Coronavirus in Deutschland

Wissenschaftler fordern Augenmaß bei der Pandemiebekämpfung

Dresden - 20.10.2020, 10:45 Uhr

Anstatt mit einem zweiten Lockdown zu drohen, sollte die Regierung lieber gezielte Maßnahmen etablieren, um Risikogruppen zu schützen, so die Autoren der Stellungnahme. (Foto: PhotoGranary / stock.adobe.com)

Anstatt mit einem zweiten Lockdown zu drohen, sollte die Regierung lieber gezielte Maßnahmen etablieren, um Risikogruppen zu schützen, so die Autoren der Stellungnahme. (Foto: PhotoGranary / stock.adobe.com)


In einer Stellungnahme warnt eine Gruppe von Autoren vor „besorgniserregenden Fehlentwicklungen“ im Umgang mit der Coronavirus-Pandemie. Anlass ihrer Kritik ist das Treffen von Bundeskanzlerin Angela Merkel mit den Ministerpräsidenten der Länder in der vergangenen Woche.

„Eine Epidemie ist eine ernsthafte Sache, der Schutz der Verletzlichen sollte eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein, und in einer Krisensituation hat man dort anzusetzen, wo der dringendste Handlungsbedarf besteht. In jedem Fall gilt: die Risikovorsorge durch gezielte Prävention vulnerabler Gruppen und Institutionen ist die Alternative zur Drohung mit einem zweiten Lockdown“ – zu diesem Schluss kommt eine Autorengruppe, die seit März bereits vier Thesenpapiere zur Bekämpfung der Pandemie veröffentlicht hat.

Ein fünftes Papier ist den Informationen zufolge in Arbeit. Allerdings hat die Konferenz von Kanzlerin Merkel mit den Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten der Länder die Autoren veranlasst, sich noch vor der Veröffentlichung des fünften Thesenpapiers zu äußern. In einer vierseitigen „ad-hoc-Stellungnahme“ kritisieren sie den Umgang mit der Pandemie und mahnen, bei den Maßnahmen zur Eindämmung von Corona Augenmaß zu halten.

Zu den Autoren gehört auch Professor Gerd Glaeske, Apotheker und ehemaliges Mitglied im Sachverständigenrat Gesundheit. Sie werfen den politisch Verantwortlichen vor, „auf immer gleichen Vorgehensweisen zu beharren und Maßnahmen sogar noch zu verstärken, an deren Wirksamkeit und Akzeptanz es aus wissenschaftlicher Sicht größte Zweifel geben muss“.

Kritik an Drohkulisse

In den Beschlüssen der Konferenz sei „keine Fortentwicklung des Verständnisses für die Eigenheiten dieser Epidemie und für die Anforderungen an Steuerungsparameter sowie die Kommunikation deren Ergebnisse zu erkennen“. Es führe in einer langandauernden Krise wie der jetzigen zu Ermüdung, Abwendung und Flucht in falsche Heilslehren, wenn die Verantwortlichkeit des Einzelnen als alternativlos dargestellt wird. Dies gelte vor allem im Zusammenhang „mit einer Drohkulisse, die aus den impliziten Versatzstücken ,langdauernder Winter‘, ,Weihnachten im Lockdown‘ und ,es könnte für Sie kein Intensivbett mehr frei sein‘ zusammengesetzt ist.“



Anja Köhler, Freie Journalistin
redaktion@daz.online


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1 Kommentar

Wow, ein Expertengremium

von Herr Schmidt am 21.10.2020 um 11:42 Uhr

Also, neun Experten schreiben einen Brief. Wobei, Experten, hm...
Hart und Knieps sind Juristen, Pfaff ist Soziologe, Manow ist Politologe, Francois-Kettner hat Pflegewissenschaft studiert und Glaeske hat zwar Pharmazie studiert, aber als Ökonom sein Geld verdient.
Zahl der Ärzte unter den "Experten": drei - ein Allgemeinmediziner, ein Pathologe und ein Internist.
Zahl der Virologen darunter: null.
Zahl der Infektiologen: null.
Zahl der Hygieniker, Mikrobiologen, Epidemiologen: null.
Ich bin irgendwie gar nicht beeindruckt von so viel Expertise.

Dafür sind aber reichlich Politiker und Lobbyisten unter den Briefschreibern. 8 der 9 "Experten" sind mit dem hiesigen Politik- und Lobbyzirkus eng verbunden (Glaeske, Knieps, Gruhl, Pfaff, Manow, Hart, Schrappe und Francois-Kettner).

Könnte eine ziemlich interessegesteuerte Sache sein, der offene Brief der "Experten".

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