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Interview mit Ursula Funke
„Wir müssen als Heilberufler stärker in Erscheinung treten“
„Das RxVV ist nach wie vor der Königsweg.“
Manch ein Politiker fürchtet, dass der DAV es nicht schafft, bis zum Ende der Legislaturperiode konkrete Verträge mit dem GKV-Spitzenverband auszuhandeln – denn dieser mauert ganz offensichtlich. Falls die Kassen eine Einigung bis zur Bundestagswahl im kommenden Jahr verschleppen, drohen die nächsten Spargesetze, die dann auch die pharmazeutischen Dienstleistungen treffen könnten. Teilen Sie die Bedenken?
Ich bin mir sicher, dass der DAV die nötige Manpower und Kraft hat, die Verhandlungen schnell zu einem zufriedenstellenden Ergebnis zu führen. Was Sie ansprechen, ist für mich ein vorgeschobenes Argument, um das Konzept der regionalisierten Dienstleistungen voranzutreiben. Da muss halt auch der entsprechende politische Druck aus dem Bundesgesundheitsministerium kommen.
Eine Regionalisierung lehnen Sie also ab?
Absolut. Es wäre doch aberwitzig, wenn bei mir in Wiesbaden ein Versicherter der AOK Hessen Anspruch auf eine Medikationsanalyse bei der Therapie mit fünf Arzneimitteln hat, der Patient, der über die Brücke kommt und bei der AOK Rheinland-Pfalz versichert ist, aber schon bei drei Arzneimitteln. Es darf auch nicht von der Zugehörigkeit zu einer Kasse abhängig sein, auf welche von Dienstleistungen ein Mensch Anspruch hat. Das Kriterium muss doch sein, was der Patient, der vor mir steht, für einen Bedarf hat.
Noch einmal zurück zum Thema Digitalisierung: Welche Visionen haben Sie diesbezüglich für die Apotheken?
Das ist ein Feld, das sich extrem schnell entwickelt. Beispielsweise können schon heutzutage Medikamente aus dem 3D-Drucker hergestellt werden, diese Entwicklungen sind extrem spannend. Natürlich wird das nicht heute oder morgen in den Apotheken ankommen, aber wir sollten solche Innovationen eng begleiten. Damit könnten wir auch die Herstellung in den Präsenzapotheken wieder stärken. Auch Apps sind ein wichtiger Bereich, in den wir uns stärker einbringen sollten.
Inwiefern?
Apps spielen heute in der Gesellschaft eine große Rolle. Das gilt auch für Gesundheitsapps – und viele davon sind erklärungsbedürftig. Wir Apotheker sind doch die idealen Ansprechpartner, wenn es darum geht, dabei die Spreu vom Weizen zu trennen, insbesondere, wenn es medikationsbezogene Anwendungen sind. Welche Anwendung ist für welchen Versicherten wirklich geeignet? Bei dieser Frage sollten wir uns einbringen. Denn diese Entwicklung läuft, ob wir sie begleiten oder nicht.
Die Digitalisierung setzt viel in Bewegung. Gibt es für Sie dabei auch Stoppschilder?
Mein Kollege Otto Quintus Russe hat uns im Vorstand seine Recherchen vorgestellt, die er neulich auch in einen Artikel auf DAZ.online veröffentlicht hat, wie leicht man auf „Arzt/Apotheker“-Online-Portalen mitunter an verschreibungspflichtige Medikamente praktisch aller Indikationen kommt. Ohne Kontakt mit einem Arzt, nur durch das Ankreuzen in einem Fragebogen, erhält man eine „Verschreibung“, die auch gleich an einen Versender gegeben wird. Das finde ich wirklich sehr erschreckend. Die Verschreibungspflicht gibt es ja nicht ohne Grund. Dagegen sollten wir uns mit aller Kraft stemmen, auch im Schulterschluss mit den Ärzten. Denn in deren Interesse können solche Entwicklungen ja auch nicht liegen. Auch die Politik müsste aus Verbraucherschutzgründen schnellstens aktiv werden.
Letzte Frage: Sie gelten als Befürworterin des Versandhandelsverbots mit verschreibungspflichtigen Arzneien. Wollen Sie dieses wieder auf die Agenda setzen?
Das RxVV ist nach wie vor der Königsweg. Damit wären sehr viele Probleme auf einen Schlag gelöst. Allerdings haben wir auch beschlossen, das VOASG konstruktiv und kritisch begleiten zu wollen und die Gleichpreisigkeit – auch für den Bereich der Privaten Krankenversicherung – eingefordert. Dahinter stehe ich völlig. Ich bin gespannt, was aus der Prüfbitte von Sabine Dittmar diesbezüglich wird. Wenn das VOASG in Kraft tritt, kann ich mir nicht vorstellen, dass das RxVV kurzfristig noch einmal auf die politische Agenda gesetzt wird.
2 Kommentare
Grundlagen
von Reinhard Rodiger am 24.10.2020 um 20:19 Uhr
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Ehrlichkeit
von Wolfgang Müller am 24.10.2020 um 16:49 Uhr
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