Analyse

Regionalisierte pharmazeutische Dienstleistungen – ein Trojanisches Pferd

Süsel/Berlin - 12.10.2020, 17:50 Uhr

Was so sympathisch als flexibles regionales Konzept angepriesen wird, erweist sich bei näherem Hinsehen als Selektivvertrag. (m / Bild: peterschreiber.media / stock.adobe.com)

Was so sympathisch als flexibles regionales Konzept angepriesen wird, erweist sich bei näherem Hinsehen als Selektivvertrag. (m / Bild: peterschreiber.media / stock.adobe.com)


Gefährliche Langzeitwirkung

Zudem muss bei jeder Art von selektiven Verträgen die gefährliche Langfristwirkung bedacht werden. Wenn solche Verträge gut angenommen werden, stellen sich die Leistungserbringer darauf ein, tätigen Investitionen und passen ihre Strukturen an. Damit machen sie sich zugleich ein Stück weit abhängig von den Verträgen und der Honorierung. Das wissen auch die Krankenkassen, die aber am längeren Hebel sitzen. In der nächsten Verhandlungsrunde können sie dann ein niedrigeres Honorar durchsetzen. Denn ganz auf die jeweilige Leistung zu verzichten, käme für die Anbieter noch teurer. Der Wettbewerb der Selektivverträge geht dann einseitig zulasten der Leistungserbringer. Schlimmstenfalls könnte mit Selektivverträgen für Dienstleistungen sogar eine Tür für weitere Selektivverträge in der Arzneimittelversorgung geöffnet werden. Manche Krankenkassenvertreter fordern dies schon lange. In Verbindung mit den europarechtlichen Auseinandersetzungen um die Gleichpreisigkeit könnte dies zu einem weiteren Angriff auf die Grundfesten der Apothekenhonorierung werden.

Grundidee sichern und umsetzen

Auch wenn zu erwarten ist, dass Verhandlungen mit einzelnen Krankenkassen wohl schnellere und weitreichendere Ergebnisse liefern würden als Gespräche mit dem GKV-Spitzenverband: Den Widerstand des Kassengremiums mithilfe von Selektivverträgen zu umschiffen, greift zu kurz und könnte einige unerwünschte andere Wirkungen mit sich bringen. Letztlich könnten diese Selektivverträge damit wie ein Trojanisches Pferd wirken. Das Ziel muss daher sein, zunächst einige grundlegende Angebote im Leistungskatalog der Kassen zu verankern.

Denn auch wenn noch nicht klar ist, um welche pharmazeutischen Dienstleistungen es geht: Die ABDA wird nicht müde zu betonen, dass sie alle so geartet sein werden, dass sie niemandem vorenthalten werden können. Erst wenn dieser Schritt geschafft ist, sind möglicherweise darauf aufbauende regionale Einigungen denkbar. Bis zur Bundestagswahl im kommenden Jahr gilt es jedoch, mit aller Kraft und Rückendeckung aus der Politik darauf hinzuwirken, eine bundesweite Regelung zu erzielen. Dazu muss das derzeit geplante kollektivvertragliche Konzept für die Dienstleistungen im VOASG erhalten bleiben. Sobald das VOASG verabschiedet ist, liegt der Ball bei der ABDA. Bleibt zu hoffen, dass sie in der Nachspielzeit endlich ein Tor schießt.



Dr. Thomas Müller-Bohn (tmb), Apotheker und Dipl.-Kaufmann
redaktion@daz.online


Christina Müller, Apothekerin und Redakteurin, Deutsche Apotheker Zeitung (cm)
redaktion@daz.online


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3 Kommentare

Dienstleistungen als Spalter

von ratatosk am 13.10.2020 um 10:02 Uhr

Das war geschickt von Spahn und den Kassen lanciert um hier Selektivverträge endlich zu etablieren. Das alte Teile und Herrsche !:
Das war nie gedacht um Apohteken zu finanzieren, sondern um eine immagienäre Möhre für die Naiven zu installieren. Leider ist unser Standesführung tatsächlich auf diesen alten Trick auch noch reingefallen.
Nach dem Sündenfall Teleclinik, ist es eh wurst, da jetzt in der EU alles geht.
Spahn als Kanzler, dann habens wir wenigsten in Kürze hinter uns.

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Träume

von Karl Friedrich Müller am 12.10.2020 um 21:41 Uhr

„ Es erscheint naheliegend, dass Kollegen, die eine Apotheke gründen oder übernehmen möchten, sich auf Gebiete konzentrieren, in denen sie attraktive Leistungen für gutes Geld anbieten können – und sich damit übrigens gleichzeitig einen Vorteil bei der Personalakquise verschaffen. Für Regionen, in denen solche Leistungen nicht oder nur in geringem Umfang verfügbar sind, könnte sich dies negativ auf die Apothekendichte auswirken.“

Es sind Träume davon, dass Dienstleistungen finanziell attraktiv wären.
Das sieht bisher gar nicht danach aus, ganz und gar nicht.
Daher wird die Apothekendichte unweigerlich sinken, so oder so.
Die Versender greifen den Umsatz ab, den leichten, unkomplizierten.
Träume über Träume
Quatsch mit Soße

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Pharm. Dienstleistungen

von Scarabäus am 12.10.2020 um 18:32 Uhr

Unsere Hauptdienstleistungen heißen Beratung, Wechsel-& Nebenwirkungscheck, schnellste Arzneimittelbeschaffung unter schwierigsten Umständen und BOTENDIENST(!!!). Bevor hier nicht eine adäquate Honorierung stattfindet, braucht man über Dumpingimpfer und zusätzliches Billigdienstleistungsgekasper gar nicht zu diskutieren!

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