geforderten Veränderungen herbeizuführen.

Deshalb habe ich den AvP-Skandal zum Anlass genommen, mich an mehrere Medien zu wenden. Bis jetzt hat einzig die BILD diese Thematik aufgegriffen und darüber berichtet. Persönliche Interessen stelle ich dabei zurück.

Ich würde mir wünschen, wenn sich weitere KollegInnen auch öffentlich zu diesem Thema äußern und unsere gemeinsamen Interessen vertreten würden.

Meine Intention ist es daher, eine Interessengruppe zu gründen, um gemeinsam unsere Anliegen gegenüber der Politik zu vertreten.
Ihre Anregungen und Vorschläge können Sie mir gerne unter folgender E-Mail-Adresse mitteilen:
vorortapothekenstaerken@gmail.com

Herzliche Grüße
Monika Herzog

.

von Anita Peter am 20.09.2020 um 8:23 Uhr

Erinnert mich alles an die Titanic, alle geht unter aber Schmidt und seine ABDA Kumpels fideln noch ein bisschen und saufen Champagner.
Aber ganz wichtig an die Kollegen: Nie die Contenance verlieren, Füße still halten und schön brav CDU un Co. wählen, dann wird alles gut! Zumindest könnt ihr dann mit reinem Gewissen und Heiligenschein eure Bude zusperren.
Selbst nach den Aussagen der EU raffen viele noch nicht, dass wir völlig zum Abschuss freigegeben sind.

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